In der jüngsten Parlamentswahl in Südafrika zeichnet sich nach ersten Teilergebnissen und Prognosen ein signifikanter Machtverlust für den Afrikanischen Nationalkongress (ANC) ab. Der ANC, der das Land seit dem Ende der Apartheid im Jahr 1994 regiert, erreichte nach der Auszählung von 20 Prozent der Stimmen nur 44 Prozent, ein deutlicher Rückgang im Vergleich zu den 57 Prozent im Jahr 2019.
Die liberale Demokratische Allianz (DA) folgte mit 25 Prozent der Stimmen.
Die linksradikale Partei Economic Freedom Fighters (EFF) ѡ unter der Führung des ehemaligen ANC-Mitglieds Julius Malema erhielt neun Prozent,
während die neue Partei MK des früheren Präsidenten Jacob Zuma acht Prozent erreichte.
Die offiziellen Wahlergebnisse werden erst am Wochenende erwartet.
Der Politikwissenschaftler Daniel Silke kommentierte, dass der ANC einen "erheblichen Schlag" erlitten habe und dies sowohl für die Partei als auch für viele Südafrikaner, die seit 1994 nur die ANC-Herrschaft gekannt haben, ein Schock sei. "Die Wahl zieht die politischen Grenzen Südafrikas neu und schafft eine gewisse Unsicherheit", sagte er.
Präsident Cyril Ramaphosa und der ANC stehen vor der Herausforderung, mögliche Koalitionspartner zu finden, falls sie unter 50 Prozent bleiben, um eine Regierung bilden zu können. Dies wäre ein historischer Wendepunkt für Südafrika, das 1994 seine erste freie und demokratische Wahl erlebte
Trotz der Verehrung, die der ANC für seine Rolle im Kampf gegen die Apartheid und für seine Bemühungen zur Verbesserung der Lebensbedingungen der schwarzen Mehrheit genießt, haben Korruptionsskandale, hohe Arbeitslosigkeit, wirtschaftliche Stagnation und Stromausfälle das Vertrauen vieler Bürger erschüttert.
Am Wahltag registrierten sich 27,6 Millionen Wähler, und viele standen stundenlang in langen Schlangen, besonders in städtischen Gebieten, was teilweise zu verlängerten Öffnungszeiten der Wahllokale führte. Nach Angaben der Unabhängigen Wahlkommission (IEC) wird eine Wahlbeteiligung erwartet, die "deutlich über" den 66 Prozent von 2019 liegt.
ozd
Die Geschichte des ANC
Der Afrikanische Nationalkongress (African National Congress, ANC) ist eine politische Organisation in Südafrika, die eine zentrale Rolle im Kampf gegen die Apartheid spielte und seit dem Ende dieser rassistischen Politik im Jahr 1994 die dominierende politische Kraft im Land ist. Der ANC wurde am 8. Januar 1912 als South African Native National Congress gegründet und 1923 in African National Congress umbenannt.
Gründung und Frühe Jahre
Der ANC wurde gegründet, um die Rechte der schwarzen Südafrikaner zu verteidigen und zu erweitern, die unter den restriktiven und diskriminierenden Gesetzen der weißen Minderheitsregierung litten. In den ersten Jahrzehnten seiner Existenz fokussierte sich der ANC auf friedliche Proteste, Petitionen und Appelle an die britische Krone, um auf die Ungerechtigkeiten aufmerksam zu machen.
Radikalisierung und Kampf gegen die Apartheid
In den 1940er und 1950er Jahren radikalisierte sich der ANC zunehmend, teils bedingt durch das Sharpeville-Massaker im Jahr 1960, bei dem die Polizei 69 unbewaffnete Demonstranten tötete. Dieses Ereignis markierte einen Wendepunkt, und der ANC entschied sich für den bewaffneten Kampf gegen das Apartheidregime. Unter der Führung von Nelson Mandela gründete der ANC 1961 seinen militärischen Flügel, Umkhonto we Sizwe, um Sabotageakte gegen die Regierung durchzuführen.
Verbot und Untergrund
1960 wurde der ANC von der südafrikanischen Regierung verboten. Viele seiner Führer, einschließlich Nelson Mandela, wurden inhaftiert oder ins Exil gezwungen. Während der folgenden Jahrzehnte operierte der ANC aus dem Untergrund und erhielt Unterstützung von internationalen Verbündeten.
Ende der Apartheid und politische Macht
Der politische und wirtschaftliche Druck sowie interne Proteste zwangen die südafrikanische Regierung, Verhandlungen über das Ende der Apartheid einzuleiten. 1990 wurden der ANC legalisiert und Nelson Mandela sowie andere politische Gefangene freigelassen. Der ANC spielte eine führende Rolle in den Verhandlungen, die 1994 zu den ersten allgemeinen Wahlen führten, bei denen alle Rassen wählen durften. Nelson Mandela wurde der erste schwarze Präsident Südafrikas.
Regierungsführung
Seit 1994 hat der ANC jede Wahl gewonnen, allerdings mit schwindender Mehrheit in den jüngsten Wahlen. Die Partei hat bedeutende Fortschritte in der Verbesserung der Lebensverhältnisse der schwarzen Mehrheit erzielt, steht jedoch auch in der Kritik wegen Korruption, Misswirtschaft und einer hohen Kriminalitätsrate.
Der ANC bleibt eine Schlüsselfigur in der südafrikanischen Politik und Gesellschaft, steht jedoch vor zahlreichen Herausforderungen, um seine politische und soziale Agenda voranzutreiben und das Erbe von Nelson Mandela zu bewahren.
ozd
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