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„Die Aufholjagd im Gesundheitssystem ist in vollem Gange.“

Reform zur Entlastung von Rettungsdiensten und Kliniken: Zwischen Notwendigkeit und Skepsis

Die Ampel-Koalition hat eine weitreichende Reform der Notfallversorgung auf den Weg gebracht, die die Rettungsdienste und Klinik-Notaufnahmen deutlich entlasten soll. Der entsprechende Gesetzentwurf von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) wurde am Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossen. Die Reform sieht die Einführung von "Akutleitstellen" und "Integrierten Notfallzentren" vor. Während die Reform als "dringend notwendig" bezeichnet wird, gibt es sowohl positive Resonanz als auch kritische Stimmen.

Akutleitstellen und Integrierte Notfallzentren

Kernstück der Reform ist die Einrichtung von "Akutleitstellen", die eine zentrale Rolle bei der Vernetzung der bundesweiten Notrufnummer 112 und der Rufnummer des kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes 116117 spielen sollen. Mitarbeitende der Leitstellen werden zukünftig die Dringlichkeit der Beschwerden bewerten und die Anrufenden in die passende Behandlung vermitteln. Laut Lauterbach soll dies dazu führen, dass Anrufe bei der 116117, die schwere Unfälle betreffen, sofort an die 112 weitergeleitet werden.

Zusätzlich sollen "Integrierte Notfallzentren" geschaffen werden, die rund um die Uhr als zentrale Anlaufstellen im Notfall fungieren. Diese Zentren werden in Krankenhäusern angesiedelt und kombinieren die Notaufnahme mit einer Notdienstpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung sowie einer zentralen Ersteinschätzungsstelle. Diese soll Hilfesuchende an die passende Einrichtung verweisen, um die Notaufnahmen zu entlasten.

Unterstützung und Kritik

Gesundheitsminister Karl Lauterbach betonte die Notwendigkeit der Reform: „Wer ambulant behandelt werden kann und wem vielleicht sogar telefonische oder videogestützte Beratung genügt, der muss nicht ins Krankenhaus.“ Ziel sei es, die notorisch überfüllten Notaufnahmen zu entlasten und eine funktionierende Patientensteuerung zu gewährleisten.

Der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen unterstrich die Vorteile der Reform: „Die geplanten Änderungen sorgen dafür, dass Patientinnen und Patienten in akuten Notfällen schneller und zielgerichteter die Hilfe erhalten, die sie benötigen.“ Auch der GKV-Spitzenverband begrüßte die Reform. Die stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Verbandes, Stefanie Stoff-Ahnis, erklärte, dass die Reform viele richtige Ansatzpunkte enthalte, um die Versorgung der Versicherten zu verbessern.

Kritische Stimmen kommen von Patientenschützern und der Linken. Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, äußerte Zweifel an der praktischen Umsetzung der Integrierten Notfallzentren: „Doch das Konzept gleicht einer Operation am offenen Herzen. Ob das passgenau gelingt, bleibt abzuwarten.“ Die gesundheitspolitische Sprecherin der Linken, Kathrin Vogler, kritisierte, dass Lauterbach das Problem der defizitären Finanzierung der Notfallversorgung im Krankenhaus nicht angehe. „Unterfinanzierte Notaufnahmen führen zu unterbesetzten Notaufnahmen, daran wird sich mit diesem Gesetz leider nichts ändern.“

Weitere gesundheitspolitische Maßnahmen

Neben der Reform der Notfallversorgung beschloss das Bundeskabinett auch drei weitere gesundheitspolitische Gesetzesvorhaben, darunter Erleichterungen bei Nierenspenden. Gesundheitsminister Lauterbach kündigte an, dass weitere Gesetze in Vorbereitung seien: „Die Aufholjagd im Gesundheitssystem ist in vollem Gange.“

OZD-Prognose

Die Reform der Notfallversorgung hat das Potenzial, eine signifikante Entlastung für Rettungsdienste und Klinik-Notaufnahmen zu bringen. Die Einführung von Akutleitstellen und Integrierten Notfallzentren könnte zu einer effizienteren Nutzung der Ressourcen führen und die Qualität der Versorgung verbessern. Allerdings wird der Erfolg stark von der praktischen Umsetzung und der Kooperation aller beteiligten Akteure abhängen. Die Kritik an der Finanzierung und der realistischen Durchführbarkeit der Maßnahmen zeigt, dass noch Herausforderungen zu bewältigen sind.

Wer ist Karl Lauterbach?

Karl Lauterbach ist seit Dezember 2021 Bundesgesundheitsminister und Mitglied der SPD. Der Mediziner und Gesundheitsökonom hat sich einen Namen als Verfechter von evidenzbasierter Gesundheitspolitik gemacht. Er setzt sich für umfassende Reformen im Gesundheitswesen ein, um die Qualität der Versorgung zu verbessern und Kosten zu senken.                                                                                                                                                     Offizielle Website von Karl Lauterbach: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/ministerium/leitung/karl-lauterbach.html

Was ist der GKV-Spitzenverband?

Der GKV-Spitzenverband ist die zentrale Interessenvertretung der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen in Deutschland. Er setzt sich für die Sicherstellung und Verbesserung der Gesundheitsversorgung der Versicherten ein und vertritt die Kassen gegenüber der Politik und anderen Akteuren im Gesundheitswesen.                                                                                                                                                                                               Offizielle Website des GKV-Spitzenverbands: https://www.gkv-spitzenverband.de

Was ist die Deutsche Stiftung Patientenschutz?

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz ist eine gemeinnützige Organisation, die sich für die Rechte und den Schutz von Patienten in Deutschland einsetzt. Sie bietet Beratung und Unterstützung für Patienten und ihre Angehörigen und engagiert sich für eine patientenfreundliche Gesundheitspolitik.                                                                                                                                                                                                 Offizielle Website der Deutschen Stiftung Patientenschutz: https://www.patientenschutz.de


OZD / AFP

 

Alle Angaben ohne Gewähr

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