Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat Pläne zur Einführung von Gesichtserkennungssoftware für das Bundeskriminalamt (BKA) und die Bundespolizei vorgestellt, die besonders bei der Bekämpfung von Terrorismus und schwerer Kriminalität eingesetzt werden sollen. Dieser Vorstoß stößt auf ein gemischtes Echo in der Politik und der Gesellschaft.
Während der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) die Initiative begrüßt und auf die Notwendigkeit solcher Instrumente zur effektiven Verbrechensbekämpfung hinweist, sehen die Grünen und die FDP die Pläne kritisch. Konstantin von Notz, stellvertretender Vorsitzender der Grünen-Bundestagsfraktion, warnte vor "verfassungsrechtlich tiefgreifenden Fragen" und betonte, dass der Koalitionsvertrag eine klare Absage an biometrische Überwachung im öffentlichen Raum enthalte.
Der digitalpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Maximilian Funke-Kaiser, äußerte ebenfalls Bedenken. Er kritisierte, dass Faesers Gesetzentwurf bislang nicht innerhalb der Bundesregierung abgestimmt und dem Bundestag vorgelegt wurde. "Es bleibt unklar, wie diese Pläne mit den klaren Vorgaben des Koalitionsvertrags - wie der Ablehnung der biometrischen Überwachung im öffentlichen Raum und der Wahrung des Rechts auf Anonymität im Internet - vereinbar sein sollen," sagte Funke-Kaiser.
Faesers Pläne sehen vor, dass die neuen Befugnisse es den Ermittlungsbehörden ermöglichen, Bildmaterial aus dem Bereich des islamistischen Terrorismus oder anderer schwerer Straftaten automatisiert zu analysieren, um Verdächtige zu identifizieren. Marcel Emmerich, Obmann der Grünen-Bundestagsfraktion im Innenausschuss, forderte, dass "hoch-sensible Daten unschuldiger Personen durch KI-Systeme nicht massenhaft - oft durch intransparente Algorithmen - flächendeckend erfasst und ausgewertet werden".
Eine Sprecherin des Bundesjustizministeriums, das von Marco Buschmann (FDP) geleitet wird, erklärte, das Vorhaben sei noch in der regierungsinternen Abstimmung, weswegen das Justizministerium dazu derzeit keine Stellung nehmen könne. Sie betonte jedoch, dass der Einsatz automatisierter Gesichtserkennungssoftware den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen und im Einzelfall verhältnismäßig sein müsse.
Dirk Peglow, Vorsitzender des BDK, unterstützte die Pläne und erklärte, dass es nicht sein könne, "dass die Polizeibehörden bei der Ermittlung von unbekannten Tatverdächtigen das Internet aussparen müssen, während investigative Recherchenetzwerke es nutzen können". Er forderte eine rasche Schaffung der rechtlichen Grundlagen und technischen Voraussetzungen für eine effektive Online-Fahndung.
Hintergrund der Diskussion ist auch der Fall der ehemaligen RAF-Terroristin Daniela Klette, die trotz jahrelangen Aufenthalts in Berlin erst durch den Einsatz von Gesichtserkennungssoftware durch einen Journalisten aufgespürt wurde. Der Fall verdeutlichte die bestehenden Defizite in den Befugnissen der Ermittlungsbehörden.
OZD
OZD-Kommentar:
Balance zwischen Sicherheit und Freiheit
Die Diskussion um den Einsatz von Gesichtserkennungssoftware verdeutlicht das Spannungsfeld zwischen der Notwendigkeit effektiver Verbrechensbekämpfung und dem Schutz der Grundrechte. Während die Technologie zweifellos Potenzial hat, Straftaten aufzuklären und Terroranschläge zu verhindern, sind die damit verbundenen Risiken für die Privatsphäre und das Recht auf Anonymität im Internet nicht zu unterschätzen. Es bleibt abzuwarten, wie die Bundesregierung eine ausgewogene Lösung finden wird.
OZD-Prognose:
Die Debatte um Faesers Pläne wird in den kommenden Wochen intensiviert werden, insbesondere da die Grünen und die FDP eine detaillierte Prüfung der verfassungsrechtlichen Aspekte fordern. Die Diskussion könnte dazu führen, dass der Gesetzentwurf modifiziert wird, um eine breitere Zustimmung innerhalb der Koalition zu erreichen.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist Nancy Faeser?
Nancy Faeser ist Bundesministerin des Innern und für Heimat in Deutschland und gehört der SPD an. Seit ihrem Amtsantritt hat sie sich für eine Stärkung der inneren Sicherheit und eine Modernisierung der Polizeiarbeit eingesetzt. Dabei stößt sie mit ihren Vorschlägen immer wieder auf politische und gesellschaftliche Widerstände.
Was ist Gesichtserkennung?
Gesichtserkennung ist eine Technologie, die es ermöglicht, Personen anhand ihrer Gesichtszüge automatisiert zu identifizieren. Sie wird bereits in vielen Bereichen eingesetzt, von der Entsperrung von Smartphones bis hin zur Überwachung öffentlicher Räume. Der Einsatz im Bereich der Strafverfolgung ist jedoch stark umstritten, da er potenziell tief in die Privatsphäre der Bürger eingreift.
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Foto: AFP