Ein Feuer im Kühlturm des Atomkraftwerks Saporischschja, das sich unter russischer Kontrolle befindet, hat am Sonntag zu einem erneuten Schlagabtausch zwischen Kiew und Moskau geführt. Beide Seiten machen sich gegenseitig für den Vorfall verantwortlich, doch trotz der erhitzten Rhetorik gab die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) Entwarnung: "Es wurden keine Auswirkungen für die atomare Sicherheit gemeldet," erklärte die UN-Behörde.
Der von Russland eingesetzte Gouverneur der Region Saporischschja, Jewgeni Balizki, behauptete, das Feuer sei durch einen "Beschuss der Stadt Enerhodar durch die ukrainischen Streitkräfte" ausgelöst worden. Ukrainische Vertreter, darunter Präsident Wolodymyr Selenskyj, widersprachen dieser Darstellung vehement und beschuldigten die "russischen Besatzer", das Feuer absichtlich entfacht zu haben, um Kiew zu erpressen.
"Derzeit ist die Strahlungsbelastung innerhalb der Norm," betonte Selenskyj in seiner Stellungnahme auf X. Auch Balizki und der Pressedienst des Atomkraftwerks bestätigten, dass der "Strahlungshintergrund" um die Anlage normal sei. Das Feuer sei vollständig unter Kontrolle, und die Gefahr einer Dampfexplosion oder anderer Konsequenzen bestünde nicht, so Balizki weiter.
Die IAEA, die seit der russischen Invasion in der Ukraine Experten vor Ort stationiert hat, teilte mit, dass ihre Beobachter "starken dunklen Rauch aus dem nördlichen Bereich der Anlage" nach mehreren Explosionen gesehen hätten. Der Vorfall sei wahrscheinlich durch einen "mutmaßlichen Drohnenangriff auf einen der Kühltürme"ausgelöst worden, so die Berichte des Kraftwerks an die UN-Behörde.
Die sechs Einheiten des Atomkraftwerks befinden sich seit Herbst 2022 in einem Zustand der "Langzeitabschaltung,"nachdem das Kraftwerk aufgrund der unsicheren Lage stillgelegt wurde. Dennoch hat das Kraftwerk in den vergangenen Monaten immer wieder Schlagzeilen gemacht, da die wiederholten Zwischenfälle die internationale Sorge vor einem schweren Atomunfall verstärken.
Kiew und Moskau werfen sich regelmäßig vor, die Sicherheit des größten Atomkraftwerks in Europa zu gefährden. Während die Auseinandersetzungen um die Kontrolle der Anlage weitergehen, bleibt die Situation angespannt.
OZD
OZD-Kommentar: Saporischschja: Ein Spiel mit dem nuklearen Feuer
Der Vorfall im Atomkraftwerk Saporischschja zeigt erneut, wie gefährlich die militärische Kontrolle über kritische Infrastrukturen sein kann. Beide Seiten, Kiew und Moskau, schieben sich die Schuld zu, während die Internationale Atomenergiebehörde beruhigt, dass keine Strahlengefahr besteht. Doch die zunehmenden Zwischenfälle rund um das Kraftwerk sind mehr als nur Propaganda – sie sind potenziell katastrophal. Die internationale Gemeinschaft muss dringend handeln, um den Schutz solcher Anlagen zu gewährleisten und das Risiko eines nuklearen Desasters zu minimieren. Es stellt sich die Frage, wie lange die Nerven aller Beteiligten noch halten und welche Konsequenzen ein Fehler haben könnte.
OZD-Prognose: In den kommenden Wochen ist mit einer weiteren Eskalation der Spannungen rund um das Atomkraftwerk Saporischschja zu rechnen, da beide Seiten weiterhin versuchen werden, die internationale Gemeinschaft auf ihre Seite zu ziehen. Die IAEA könnte unter Druck geraten, ihre Präsenz in der Anlage zu verstärken, um die Lage zu stabilisieren.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist Wolodymyr Selenskyj? Wolodymyr Selenskyj ist der Präsident der Ukraine seit Mai 2019. Zuvor war er als Schauspieler und Produzent tätig und erlangte internationale Bekanntheit durch seine Rolle in der TV-Serie "Diener des Volkes". Seit der russischen Invasion in der Ukraine steht Selenskyj im Mittelpunkt der globalen Aufmerksamkeit. Weitere Informationen finden Sie auf der offiziellen Website des ukrainischen Präsidenten.
Was ist die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA)? Die IAEA ist eine autonome internationale Organisation, die 1957 gegründet wurde und ihren Sitz in Wien hat. Sie fördert die friedliche Nutzung der Kernenergie und sorgt für nukleare Sicherheit weltweit. Ihre Mission ist es, sicherzustellen, dass Kernmaterialien nicht für militärische Zwecke missbraucht werden. Weitere Informationen finden Sie auf der offiziellen Website der IAEA.
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Foto: AFP