Kein Verfahren wegen rassistischer Chats unter Polizeibeamten in Hessen
Rund sechs Jahre nach Bekanntwerden rechtsextremer Chats innerhalb der hessischen Polizei ist die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main mit dem Versuch gescheitert, fünf Polizeibeamte vor Gericht zu stellen. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main wies eine Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Nichteröffnung des Hauptverfahrens durch das Frankfurter Landgericht ab, wie das OLG am Montag mitteilte. Es befand, dass kein hinreichender Tatverdacht für die angeklagten Äußerungsdelikte vorliege.
In der hessischen Polizei waren bei internen Ermittlungen ab dem Jahr 2018 verschiedene Chatgruppen entdeckt worden, über die Beamtinnen und Beamte sowie Menschen außerhalb der Polizei rechtsextremistische Nachrichten teilten. Etliche Beamtinnen und Beamte wurden danach suspendiert.
Die Anklage der Staatsanwalt richtete sich gegen insgesamt sechs Beschuldigte. Fünf von ihnen waren im Tatzeitraum zwischen 2014 und 2018 Polizeibeamte. Ihnen wurde vorgeworfen, unter anderem in einer Whatsapp-Gruppe namens "Itiotentreff" verbotene Inhalte verbreitet zu haben.
Dabei habe es sich vor allem um Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und volksverhetzende Inhalte gehandelt. Ausgewertet wurden Chatnachrichten der Whatsapp-Gruppe, in der innerhalb eines Jahres rund 1600 Nachrichten ausgetauscht worden sein sollen.
Das Frankfurter Landgericht lehnte die Eröffnung des Verfahrens nach Anklage der Staatsanwaltschaft ab. Dagegen legte die Staatsanwaltschaft Beschwerde ein. Sie hatte vor dem OLG keinen Erfolg.
Das OLG führte in seiner Mitteilung aus, dass kein strafbares öffentliches Verbreiten der Inhalte stattgefunden habe. Die Nachrichten seien in "private, geschlossene Chatgruppen mit überschaubarem Personenkreis eingestellt worden", erklärte das Gericht.
Eine Strafbarkeit sei nur gegeben, wenn die Gefahr besteht, dass die Inhalte an "eine unbestimmte Anzahl von Personen weitergegeben wird". Es lägen aber keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beschuldigten von einer Verbreitung ihrer Nachrichten ausgingen oder dies billigten - auch deshalb nicht, weil sie angesichts der nationalsozialistischen und ausländerfeindlichen Inhalte dienstrechtliche Konsequenzen fürchten mussten.
Nichtsdestotrotz begründeten die geteilten Inhalte demnach dienstrechtliche Konsequenzen. Zweck der Gruppe sei eine Belustigung der Chatmitglieder durch Einstellen schockierender Inhalte gewesen. Bei den Nachrichten handelte es sich laut Gericht um "teilweise nur schwer erträgliche menschenverachtende" Inhalte. Die Entscheidung fiel bereits in der vergangenen Woche und ist nicht anfechtbar.
Der hessische Innenminister Roman Poseck (CUD) erklärte, die Gerichtsentscheidung sei zu "respektieren". Sie zeige aber zugleich eine "Strafbarkeitslücke" auf, die "umgehend zu schließen" sei. "Hasschatgruppen im öffentlichen Dienst sind unerträglich", fügte Poseck hinzu. "Sie sind strafwürdig - und zwar unabhängig davon, ob ein öffentliches Verbreiten von Inhalten erfolgt."
Die gegen die Beamten eingeleiteten Disziplinarverfahren sollen laut Poseck "jetzt umgehend fortgeführt" und "zeitnah" abgeschlossen werden. Sie wurden zunächst wegen des Vorrangs des Strafverfahrens ausgesetzt. Gegen die fünf Beamten wurde zudem das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ausgesprochen. Drei von ihnen wurden vorläufig des Diensts enthoben, zwei erhalten nur einen Teil ihrer Bezüge.
SID
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