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Batterieforscher intensivieren Zusammenarbeit mit USA

Vertreter der Universität Münster reisen mit NRW-Ministerin nach Amerika / Interview mit US-Politikberater

Aktuelle Fragen zur Zukunft der Energiespeicherung und das Thema Quantencomputing stehen im Mittelpunkt einer Reise der nordrhein-westfälischen Wissenschaftsministerin Ina Brandes vom 7. bis 11. Juli in die USA, an der auch mehrere Vertreter der Universität Münster teilnehmen werden. Mit dabei sind der Direktor des MEET-Batterieforschungszentrums, Prof. Dr. Martin Winter, der Co-Leiter der Fraunhofer-Einrichtung „Forschungsfertigung Batteriezelle“ und Professor für angewandte elektrochemische Energiespeichertechnik und Wirtschaftschemie an der Universität Münster, Dr. Simon Lux, sowie Rektor Prof. Dr. Johannes Wessels, der die Ministerin jedoch in erster Linie in seiner Funktion als Vorsitzender der nordrhein-westfälischen Landesrektorenkonferenz begleitet.

Am ersten Besuchstag wird ein Teil der Delegation das „Argonne National Lab for Advanced Battery Systems“ (ANL) in Chicago besuchen. Die Universität Münster will auf dem Feld der Energiespeicherung künftig noch enger mit der Großforschungseinrichtung zusammenarbeiten, die in mehrere wissenschaftliche Bereiche unterteilt ist und an dem mehr als 5.000 Wissenschaftler und Angestellte arbeiten. Zu den Gesprächspartnern wird neben anderen Dr. Venkat Srinivasan zählen, der das „Argonne Collaborative Center for Energy Storage Science“ leitet und zu den wichtigsten US-amerikanischen Forschern auf diesem Gebiet zählt. Beim Besuch der kalifornischen Stanford University beziehungsweise der „Stanford Doerr School of Sustainability“ und des „Precourt Institute for Energy“ liegt der Fokus ebenfalls auf der Batterieforschung.

Auch zum Thema Quantencomputing wird es mehrfach die Gelegenheit zu einem hochrangigen Austausch geben. Am 2022 gegründeten Netzwerk „EIN Quantum NRW“ ist auch die Universität Münster beteiligt – die Abkürzung „EIN“ steht für Education, Innovation und Networking. Ziele sind unter anderem, die Sichtbarkeit des Quantenstandorts Nordrhein-Westfalen zu stärken und Grundlagenforschung mit Großunternehmen und Start-ups zusammenzubringen, um den Technologietransfer zu unterstützen.

"Es ist richtig, Hochtechnologien massiv zu fördern"

Zu den Gesprächspartnern der nordrhein-westfälischen Delegation wird auch Prof. Dr. Norbert Holtkamp zählen. Der 62 Jahre alte Politikberater, der in Recke bei Ibbenbüren zur Schule gegangen ist, wurde an der TU Darmstadt promoviert – anschließend arbeitete er am Deutschen Elektronen-Synchotron (DESY) in Hamburg, in Chicago am „FERMI National Accelerator Laboratory“, am Oak Ridge National Laboratory und als Direktor am französischen Kernfusionsreaktor ITER. Seit 2010 ist er an der Universität Stanford und seit Kurzem dort als Politikberater an der „Hoover institution“ tätig. Norbert Robers sprach mit dem gebürtigen Niedersachsen über die Zukunft der „grünen Energie“ in den USA und über strategisch sinnvolle Investitionen.

Die Europäische Union will bis 2050 klimaneutral werden. Wenn man sich die Investitionen in „grüne Energie“ in den Vereinigten Staaten anschaut, könnte man den Eindruck gewinnen, dass sich auch die USA auf diesen Weg gemacht haben. Teilen Sie diese Einschätzung?

Das stimmt. Aber nicht erst seit Kurzem, das war auch unter der konservativen Regierung von Donald Trump und bereits davor der Fall. In dieser Zeit sind entgegen der allgemeinen Rhetorik beispielsweise viele Kohlekraftwerke abgeschaltet und Kohleminen geschlossen worden. Unter dem aktuellen Präsidenten Joe Biden kam mit dem ,Inflation Reduction Act‘ (IRA) ein in diesem Zusammenhang sehr wichtiges Gesetz hinzu: Eine der wichtigsten Industrienationen der Welt will sich mithilfe von Subventionen und Steueranreizen für die Industrie und Haushalte binnen eines Jahrzehnts dekarbonisieren. Man spürt schon jetzt diesen Schub, den diese Vorschriften ausgelöst haben. Mittlerweile liegt der Anteil der alternativen Energien an der gesamten Energieproduktion bei über 40 Prozent – und das in einem Land, das flächenmäßig mehr als doppelt so groß wie die gesamte Europäische Union ist.

