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Wüst verlangt von Scholz eine ernsthafte Prüfung von Asylverfahren

Wüst fordert Scholz zu Asylverfahren in Drittstaaten auf - Was wäre richtig und gerecht?

Vor dem bevorstehenden Bund-Länder-Gipfel hat Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) aufgefordert, die Möglichkeit von Asylverfahren in Drittstaaten ernsthaft zu prüfen. Wüst betonte, dass eine Expertenbefragung des Bundesinnenministeriums zu dem Ergebnis gekommen sei, dass solche Verfahren grundsätzlich möglich seien und das Thema daher nicht ad acta gelegt werden dürfe.

"Verschiedene Modelle sind denkbar", erklärte Wüst. "Ich erwarte vom Bundeskanzler Ernsthaftigkeit, Sorgfalt und Entschlossenheit bei der Prüfung, welches Modell das richtige für Deutschland ist."

Das Bundesinnenministerium hatte in den vergangenen Monaten zahlreiche Sachverständige zu den Möglichkeiten der Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten befragt. Dabei dienten vor allem die Pläne Großbritanniens für Asylverfahren im ostafrikanischen Ruanda und Italiens Vereinbarung zu Asylverfahren in Albanien als Grundlage. Die Mehrheit der Experten äußerte sich jedoch skeptisch hinsichtlich der Übertragbarkeit auf Deutschland und wies auf hohe rechtliche und praktische Hürden hin.

Ein vorbereiteter Sachstandsbericht des Ministeriums zu diesem Thema stellt jedoch nur eine Zwischenetappe bei der Prüfung dar. Diese soll fortgesetzt werden und in konkrete Handlungsempfehlungen münden. Die Bund-Länder-Runde könnte dabei einen Zeitplan festlegen, um die Prüfung weiter voranzutreiben.


Kommentar:

Es ist gut, dass Ministerpräsident Wüst diese Forderung gerade jetzt so energisch vertritt. Die Idee, Asylverfahren in Drittstaaten durchzuführen, ist nicht neu, aber sie bleibt ein heikles Thema. Einerseits könnten solche Verfahren dazu beitragen, die Asylsysteme in den Aufnahmeländern zu entlasten. Andererseits gibt es erhebliche rechtliche und ethische Bedenken, ob die Rechte der Asylsuchenden in Drittstaaten ausreichend geschützt werden können. Die Skepsis der Experten ist daher verständlich. Es bleibt abzuwarten, ob die Bundesregierung diesen Weg weiterverfolgt und ob ein tragfähiges und menschenrechtskonformes Modell gefunden werden kann.

Was wäre richtig und gerecht? 

John Rawls, ein einflussreicher amerikanischer Philosoph, hat eine Theorie der Gerechtigkeit entwickelt, die in seinem Hauptwerk "A Theory of Justice" (1971) dargelegt ist. Seine Gerechtigkeitskonzeption basiert auf den Prinzipien der Fairness und der Chancengleichheit. Hier sind die zentralen Punkte seiner Theorie, die auch für die Asylfrage in Betracht gezogen werden können.


1. Grundprinzipien der Gerechtigkeit

Rawls entwickelt zwei grundlegende Prinzipien der Gerechtigkeit, die eine faire und gerechte Gesellschaft definieren sollen:

Erstes Prinzip: Gleiche Grundfreiheiten

Jeder Mensch soll das umfassendste System gleicher Grundfreiheiten besitzen, das mit dem gleichen System für alle anderen vereinbar ist. Dies beinhaltet grundlegende Freiheiten wie Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit und das Recht auf persönliches Eigentum.


2. Prinzip: Soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten

Soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten müssen zwei Bedingungen erfüllen:

Bedarfsprinzip: Sie müssen so gestaltet sein, dass sie den am wenigsten Begünstigten den größtmöglichen Vorteil bringen (Differenzprinzip).

Chancengleichheit: Sie müssen mit Positionen und Ämtern verbunden sein, die allen unter Bedingungen fairer Chancengleichheit offenstehen.

2. Der Urzustand und der Schleier des Nichtwissens

Ein zentrales Element in Rawls' Theorie ist der hypothetische „Urzustand“ (original position), in dem rationale Individuen unter einem „Schleier des Nichtwissens“ (veil of ignorance) über die Prinzipien der Gerechtigkeit entscheiden. Dieser Schleier sorgt dafür, dass die Individuen keine Kenntnisse über ihre eigenen Fähigkeiten, sozialen Status oder persönliche Vorlieben haben. Dies soll gewährleisten, dass die getroffenen Entscheidungen fair und unparteiisch sind, da niemand die zukünftigen Regeln zu ihrem eigenen Vorteil gestalten kann.


3. Differenzprinzip

Das Differenzprinzip besagt, dass Ungleichheiten in der Gesellschaft nur dann gerechtfertigt sind, wenn sie den am wenigsten Begünstigten zugutekommen. Dieses Prinzip ist entscheidend, um sicherzustellen, dass soziale und wirtschaftliche Unterschiede nicht nur akzeptabel, sondern auch vorteilhaft für die Schwächsten in der Gesellschaft sind.


4. Faire Chancengleichheit

Rawls betont die Notwendigkeit der fairen Chancengleichheit, was bedeutet, dass Positionen und Ämter in der Gesellschaft für alle gleichermaßen zugänglich sein müssen. Ungleichheiten sind nur dann gerechtfertigt, wenn sie durch gleiche Ausgangschancen und nicht durch unfaire Privilegien zustande kommen.


Kritik und Einfluss

Rawls' Theorie hat erheblichen Einfluss auf die politische Philosophie und die Debatten über soziale Gerechtigkeit ausgeübt. Sie wurde sowohl gelobt als auch kritisiert. Kritiker wie Robert Nozick argumentieren, dass Rawls' Ansatz zu sehr auf staatliche Eingriffe setzt und die individuelle Freiheit einschränkt. Befürworter schätzen hingegen die Betonung auf Fairness und Chancengleichheit.

Rawls' Theorie der Gerechtigkeit bietet eine normative Grundlage, um gesellschaftliche Institutionen zu bewerten und politische Maßnahmen zu gestalten, die die Gerechtigkeit in einer demokratischen Gesellschaft fördern.

Für weitere Details und eine tiefere Auseinandersetzung mit Rawls' Theorie der Gerechtigkeit empfiehlt sich die Lektüre seines Buches "A Theory of Justice" und der dazugehörigen wissenschaftlichen Kommentare und Analysen.

Konkrete Anwendungsbeispiele

Asylverfahren in Drittstaaten: Rawls' Prinzipien könnten die ethische Grundlage bieten, um zu prüfen, ob solche Verfahren gerecht sind. Wenn diese Verfahren die Rechte und das Wohl der Asylsuchenden nicht angemessen schützen, wären sie nach Rawls' Maßstäben ungerecht. Das heißt, auch aus dem Ausland möglichj!

Integration und Unterstützung: Rawls' Theorie würde vorschlagen, dass Staaten Programme zur Unterstützung und Integration von Asylsuchenden entwickeln, die sicherstellen, dass diese Menschen nicht benachteiligt werden und faire Chancen haben, sich in die Gesellschaft einzugliedern. Heißt auch sofortige Arbeitsintegration.

OZD

Alle Angaben ohne Gewähr.