Israel gibt Tötung von Hamas-Militärchef Deif bekannt - Furcht vor Eskalation
Einen Tag nach dem gewaltsamen Tod von Hamas-Anführer Ismail Hanija im Iran hat Israel die Tötung von Hamas-Militärchef Mohammed Deif bekanntgegeben. Nach einer "Analyse der Geheimdienstinformationen" könne bestätigt werden, dass Deif bei einem Luftangriff am 13. Juli in der Region Chan Junis im südlichen Gazastreifen "eliminiert" worden sei, erklärte die Armee am Donnerstag. Nach der Tötung von Hanija - für die Teheran Israel verantwortlich macht - und nun dem Tod von Deif wuchs international die Sorge, dass die Hamas und Teheran Vergeltung üben könnten.
Deif habe "das Massaker am 7. Oktober initiiert, geplant und ausgeführt", hieß es in der Erklärung des israelischen Militärs. Zudem sei er für zahlreiche weitere Angriffe auf Israel verantwortlich. Deif war nach israelischen Angaben neben dem am Mittwoch im Iran getöteten Hanija und dem im Gazastreifen vermuteten Jahja Sinwar einer der Hauptdrahtzieher des Großangriffs der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober, der den Gazakrieg auslöste.
Bei dem Luftangriff am 13. Juli, bei dem Deif laut israelischer Armee getötet wurde, hatten die israelischen Streitkräfte mutmaßlich eine 900 Kilogramm schwere Bombe eingesetzt. Der Angriff hinterließ einen tiefen Krater, nach Angaben des von der Hamas geleiteten Gesundheitsministeriums im Gazastreifen wurden dabei mehr als 90 Menschen getötet. Das Ministerium hatte damals allerdings verneint, dass Deif unter den Opfern sei.
Deif war der Anführer der Essedin-al-Kassam-Brigaden, des bewaffneten Arms der Hamas. Seit fast drei Jahrzehnten galt er in Israel als einer der meistgesuchten Männer. Die USA setzten ihn 2015 auf eine Fahndungsliste mit "internationalen Terroristen". Deif war an der Seite Jahja Sinwars tätig, der als Chef der Hamas innerhalb des Gazastreifens gilt.
Bei dem Hamas-Großangriff am 7. Oktober auf Israel waren israelischen Angaben zufolge 1197 Menschen getötet und 251 weitere von Kämpfern der Hamas und weiterer militanter Palästinensergruppen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt worden. Israel reagierte auf den Angriff mit einem massiven Militäreinsatz im Gazastreifen. Nach Angaben der Hamas, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden seither dort mehr als 39.400 Menschen getötet.
In der iranischen Hauptstadt Teheran wurden am Donnerstag unterdessen Trauerfeierlichkeiten für Hamas-Chef Hanija abgehalten. Wie ein AFP-Korrespondent berichtete, versammelten sich bei einer Prozession zu seinen Ehren tausende Menschen. Unter ihnen waren auch der iranische Präsident Massud Peseschkian sowie der Chef der mächtigen Revolutionsgarden, Hussein Salami.
Der Iran machte Israel für den Angriff verantwortlich, israelische offizielle Stellen äußerten sich zu Hanijas Tötung nicht. Irans geistlicher Führer Ayatollah Ali Chamenei befahl nach Informationen der "New York Times" bereits am Mittwoch bei einer Sondersitzung des nationalen Sicherheitsrats einen direkten Vergeltungsangriff auf Israel.
US-Außenminister Antony Blinken rief bei einem Besuch in der Mongolei zur Deeskalation auf. Ziel müsse weiterhin ein Waffenstillstand im Gazastreifen sein, für den "alle Parteien miteinander reden und eskalierende Handlungen beenden" müssten, sagte er.
Am Dienstag hatte die israelische Armee nach eigenen Angaben den ranghöchsten Militärkommandeur der vom Iran finanzierten und bewaffneten libanesischen Hisbollah-Miliz getötet. Fuad Schukr wurde in der libanesischen Hauptstadt Beirut von einem Geschoss getroffen. Israel machte Schukr für den Raketenangriff auf die Ortschaft Madschd al Schams auf den Golanhöhen verantwortlich, bei dem am vergangenen Samstag zwölf Kinder und Jugendliche getötet worden waren.
Im April hatte der Iran Israel erstmals direkt von seinem Staatsgebiet aus militärisch attackiert. Nach israelischen Angaben setzte Teheran dabei mehr als 300 Drohnen und Raketen ein. Israel wehrte fast sämtliche Geschosse ab, auch dank der Unterstützung der USA, Großbritanniens, Frankreichs und Jordaniens.
Eine Woche nach dem iranischen Angriff auf Israel ereigneten sich in der zentraliranischen Provinz Isfahan mehrere Explosionen, bei denen es sich US-Medien zufolge um eine Reaktion Israels auf den iranischen Beschuss handelte. Teheran wies diese Darstellung jedoch zurück, Israel äußerte sich nicht dazu.
se/ju SID