North Bethesda/Barcelona – In den USA liegt die Zahl der im Krankenhaus erworbenen antibiotikaresistenten Infektionen noch immer über dem Niveau vor der COVID-19-Pandemie, wie eine an 120 US-Krankenhäusern durchgeführte Studie zeigt. Die Ergebnisse wurden beim ESCMID Global Congress in Barcelona vorgestellt.
Antibiotikaresistenzen erreichten in den USA während der COVID-19-Pandemie einen Spitzenwert. Seither gab es einige Fortschritte bei der Bekämpfung, aber sie reichen offenbar noch nicht aus, um die Zahlen wieder auf das Niveau vor der Pandemie zu senken. Verantwortlich dafür sind der neuen Studie zufolge vor allem nosokomiale Infektionen, speziell solche, die von gram-negativen antibiotikaresistenten Erregern verursacht werden (multiresistente gramnegative Bakterien (MRGN-Bakterien) ist eine Sammelbezeichnung für eine große Gruppe von verschiedenen Bakterien mit zum Teil unterschiedlichen Eigenschaften, die jedoch eines gemeinsam haben: Sie sind resistent, das heißt unempfindlich, gegen häufig eingesetzte Antibiotika.).
Der jetzt vorgestellte Bericht basiert auf der Inzidenz von antibiotikaresistenten Infektionen bei erwachsenen Patientinnen und Patienten in 120 US-Krankenhäusern. Untersucht wurden Zeiträume vor (Januar 2018 bis Dezember 2019), während (März 2020 bis Februar 2022) und nach der COVID-19-Pandemie (März bis Dezember 2022).
Analyse der Inzidenz von 6 resistenten Erregern
Alle hospitalisierten Patienten wurden auf Infektionen mit 6 verschiedenen Erregern untersucht: Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus (MRSA), Vancomycin-resistenter Enterococcus, Extended-Spectrum-Cephalosporin-resistenter Enterobacterales (ECR) sowie Carbapenem-resistenter Enterobacterales, Acinetobacter baumannii und Pseudomonas aeruginosa.
Unterschieden wurden Infektionen, die vor der Aufnahme (ambulant erworbene Infektion) oder innerhalb von 3 Tagen nach der Hospitalisierung (nosokomiale Infektion) erfolgten.
Während der COVID-19-Pandemie stieg die Gesamtprävalenz an antibiotikaresistenten Infektionen um 6,3 % an – von 181,9 auf 193,3 pro 10.000 Hospitalisierungen. Verantwortlich dafür war vor allem der steile Anstieg an nosokomialen Infektionen, die um mindestens 32 % zunahmen – von 28,7 auf 38,0 pro 10.000 Hospitalisierungen. Zum Vergleich: Ambulant erworbene Infektionen nahmen nur um 1,4 % zu – von 153,2 auf 155,3 pro 10.000 Hospitalisierungen.
Zunahme der Infektionen mit gram-negativen Erregern
Infektionen mit gram-negativen Erregern, die oft resistent gegenüber mehreren Antibiotika sind, nahmen im Vergleich zu präpandemischen Leveln um fast 20 % zu, während gram-positive Infektionen um 4,2 % abnahmen.
Die größten Anstiege fanden sich bei nosokomialen Infektionen, die resistent gegenüber der Antibiotikaklasse der Carbapeneme sind. Dabei handelt es sich um Reserveantibiotika, deren Anwendung bestimmten schwer beherrschbaren Infektionszuständen vorbehalten ist.
Darunter waren Infektionen, die durch Acinetobacter baumannii (CRAB) verursacht wurden. Diese nahmen in den beiden untersuchten Pandemiejahren um 151 % zu – von 0,5 auf 1,3 pro 10.000 Hospitalisierungen. Darauf folgten Infektionen mit Enterobacterales, die um 62 % zunahmen (von 1,1 auf 1,8 pro 10.000 Hospitalisierungen), und mit Pseudomonas aeruginosa, die um 54 % anstiegen (von 2,2 auf 3,4 pro 10.000 Hospitalisierungen).
Ambulante MRSA-Infektionen nahmen ab
Im Gegensatz dazu nahmen ambulant erworbene MRSA-Infektionen während und nach der Pandemie um 10 % (von 71,1 auf 63,7 pro 10.000 Hospitalisierungen) bzw. 19 % (von 71,1 auf 57,8 pro 10.000 Hospitalisierungen) ab. Dieser abnehmende Trend, der bereits vor der Pandemie zu beobachten gewesen war, könnte durch die reduzierte Mobilität und Interaktion der Menschen aufgrund von Eindämmungsmaßnahmen noch stärker reduziert worden sein.
Interessanterweise fanden die Forschenden, dass in den Krankenhäusern, die in der Pandemie die meisten COVID-19-Patienten behandelt hatten, die Raten an nosokomialen antibiotikaresistenten Infektionen am stärksten zugenommen hatten. In größeren Häusern mit der höchsten Bettenkapazität (500 Betten) war das Risiko für antibiotikaresistente Infektionen mehr als doppelt so hoch als in kleinen Krankenhäusern (0-99 Betten).
Mehr COVID-19-Patienten, mehr Antibiotikaresistenzen
„Wahrscheinlich korrespondiert der plötzliche Anstieg an COVID-19-Patienten in der Pandemie mit dem plötzlichen Anstieg des Antibiotikaeinsatzes und der Implementierung von Infektionspräventionsprotokollen in überlasteten Krankenhäusern“, sagte Studienleiterin Christina Yek vom US National Institute of Allergy and Infectious Diseases.
„Darüber hinaus fehlte in den Krankenhäusern häufig persönliche Schutzausrüstung, auch während der Behandlung von sehr kranken Patienten, die Beatmungsgeräte benötigten, was zur Ausbreitung antibiotikaresistenter Infektionen beigetragen haben könnte.“
Nach der Pandemie sank die Gesamtinzidenz antibiotikaresistenter Infektionen wieder nahezu auf das präpandemische Niveau (von 181,9 auf 182,2 pro 10.000 Hospitalisierungen. Aber die nosokomialen Infektionen waren im Dezember 2022 noch immer 13 % über dem Niveau vor der Pandemie (von 28,7 auf 32,3 pro 10.000 Hospitalisierungen).
Vorwiegend aufgrund der Persistenz von Infektionen mit gram-negativen Erregern, die resistent gegenüber den meisten Erstlinienantibiotika sind.
Nosokomiale Infektionen mit Antibiotikaresistenz weiter erhöht
Zwischen März und Dezember 2022 waren nosokomiale Infektionen mit Carbapenem-resistenten Erregern noch immer mindestens 35 % höher als vor der Pandemie – bei Acinetobacter baumannii waren es 43 %, bei Enterobacterales 81 % und bei Pseudomonas aeruginosa 38 %.
„Während Antibiotikaresistenzen insgesamt offenbar wieder auf das präpandemische Niveau gefallen sind, sind die persistierend hohen Raten an nosokomialen antibiotikaresistenten Infektionen in US-Krankenhäusern besorgniserregend“, so Yek. „Es müssen weitere Maßnahmen ergriffen werden, um die Patienten zu schützen, insbesondere vor den schwer behandelbaren Infektionen mit gram-negativen Erregern, deren Inzidenz immer noch beunruhigend hoch ist.“
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