Wobei man berücksichtigen muss, dass der Primär-Energieverbrauch pro Einwohner in den USA deutlich höher als der in Europa ist…

Richtig. Aber dann sollte man auch berücksichtigen, dass manche US-Bundesstaaten sehr viel weiter sind als so mancher EU-Staat, Kalifornien beispielsweise. Ein weiteres Beispiel: Im zweitgrößten US-Bundesstaat Texas, den viele Deutsche wahrscheinlich vorrangig mit der Förderung von Öl in Verbindung bringen, wird mittlerweile mehr mit alternativer als mit fossiler Energie gewirtschaftet. Zudem sind es nicht selten Amerikaner wie der Leiter und Mitinhaber des Elektroautoherstellers Tesla, Elon Musk, die klimafreundliche Entwicklungen vorantreiben.

Mit Musk nennen Sie einen ausgesprochen umstrittenen Unternehmer.

Das ist mir bewusst. Ob man ihn mag oder nicht – er hat definitiv eine Vision umgesetzt, die dem Klima guttut. Denken Sie an den damit verbundenen Schub für die Elektromobilität, an die entsprechenden Investitionen in Milliardenhöhe, an die Bereitstellung von Ladeinfrastruktur, Energiespeichern und vielem mehr.

Ich möchte auf die Bedeutung der Politik in diesen Zusammenhang zurückkommen, zumal die Amerikaner in wenigen Monaten einen neuen Präsidenten wählen. Ist es mit Blick auf diese Entwicklung denn egal, ob die Republikaner unter Trump oder die Demokraten unter Biden die Regierung stellen?

Nein, natürlich hat das einen Einfluss, denken Sie an den IRA. Zudem werden bei einem Regierungswechsel rund 6000 politisch nominierte Positionen in der Verwaltung ausgetauscht, was natürlich ebenfalls Auswirkungen hat. Aber einen solch großen Tanker wie die USA kann man nicht mal eben in eine andere Richtung lenken. Grundsätzlich ist nahezu allen Amerikanern schon lange klar, dass sich die USA von fossilen Energieträgern verabschieden müssen. Um die Größe dieser globalen Umstellung zu verstehen: Nach einer jüngst veröffentlichten Schätzung gehen Experten davon aus, dass es rund 300 Trillionen oder 300.000 Billiarden Dollar kosten wird, die Welt bis 2050 auf Klimaneutralität umzustellen. Spätestens mit Blick auf diese unvorstellbare Zahl ist doch wohl jedem klar, dass es jetzt gilt, Prioritäten zu setzen.

Apropos Priorisierung: In Deutschland gibt es derzeit eine Debatte, ob es sinnvoller ist, den Schuldenaufwuchs zu limitieren oder mit mehr Schulden mehr zu investieren – auch in die Förderung der Batterietechnologie. Was meinen Sie?

Die USA hatten im Zusammenhang mit dem IRA eine ähnliche Debatte. Sie haben sich entschieden: Dieses Gesetz ist beeindruckende 370 Milliarden Dollar schwer. Wenn ich nach Deutschland komme, wundere ich mich manchmal: etwa über die verbesserungswürdige Internet-Infrastruktur bis hin zu möglichen Kürzungen für die Batterietechnik als eine der wichtigsten Zukunftstechnologien. Ich halte es für richtig, strategisch bedeutsame Hochtechnologien massiv zu fördern, auch wenn man damit zeitweise die Inflation anheizt.

Mit Geld allein wird man es aber auch nicht richten, oder?

Sicher nicht. Man braucht vor allem hochspezialisierte Fachkräfte, die man mit möglichst interessanten Projekten betraut. Dafür braucht man wiederum Investitionen in die Infrastruktur und gut ausgestattete Forschungsstrukturen. Dazu zählen meiner Meinung nach auch das MEET Batterieforschungszentrum in Münster und die dortige Forschungsfertigung Batteriezelle. Das spiegelt das ernsthafte Bemühen wider, konkurrenzfähig zu bleiben – das ist der richtige Weg.

Universität Münster

Foto: Universität Münster /Peter Leßmann

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