Das Manöver gelang um 19:34 Uhr MESZ, etwa eine Stunde und 20 Minuten später als geplant. Verzögerungen wurden durch Probleme mit dem Antriebssystem der Raumkapsel verursacht, wie die US-Raumfahrtbehörde NASA erklärte. Nach dem Start traten zudem zwei weitere Lecks auf.
Während der Direktübertragung der NASA wurde berichtet, dass bis zu fünf der insgesamt 28 Korrekturdüsen, die zum Manövrieren dienen, ausgefallen seien. Vier der fünf Düsen konnten jedoch wieder aktiviert werden, sodass die notwendige Anzahl für das Andockmanöver zur Verfügung stand.Nachdem Anfang Mai und Anfang Juni zwei Startversuche wegen technischer Probleme abgebrochen worden waren, glückte der Startversuch der Starliner-Raumkapsel am Mittwoch. An der ersten bemannten Mission des Raumfahrzeugs nahmen der 61-jährige US-Astronaut Butch Wilmore und seine 58-jährige Kollegin Suni Williams teil. Sie steuerten die Raumkapsel manuell zur ISS. Nach dem Andockmanöver sollten die Astronauten durch die Luke in die ISS einsteigen und etwa eine Woche dort verbringen.
Am Donnerstagnachmittag Ortszeit war eine Pressekonferenz von NASA und Boeing geplant.
Beim Start der Kapsel hatten NASA und Boeing bereits Kenntnis von einem kleinen Helium-Leck an einer der Schubdüsen, das nach dem ersten abgebrochenen Startversuch im Mai festgestellt worden war. Tests ergaben, dass die Menge des austretenden Heliums deutlich unter der Obergrenze lag, weshalb die Missionsleiter auf eine Reparatur verzichteten, die einen Rücktransport und eine Demontage der Raumkapsel erfordert hätte. Die zwei neuen Helium-Lecks traten nach dem Start auf.
Helium ist ein nicht brennbares Gas, das für den Antrieb der Raumkapsel benötigt wird. Es war zunächst unklar, ob die Lecks mit den Problemen direkt vor dem Andocken zusammenhingen.
Die NASA plant, den Starliner neben der Dragon-Kapsel von SpaceX regelmäßig für den Transport von Astronauten zur Raumstation zu nutzen. Die Dragon-Kapsel des Unternehmens von Multimilliardär Elon Musk befördert bereits seit mehreren Jahren Raumfahrer für die NASA zur ISS.
Das Starliner-Programm hatte in den vergangenen Jahren eine Reihe von Rückschlägen hinnehmen müssen. Bei einem unbemannten Testflug 2019 erreichte die Kapsel wegen eines Software-Fehlers nicht die geplante Flugbahn und musste zur Erde zurückkehren, ohne die ISS erreicht zu haben. 2021 musste ein Start wegen blockierter Ventile verschoben werden. Im Mai 2022 erreichte der Starliner schließlich in einem unbemannten Flug erstmals die ISS. Wegen verschiedener Probleme verzögerte sich der erste Flug mit Besatzung anschließend jedoch immer wieder.
Starliner ist nach den früheren Programmen Mercury, Gemini und Apollo in den 1960er Jahren sowie den späteren Programmen Space Shuttle und Dragon der sechste in den USA hergestellte Raumkapsel-Typ, der NASA-Astronauten ins All befördert.
ozd - Bild AFP