Am 31. Juli 1899 greifen fortschrittliche Kreise rund um Victor Herzog von Ratibor die rasant wachsende automobile Begeisterung in Deutschland auf und gründen in Berlin mit dem Deutschen Automobil-Club (DAC) eine Vereinigung von Automobilisten, die sich den Interessen und Bedürfnissen der Autofahrerinnen und Autofahrer sowie der Weiterentwicklung der automobilen Mobilität verpflichtet sehen. Knapp 20 Jahre später benennt sich die Vereinigung um und gibt sich den noch heute gültigen Namen Automobilclub von Deutschland (AvD).Rückblende: Wie kaum eine andere technische Innovation hatte die Erfindung des Automobils die Mobilität und die Freiheit der Menschen revolutioniert. In den Jahren nachdem Gottlieb Daimler und Carl Benz 1886 unabhängig voneinander Fahrzeuge mit schnelllaufenden Verbrennungsmotoren zum Patent angemeldet und Berta Benz 1888 die erste Überlandfahrt von Mannheim nach Pforzheim absolviert hatte, erlebt das Automobil weltweit einen bis dahin beispiellosen Siegeszug. Zu den führenden Nationen zählt dabei Frankreich, wo nicht nur eine prosperierende Automobilwirtschaft entsteht, sondern wo auch viel beachtete Rennveranstaltungen die Bevölkerung für das Auto begeistern.
Mit Begeisterung und Tatendrang ins neue Jahrhundert
Die Mitglieder des neu gegründeten Deutschen Automobil-Club (DAC) erkennen den Handlungsbedarf in der Heimat und schreiben sich die „Pflege des Automobilsports“ als Vereinszweck in die Satzung. Bereits im Jahr 1900 veranstaltet der DAC das erste Bahnrennen nahe Frankfurt am Main. 1904 beteiligt sich der DAC nicht nur an der Ausrichtung der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in der Mainmetropole, sondern fungiert auch als Veranstalter, des erstmals auf deutschem Boden ausgetragenen Rennens um den Cup Gordon-Bennett. Das im Kaiser-Kurort Bad Homburg vor der Höhe als „Nationenpreis“ ausgetragene Rennen durch den Taunus begeistert über hunderttausend Zuschauer aus dem In- und Ausland sowie die gesamte internationale Presse. Im Anschluss an das Rennen kommen auf Initiative des DAC am 20. Juni vor Ort die Vertreter der anwesenden internationalen Automobil-Clubs zusammen. Auf Anregung des DAC Präsidenten Herzog von Ratibor, der die Zusammenkunft als Vorsitzender leitet, wird die Gründung der Association Internationale des Automobile Clubs Reconnus (AIACR) beschlossen, die als weltumfassende Organisation die Förderung des Automobilsports und des neuen Verkehrsmittels Auto zum Ziel hat. Aus der AIACR wird im Jahr 1946 der Automobilweltverband FIA (Fédération Internationale de l’Automobile) hervorgehen.Vom vielschichtigen Engagement zeigt sich nun auch der zunächst skeptische Kaiser Wilhelm II. angetan und übernimmt 1904 die ihm angetragene Schirmherrschaft über den DAC. Der darf sich fortan Kaiserlicher Automobil-Club (K.A.C.) nennen und bezieht als adäquates Clubhaus, das am 27. Mai 1905 eingeweihte Palais Bleichröder im Herzen Berlins. An seiner Stelle am Leipziger Platz findet sich heute das moderne AvD-Palais.
Der eigentliche „Petrolhead“ in der Kaiserfamilie ist allerdings Wilhelms jüngerer Bruder Heinrich, der auch als Erfinder des Scheibenwischers Auto-Geschichte schreibt. Zu seinen Ehren richtet der K.A.C. von 1907 bis 1911 das erste mehrtägige Langstrecken-Rennen unter der Bezeichnung „Prinz-Heinrich-Fahrt“ aus, bei dem die teilnehmenden Tourenwagen in mehreren Etappen eine Gesamtstrecke von rund 2.000 Kilometern quer durch das Reichsgebiet zurückzulegen haben.
Kfz-Versicherung – eine Erfindung des K.A.C.
