Es sind zugleich die letzten Partien vor den Olympischen Spielen in Frankreich (24. Juli bis 10. August). Nach der Bekanntgabe des Kaders am Dienstag spricht Bundestrainer Horst Hrubesch über sein Aufgebot und über die Partien gegen Polen am 31.Mai (ab 20.30 Uhr, live im ZDF) in Rostock und am 4. Juni (ab 18 Uhr, live in der ARD) in Gdingen.
Horst Hrubesch über...
... die kommenden Spiele: Der Plan ist, da weiterzumachen, wo wir aufgehört haben. Es ist wichtig, so früh wie möglich die EM-Qualifikation zu sichern. Derzeit sind alle fit. Ich freue mich auf den Lehrgang.
... die hohe Belastung: Es ist ein straffes Programm. Aber wir haben im Vorfeld mit allen Vereinen zusammengesessen und uns entschlossen, dass wir das gemeinsam machen. Am sinnvollsten ist es sowieso immer, wenn man die Mädels mit in die Verantwortung nimmt, damit sie topfit sind. Auf der einen Seite brauchen sie Urlaub, auf der anderen müssen wir sie gut aus der Saison rauskommen lassen und sich gezielt vorbereiten. Das ist ein Spagat, das ist nicht ganz einfach. Aber wenn alle vernünftig damit umgehen, dann sind wir auf einem guten Weg. Auch unser Athletiktrainer hat mit den Vereinen gesprochen, es wurden Pläne erstellt. Wir werden es individuell gestalten. Das ist der richtige Weg. Pausen werden in Absprache mit den Vereinen und den Spielerinnen gegeben.
... die Vorfreude auf das Spiel in Rostock: Ich freue mich riesig, dass jetzt schon rund 17.500 Karten verkauft worden sind. Die Stimmung gegen Dänemark in Rostock war sensationell gut. Wenn die Fans uns nun wieder tragen, wird das die Mädels nach vorne bringen.
... die polnische Mannschaft: Wir haben beide EM-Qualispiele von Polen gesehen. Polen hat eine gute Mannschaft. Wir müssen das Spiel ernst nehmen, mit 100 Prozent rangehen. Sie spielen ein 4-3-3, das kommt uns entgegen. Wir haben Polen analysiert. Die Spiele müssten für uns machbar sein.
... die Nummer 1 im deutschen Tor: Geschenke gibt es keine bei mir. Ich habe drei Toptorhüterinnen – und dahinter weiterer. Der Plan ist, alle drei Torhüterinnen in den nächsten Partien spielen zu lassen.
... eine Achse in der Mannschaft: Ich habe das Beste vom Besten dabei. Bei 22 Spielerinnen im Kader habe ich ja nur die Elite. Wieso sollte ich sagen: Die eine ist gesetzt, die andere nicht...?
... den Olympia-Kader: Ich kenne die Mädels ziemlich gut, ich kann sie einschätzen. Große Überraschungen wird es nicht geben, außer es gibt Verletzte. Ich sitze mit meinem Stab zusammen, hole auch die Spielerinnen mit ins Boot. Am Ende muss die Entscheidung mit Überzeugung getroffen werden.
... die Wichtigkeit von Olympia: Zu meiner aktiven Zeit hat Olympia kaum eine Rolle gespielt. Die Welt- und Europameisterschaften waren der Faktor. Bei den Frauen hat Olympia einen anderen Stellenwert. Woran das liegt, kann ich nicht beantworten. Aber dieses Turnier hat irgendetwas, es ist anders. Alle, die von Olympia reden, erzählen, was für eine Faszination es hat. Ich kann nur jedem empfehlen, dorthin zu gehen.
... Sjoeke Nüsken: Was mir an ihr so gefällt? Dass sie noch Potenzial nach oben hat und sie daran arbeitet. Sie macht Tore, kann das Spiel mitbestimmen, setzt Akzente.
... die WM-Vergabe an Brasilien: Ich hätte es gerne gesehen, wenn wir die WM ausgerichtet hätten. Das hätte sicher nochmal einen Schub für die jungen Mädchen gegeben und die Entwicklung des Frauenfußballs zusätzlich gefördert.
... die Entwicklung im Frauenfußball: Wenn man sich die Entwicklung der vergangenen Jahre anschaut: Das Tempo wird immer höher, die Körperlichkeit hat sich verändert. Es wird immer mehr zur Frage, wer ist körperlich in der Lage, das Tempo mitzugehen. Bei den Spielen gegen Frankreich und Dänemark hat man gesehen, was für ein Tempo drin war. Und wenn man sieht, was aus Australien und den USA auf uns zukommt... Der Frauenfußball wird sich in diese Richtung noch weiterentwickeln.
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Horst Hrubesch
Am 17. April 1951 wird Horst Hrubesch im westfälischen Hamm geboren. Bis zu seinem 24. Lebensjahr spielt der großgewachsene Stürmer (1,88 m) bei regionalen Vereinen (FC Pelkum, Germania Hamm, Hammer SpVg, SC Westtünnen), wo er von Werner Lorant entdeckt und zum damaligen Bundesligisten Rot-Weiss Essen gelotst wird. Dort geht der Stern Hrubeschs endgültig auf. Mit 80 Toren in seinen ersten drei Spielzeiten weckt er die Begehrlichkeiten größerer Vereine und wechselt 1978 zum Hamburger SV. Unter Trainer Ernst Happel macht sich Hrubesch einen Namen als "Kopfballungeheuer", wird 1982 Torschützenkönig und Deutscher Meister mit dem HSV und holt ein Jahr später gegen Juventus Turin (1:0) den Europapokal der Landesmeister. Anschließend wechselt er zu Standard Lüttich und Borussia Dortmund, muss seine aktive Karriere aber Ende 1985 nach 224 Bundesliga- und 35 Zweitliga-Spielen wegen einer Verletzung beenden.
In der Nationalmannschaft debütiert Hrubesch am 2. April 1980 und schießt bzw. köpft die DFB-Elf wenige Monate später mit zwei Toren im Finale zum Europameister-Titel gegen Belgien (2:1). Zwei Jahre später wird er mit Deutschland in Spanien Vize-Weltmeister und beendet danach seine Nationalmannschaftskarriere.
Seine Trainerlaufbahn beginnt bei Rot-Weiss Essen und führt ihn über Dynamo Dresden zurück zum DFB. Als Assistent von Bundestrainer Erich Ribbeck erlebt er die wenig erfolgreiche EM 2000, kümmert sich dann aber erfolgreich um den Nachwuchs. 2008 wird er als Trainer der U 19 Europameister und wiederholt dieses Kunststück ein Jahr später mit der U 21. Anschließend übernimmt er die U 18, kehrt aber wenig später zur U 21 zurück, deren Verantwortung er bis zu den Olympischen Spielen von Rio trägt. Danach wird er DFB-Sportdirektor und übernimmt am 13. März 2018 interimsweise die Frauen-Nationalmannschaft als Bundestrainer.
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