Bundesregierung erleichtert Nierenspenden: Ein Schritt in die richtige Richtung
Die Bundesregierung hat am Mittwoch einen Gesetzentwurf verabschiedet, der die Nierenspenden in Deutschland erleichtern soll. Besonders im Fokus stehen dabei die sogenannte Überkreuzspende und die anonyme Nierenspende. Die neuen Regelungen zielen darauf ab, den Mangel an Spenderorganen zu bekämpfen und die Chancen auf eine erfolgreiche Transplantation zu erhöhen.
Was ist die Überkreuzspende?
Bei der Überkreuzspende handelt es sich um eine Form der Nierenspende, bei der Paare, bei denen ein Partner dem anderen eine Niere spenden möchte, dies aber aufgrund von Inkompatibilität nicht kann, mit einem anderen Paar in einer ähnlichen Situation die Organe „überkreuz“ spenden. Bisher war dies nur möglich, wenn ein Näheverhältnis zwischen den beiden Paaren bestand. Dieser Zwang zur Nähe wird nun aufgehoben, wodurch der Kreis der potenziellen Spender und Empfänger deutlich erweitert wird.
Die Organisation dieser Spenden soll von den Transplantationszentren übernommen werden. Zusätzlich ist der Aufbau eines nationalen Programms für die Vermittlung und Durchführung der Überkreuzlebendnierenspenden geplant.
Anonyme Nierenspenden
Ein weiterer bedeutender Punkt des neuen Gesetzes ist die Einführung der nicht gerichteten anonymen Nierenspende. Dies erlaubt es Personen, aus altruistischen Motiven eine Niere zu spenden, ohne zu wissen, wer der Empfänger sein wird. Diese Form der Spende ist in Ländern wie den USA bereits etabliert und könnte hierzulande ebenfalls zu einer Erhöhung der Spenderzahlen führen.
Reaktionen und Kommentare
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) betonte die Dringlichkeit der neuen Regelungen: „Das Sterben auf der Warteliste muss ein Ende haben.“ Lauterbach sieht in der Überkreuzspende eine Möglichkeit, kurzfristig mehr Organspenden zu ermöglichen und Menschen im persönlichen Umfeld schneller zu helfen. Die neuen Regelungen gäben „viele Nierenkranken Hoffnung“.
Der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen lobte die Modernisierung des Transplantationsrechts und hob hervor, dass diese mehr Organspenden ermöglicht und den Schutz der Spenderinnen und Spender stärkt.
Kritische Stimmen und die Widerspruchslösung
Trotz der positiven Reaktionen gibt es auch kritische Stimmen. Langfristig hält Lauterbach die Widerspruchslösung für notwendig. Diese würde vorsehen, dass grundsätzlich jeder Mensch als Organspender gilt, sofern er nicht zu Lebzeiten widersprochen hat. Diese Lösung scheiterte 2020 im Bundestag, als stattdessen die Entscheidungslösung verabschiedet wurde, bei der jeder Mensch aktiv dokumentieren muss, ob er Organe spenden möchte oder nicht.
Die Widerspruchslösung bleibt jedoch ein umstrittenes Thema. Kritiker argumentieren, dass sie die Selbstbestimmung des Einzelnen einschränkt, während Befürworter betonen, dass sie die Zahl der verfügbaren Spenderorgane deutlich erhöhen könnte. Sowohl der Bundesrat als auch eine fraktionsübergreifende Gruppe von Bundestagsabgeordneten haben kürzlich neue Anläufe für die Widerspruchslösung unternommen.
Fazit
Die neuen Regelungen zur Überkreuzspende und anonymen Nierenspende sind ein Schritt in die richtige Richtung, um den Mangel an Spenderorganen zu bekämpfen und Leben zu retten. Sie erweitern die Möglichkeiten für Spender und Empfänger und könnten kurzfristig zu einer Erhöhung der Transplantationen führen. Langfristig bleibt jedoch die Diskussion um die Widerspruchslösung bestehen, die weiterhin polarisiert.
Wer ist Karl Lauterbach?
Karl Lauterbach ist seit Dezember 2021 Bundesgesundheitsminister und Mitglied der SPD. Der Mediziner und Gesundheitsökonom hat sich einen Namen als Verfechter von evidenzbasierter Gesundheitspolitik gemacht. Er setzt sich für umfassende Reformen im Gesundheitswesen ein, um die Qualität der Versorgung zu verbessern und Kosten zu senken. Offizielle Website von Karl Lauterbach: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/ministerium/leitung/karl-lauterbach.html
Hintergrundinformationen:
Was ist die Entscheidungslösung?
Die Entscheidungslösung, die im Jahr 2020 vom Bundestag verabschiedet wurde, sieht vor, dass jeder Mensch aktiv dokumentieren muss, ob er nach seinem Tod Organe spenden möchte oder nicht. Dies soll die Selbstbestimmung der Menschen wahren, hat jedoch bisher nicht zu einem signifikanten Anstieg der Spenderzahlen geführt.
Was ist die Widerspruchslösung?
Die Widerspruchslösung besagt, dass jeder Mensch automatisch als Organspender gilt, es sei denn, er hat zu Lebzeiten ausdrücklich widersprochen. Diese Regelung ist in vielen europäischen Ländern erfolgreich und hat dort zu höheren Spenderzahlen geführt.
Offizielle Websites:
- Bundesgesundheitsministerium: https://www.bundesgesundheitsministerium.de
- Deutsche Stiftung Organtransplantation: https://www.dso.de
- Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: https://www.organspende-info.de
OZD / AFP