Als 1918 bereits das Ende des 1. Weltkriegs erkennbar ist, denkt man beim K.A.C. bereits an die Zukunft – genauer gesagt, die automobile Zukunft. Denn es zeichnet sich deutlich ab, dass die 1913 von Henry Ford eingeführte Fließbandproduktion auch in den europäischen Autofabriken Einzug halten wird und die so deutlich günstiger produzierbaren Fahrzeuge für eine neue, breitere Schicht der Gesellschaft erschwinglich werden. Um die steigende Zahl der Autofahrer gegen die Risiken des in den Großstädten immer dichteren Straßenverkehrs abzusichern, gründet der K.A.C. zusammen mit der Allianz und der Münchener Rück im Jahr 1918 die KRAFT VERSICHERUNGS-AG als erste Kfz-Versicherung in Deutschland. Die KRAFT entwickelt sich rasch zum größten Versicherer auf dem deutschen Kfz-Markt und kann bereits im Folgejahr Versicherungsbeiträge in Höhe von 2,5 Millionen Mark verbuchen. Im Jahr 1922 geht die KRAFT vollständig in die Allianz über. Wenige Wochen nach Gründung der KRAFT endet nicht nur der Krieg, mit der Abdankung Wilhelms II. ist auch die Monarchie in Deutschland Geschichte. Und wenngleich politisch stets neutral, wollen und können sich auch die Mitglieder des K.A.C. dem demokratischen Aufbruch, der Deutschland erfasst, nicht entgegenstellen; sie benennen ihre Vereinigung in Automobilclub von Deutschland um.
Die 1920er Jahre: Der AvD hebt den Großen Preis von Deutschland aus der Taufe
Trotz einer oft instabilen politischen Lage sowie hoher Reparationszahlungen an die Siegermächte, ist die sogenannte „Weimarer Republik“ geprägt von Aufbruch-Stimmung und gelebter Fortschrittlichkeit. Bereits 1921 wird am südwestlichen Rande Berlins die AVUS (Automobil-Versuchs- und Übungsstraße) eröffnet, deren Bau maßgeblich durch den AvD gefördert und unterstützt worden war. Die Rennen entwickeln sich innerhalb kürzester Zeit zu auch international viel beachteten Publikumsmagneten, was nicht zuletzt an der legendären Steilkurve liegt, durch die die Teilnehmer in ihren brachialen Boliden mit maximalem Tempo brausen. Im Jahr 1926 wird die AVUS dann Austragungsort des ersten Großen Preis von Deutschland, den der AvD organisiert. Den Premierensieg erringt ein gewisser Rudolf Caracciola aus dem verwunschenen Remagen am Rhein. Gemeinsam mit Beifahrer Wilhelm Sebastian ist er in seinem Mercedes-Benz nicht zu schlagen. Insgesamt wird Caracciola noch fünf weitere Siege beim Deutschland Grand-Prix einfahren und damit bis heute die Liste der Teilnehmer mit den meisten Siegen anführen. Im Jahr 1927 verlegt der AvD den Großen Preis von Deutschland auf den wenige Tage zuvor eingeweihten Nürburgring, wo das Rennen bis 1976 ausgetragen wird.
In den Großstädten herrschen währenddessen mitunter chaotische Verkehrsverhältnisse. Das liegt nicht allein an der steigenden Zahl der Autos, die sich mit Pferdefuhrwerken, Straßenbahnen, Bussen, Fußgängern und Lastwagen arrangieren müssen, sondern noch viel mehr an den einzelnen Verkehrsteilnehmern selbst, die sich durch eine weitgehende Unkenntnis der Verkehrsregeln auszeichnen. Damit zumindest die professionellen Kraftwagenfahrer einen Beleg für ihr Wissen und ihre Zuverlässigkeit vorweisen können, stellt der AvD ihnen sogenannte „Bestallungsurkunden“ aus und lanciert damit den Vorläufer des heutigen „Führerscheins“.
