Der Iran ist nach Einschätzung von US-Außenminister Antony Blinken nur noch "eine oder zwei Wochen" von spaltbarem Material für eine Atomwaffe entfernt. "Weil das Atomabkommen aufgekündigt wurde, ist der Iran nicht mehr nur ein Jahr davon entfernt, die Fähigkeit zur Herstellung von spaltbarem Material für eine Atomwaffe zu erlangen, sondern jetzt wahrscheinlich nur noch eine oder zwei Wochen," sagte Blinken bei der Sicherheitskonferenz in Aspen im US-Bundesstaat Colorado.
Blinken fügte an, dass der Iran bisher noch keine Atomwaffen entwickelt habe. Die derzeitige Lage sei jedoch "nicht gut," sagte der Chefdiplomat, die US-Regierung beobachte die Entwicklung in dieser Angelegenheit "sehr genau." In den vergangenen Monaten habe sich gezeigt, dass die Regierung in Teheran mit ihrem Atomprogramm voranschreite, sagte Blinken weiter. Er bekräftigte das Ziel Washingtons, zu verhindern, dass der Iran eine Atomwaffe besitze. Zur Erreichung dieses Ziels würden die USA weiterhin "den diplomatischen Weg bevorzugen."
Die USA, Frankreich, Großbritannien, Deutschland sowie Russland und China hatten 2015 mit dem Iran ein Atomabkommen abgeschlossen. Es sollte verhindern, dass Teheran Atomwaffen entwickelt. 2018 stiegen die USA unter ihrem damaligen Präsidenten Donald Trump einseitig aus dem Abkommen aus. Daraufhin hielt sich auch der Iran schrittweise nicht mehr an seine Verpflichtungen. Die Verhandlungen über eine Wiederbelebung des Abkommens blieben seither ergebnislos.
Der gewählte iranische Präsident Massud Peseschkian hatte sich in der vergangenen Woche für die Aufnahme konstruktiver Gespräche mit Europa ausgesprochen, um die Isolation seines Landes zu beenden. Zudem strebt er nach eigenen Angaben eine Wiederbelebung des Atomabkommens an.
Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) hatte Mitte Juni erklärt, dass der Iran sein Atomprogramm weiter ausbaue. Die IAEA verwies auf eine Ankündigung Teherans, in den Uran-Anreichungsanlagen in Natans und Fordo weitere Kaskaden von Uran-Zentrifugen zu installieren.
Der Iran bestreitet seit jeher, Atomwaffen herstellen zu wollen. Nach Angaben der IAEA ist der Iran aber der einzige Nicht-Atomwaffenstaat, der über auf 60 Prozent angereichertes Uran verfügt und große Uranvorräte anlegt. Das Land ist damit auf dem Weg, Uran auf die für Atomwaffen notwendigen 90 Prozent anzureichern. Für Atomkraftwerke wird lediglich auf 3,67 Prozent angereichertes Uran benötigt.
ozd
Kommentar: Verpasste Chancen und neue Gefahren
Die Entwicklungen um das iranische Atomprogramm verdeutlichen die verpassten Chancen der internationalen Gemeinschaft, insbesondere der USA, den Iran durch diplomatische Mittel dauerhaft vom Bau einer Atomwaffe abzuhalten. Der Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen unter Donald Trump hat die Situation nur verschärft und die Welt näher an eine neue nukleare Bedrohung gebracht. Die derzeitige Eskalation im Iran-Konflikt deutet darauf hin, dass die diplomatischen Bemühungen intensiviert werden müssen, um einen nuklearen Wettlauf im Nahen Osten zu verhindern. Vielleicht hat auch Russland mit Wissen um die Anreicherung geholfen, sonst wäre der schnelle Fortschritt der Iraner nicht zu erklären. Wahrscheinlich werden die Anlagen von den USA zerstört, um ein Angriff mit Nuklearwaffen auf Israel zu verhindern. Wird Amerika in den Krieg gegen den Iran ziehen?
OZD-Wissen to go: Wer ist Antony Blinken?
Antony Blinken ist seit Januar 2021 US-Außenminister. Er war zuvor stellvertretender Außenminister und stellvertretender nationaler Sicherheitsberater unter Präsident Barack Obama. Blinken ist ein erfahrener Diplomat und Verfechter multilateraler Diplomatie.
YouTube-Video über Antony Blinken
Sehen Sie sich hier ein Video über Antony Blinken an: Antony Blinken - Highlights.
OZD-Wissen to go: Was ist die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA)?
Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) ist eine unabhängige Organisation innerhalb des UN-Systems, die sich für die friedliche Nutzung der Kernenergie und die Verhinderung der Verbreitung von Atomwaffen einsetzt. Sie wurde 1957 gegründet und hat ihren Sitz in Wien, Österreich.
YouTube-Video über die Internationale Atomenergiebehörde
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