Nach der Flucht von Bangladeschs Regierungschefin Scheich Hasina in Folge wochenlanger Studentenproteste hat sich Friedensnobelpreisträger Muhammed Yunus dazu bereit erklärt, eine Übergangsregierung anzuführen. "Der Wunsch der Protestierenden, eine Übergangsregierung anzuführen, ehrt mich," erklärte Yunus am Dienstag gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. "Wenn in Bangladesch Handlung gefordert ist, für mein Land und für den Mut meines Volkes, dann werde ich handeln," sagte er.
"Die Übergangsregierung ist nur der Anfang. Wirkliche Befriedung kann es nur mit freien Wahlen geben. Ohne Wahlen gibt es keinen Wandel," fügte Yunus hinzu.
Die Bewegung Studenten gegen Diskriminierung (SAD), die die Anti-Regierungsproteste angeführt hatte, brachte den Wirtschaftswissenschaftler als Übergangsregierungschef ins Spiel. "Wir vertrauen Dr. Yunus," erklärte Asif Mahmud, ein SAD-Anführer. Armeechef Waker-Uz-Zaman sagte am Dienstag, er wolle mit den Studenten über den Vorschlag beraten.
Yunus gilt seit Längerem als politischer Widersacher von Hasina. Gegen ihn laufen mehr als hundert Gerichtsverfahren, die Unterstützer als politische Verfolgung kritisierten. Der heute 84-Jährige hatte in den 1980er Jahren die Grameen Bank gegründet, die Mikrokredite an die ärmsten Menschen in Bangladesch vergibt. 2006 wurde dem Wirtschaftswissenschaftler dafür der Friedensnobelpreis verliehen.
Der Armeechef hatte nach der Flucht Hasinas die Bildung einer Übergangsregierung angekündigt. Zudem löste Präsident Mohammed Shahabuddin das Parlament auf und ordnete die Freilassung von Oppositionsführerin Khaleda Zia aus dem Hausarrest an.
Ursprünglich waren die Demonstranten gegen eine Quotenregelung für die Vergabe von Jobs im öffentlichen Dienst auf die Straße gegangen, die ihrer Ansicht nach Unterstützer von Hasina bevorzugte. Nach und nach wurde dann der Rücktritt der seit 2009 amtierenden Regierungschefin das Ziel der Protestbewegung. In den vergangenen Wochen gingen Millionen Menschen auf die Straße.
Dabei kam es zu Gewalt zwischen Anhängern und Gegnern der Regierung, zudem schossen Sicherheitskräfte mit Gewehren in die Menge. Allein am Montag waren mindestens 113 Menschen getötet worden. Es war der blutigste Tag seit Beginn der Massenproteste Anfang Juli. Nach AFP vorliegenden Zahlen wurden insgesamt mindestens 413 Menschen getötet.
Kommentar: Yunus' Herausforderung – Hoffnungsträger in stürmischen Zeiten
"Ein Nobelpreisträger gegen die Unruhen"
Muhammed Yunus steht vor einer enormen Herausforderung. Als Friedensnobelpreisträger und Gründer der Grameen Bank hat er viel erreicht, doch die Führung einer Übergangsregierung inmitten von Chaos und Gewalt ist eine ganz andere Aufgabe. "Wenn in Bangladesch Handlung gefordert ist, für mein Land und für den Mut meines Volkes, dann werde ich handeln," sagte Yunus. Diese Worte klingen vielversprechend, aber die Realität wird es zeigen müssen.
Yunus' Erfahrung und internationale Anerkennung könnten helfen, Vertrauen aufzubauen und den Weg für freie Wahlen zu ebnen. Doch die Frage bleibt: Kann ein Mann, der von der bisherigen Regierung als Feind betrachtet wird, wirklich die Nation vereinen? Die kommenden Wochen und Monate werden entscheidend sein.
Wer ist Muhammed Yunus?
Muhammed Yunus ist ein bangladeschischer Wirtschaftswissenschaftler und Gründer der Grameen Bank. Geboren am 28. Juni 1940, ist er bekannt für seine Arbeit im Bereich der Mikrokredite, mit denen er Millionen Menschen in Bangladesch geholfen hat, aus der Armut zu entkommen. 2006 wurde ihm für seine Bemühungen der Friedensnobelpreis verliehen.
Offizielle Website von Muhammed Yunus: Grameen Bank
Was ist die Grameen Bank?
Die Grameen Bank ist eine Mikrofinanzorganisation und Bank in Bangladesch. Sie wurde von Muhammed Yunus gegründet und vergibt Kleinkredite an arme Menschen ohne die Notwendigkeit von Sicherheiten. Die Grameen Bank hat weltweit Anerkennung für ihre innovative Methode zur Armutsbekämpfung erhalten.
Offizielle Website der Grameen Bank: Grameen Bank
OZD
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Bild: AFP