Um der Gleichschaltung zu entgehen, ändert der AvD Vereinszweck und -sitz
Als 1933 die NSDAP bei den Reichstagswahlen zur stärksten Kraft wird und mit Unterstützung einiger bürgerlicher Parteien bald darauf Adolf Hitler zum Reichskanzler gewählt wird, bricht eine dunkle Zeit über Deutschland herein. Um der Gleichschaltung in der Einheitsfront der deutschen Kraftfahrer und der Eingliederung in den DDAC (Der Deutsche Automobil-Club) zu entgehen, ändert der AvD im Jahr 1934 seine Satzung. Damit einher geht eine Namensänderung in Deutscher Ausland-Club e. V. (DAC) sowie die Aufgabe der automobilen Tradition und der Verein verlegt seinen Sitz nach London. 15 Jahre später liegt Deutschland nach dem verlorenen II. Weltkrieg in Trümmern. Sämtliche staatlichen Strukturen sind vorerst zusammengebrochen. Die Siegermächte haben das Land in vier Besatzungszonen mit jeweils eigenen Militärverwaltungen aufgeteilt. Aus Sorge vor Racheakten und Partisanen, den sogenannten „Wehrwölfen“, ist die Reisefreiheit zunächst innerhalb und besonders zwischen den einzelnen Zonen erheblich eingeschränkt.
Neustart nach dem Zusammenbruch
Bereits im Winter 1947/48 verlauten aus der sowjetischen Zone die ersten Vorschläge zur Wiederbelebung des AvD. Zwar wird die Idee auch in den westlichen Zonen von einstigen AvD Mitgliedern gerne aufgegriffen, doch die Umsetzung beansprucht neben erheblichem Engagement auch viel Zeit. Hinzu kommt, dass die ehemaligen Mitglieder von AvD und DAC durch die Kriegswirren mehrheitlich in alle Winde verstreut sind und mangels eines zuverlässigen Meldewesens teils nicht auffindbar sind, teils in Internierung oder Gefangenschaft sitzen und teils im Exil leben. Dennoch findet sich eine Gruppe von Optimisten, die überzeugt sind, den Geist des ursprünglichen AvD wieder erwecken zu können. Mit viel persönlichem Einsatz, tatkräftiger Initiative und entschlossenem Zupacken gelingt es ihnen, die Grundlage für den Wiederaufbau zu schaffen.
Allen Widerständen zum Trotz
Mitte Mai 1948 kommt es zu einem Treffen von Verleger August Christ, Georg Zettritz und dem Ministerialrat Dr. Eras, bei dem die Grundlagen und die Zielsetzung einer Wiedergründung besprochen werden. Für den 5. Juni 1948 wird das erste informelle Treffen im Wiesbadener Hansa-Hotel einberufen – einschließlich der Bitte an die Teilnehmer, Getränke und Verpflegung selbst mitzubringen. Doch obgleich die Idee der Wiedererweckung unter den Teilnehmern sofort begeisterte Zustimmung erfährt, hängt der Erfolg kurz vor der bereits absehbaren Währungsreform am sprichwörtlich seidenen Faden. Der Erfolg der Bemühungen stellt sich dennoch ein: Binnen weniger Wochen schreiben sich Hunderte ehemalige AvD-Mitglieder in die Listen für die Neugründung ein und der Gründungsfonds sammelt 40.000 Deutsche Mark (DM).
Erstes AvD Präsidium vereint zahlreiche große Namen
Am 6. November 1948 kommt es im Saal des Kurhauses von Königstein im Taunus zur Wiedergründungsversammlung des Automobilclub von Deutschland e. V.: Es wird eine neue AvD Satzung verabschiedet und ein Präsidium sowie ein Repräsentanten-Ausschuss als Vertretung der angeschlossenen Ortsvereine gewählt. Der ehemalige hessische Ministerpräsident und Rektor der Universität Heidelberg, Professor Dr. Karl Geiler, wird zum vierten Präsidenten in der AvD Geschichte gewählt. Als Vizepräsidenten fungieren Carl Max Graf von und zu Sandizell sowie Georg Zettritz, als Sportpräsident der Rennfahrer Manfred von Brauchitsch. Zu den weiteren Funktionsträgern zählen unter anderem Dr. Heinrich von Brentano, Bundesaußenminister im ersten Kabinett Adenauer, sowie Dr. Harald Koch, Hessischer Minister für Verkehr und Wirtschaft.
Neue Heimat in Frankfurt am Main
Da das ehemalige AvD Haus in Berlin dem Krieg zum Opfer gefallen war, die Hauptstadt durch die Blockade der Sowjets nicht zu erreichen ist und über die Luftbrücke versorgt werden muss, sucht der wiedergegründete AvD eine neue Heimat in Frankfurt am Main. Als Übergangsquartier nutzt der Club zunächst zwei Räume, die ihm der in Gründung befindliche Deutsche Turner-Bund in der Arndtstraße 9 zur Verfügung stellt. Aufgrund der allgemein schlechten Versorgungslage müssen anfänglich Holz und Kohlen zum Heizen der Räume von den Beschäftigten selbst mitgebracht werden. Dennoch ist man so erfolgreich, dass bald auch in München, Baden-Baden, Düsseldorf, Köln, Krefeld, Hagen, Dortmund, Essen, Aachen, Wiesbaden, Braunschweig, Bremen, und Hamburg Orts- bzw. Korporativclubs wieder ins Leben gerufen werden. Bis Ende 1949 steigt die Mitgliederzahl von 483 auf 1.541 Personen und überspringt im Verlauf des Jahres 1952 dann die 4.000er-Marke. In diesem Jahr bezieht der AvD zudem sein erstes eigenes Clubhaus der Nachkriegszeit in der Fürstenberger Straße im Frankfurter-Westend. Doch schon bald wird das Gebäude zu klein. Bereits 1955 wechselt der AvD seinen Sitz in eine mondäne Stadtvilla am Mainufer. Ende der 1960er Jahre manifestiert sich die positive Entwicklung des AvD in dem Beschluss ein eigenes Bürogebäude als neue Clubzentrale in Frankfurt Niederrad (Lyoner Straße) zu bauen. Dessen moderner Entwurf orientiert sich deutlich an der richtungsweisenden US-amerikanischen Architektur jener Zeit und kann als Ausdruck des Optimismus gelten. Bis heute ist der Automobilclub von Deutschland in Frankfurt am Main beheimatet. Im Jahr 2017 wird die neue Hauptverwaltung in der Goldsteinstraße 237 im Frankfurter-Quartier Goldstein fertigstellt und bezogen. Hier ist der Club auch heute beheimatet und vertritt von hier aus die Interessen der Autofahrerinnen und Autofahrer.
AvD – Die Mobilitätsexperten seit 125 Jahren
Als traditionsreichste automobile Vereinigung in Deutschland bündelt und vertritt der AvD seit 1899 die Interessen der Autofahrer. Bereits 1904 gehört der Club zu den vier Gründern der IAA in Frankfurt und führte das internationale Gordon-Bennett-Rennen in Bad Homburg durch. Außerdem zählt der Automobilclub zu jenen 13 Vereinigungen, die 1904 in Bad Homburg mit der AIACR jenen Verband gründeten, aus dem später der Automobilweltverband FIA (Fédération Internationale de l’Automobile) hervorging. 1918 erfindet der AvD die erste Kfz-Versicherung und die von ihm ab 1924 ausgestellte Bestallungsurkunde für Kraftfahrer gilt als Vorläufer des heutigen Führerscheins. Am 11. Juli 1926 veranstaltet der AvD auf der AVUS in Berlin den 1. Großen Preis von Deutschland, für dessen Austragung er bis heute über 75-mal als sportlicher Ausrichter verantwortlich ist. Im Jahr 2022 startet die AvD Drift-Championship, die sich als Teil einer jungen Motorsportdisziplin international wachsender Beliebtheit erfreut. Mit seiner breiten Palette an Services wie der weltweiten Pannenhilfe, einschließlich einer eigenen 24/7-Notrufzentrale, weltweitem Auto- und Reiseschutz, Fahrertrainings sowie attraktiven Events unterstützt der AvD die Mobilität seiner Mitglieder und fördert die allgemeine Verkehrssicherheit. Heute betreut Deutschlands traditionsreichster Automobilclub seine rund 1,4 Millionen Mitglieder und Kunden ebenso persönlich wie individuell in allen Bereichen der Mobilität und steht für Leidenschaft rund ums Auto.
Automobilclub von Deutschland e.V.
Fotos: Automobilclub von Deutschland e.V.