Die Bundesregierung hat beschlossen, keine neuen Hilfszahlungen für die Ukraine bereitzustellen. In der aktuellen Haushaltsplanung sind keine weiteren Gelder vorgesehen, über die bereits zugesagten Summen hinaus. Diese Entscheidung basiert auf Vorgaben des Kanzleramtes und des vom FDP-geführten Bundesfinanzministerium. Demnach können zusätzliche Ausgabenwünsche des Verteidigungsministeriums für die Ukraine nicht mehr bewilligt werden.
"Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat am 5. August einen entsprechenden Brief an Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) weitergegeben. Darin heißt es, 'neue Maßnahmen' dürften nur dann eingegangen werden, wenn sie in den Haushaltsplänen für dieses und die kommenden Jahre 'eine Finanzierung gesichert' haben. Dabei solle sichergestellt werden, 'dass die Obergrenzen eingehalten werden.'"
Für das laufende Jahr sind die Mittel für die Ukraine, die rund acht Milliarden Euro betragen, bereits weitgehend verplant. Diese seien jedoch "noch nicht vollständig verausgabt", erklärte ein Koalitionsabgeordneter des Haushaltsausschusses am Samstag gegenüber AFP. Die geplante Höchstgrenze für das kommende Jahr liegt bei vier Milliarden Euro.
Die Planung der Bundesregierung sieht vor, dass die Unterstützung für die Ukraine, die für 2025 vorgesehenen vier Milliarden Euro, aus einem neuen internationalen Topf finanziert wird. Dieser Topf soll, wie von der G7-Staatengruppe kürzlich vereinbart, eingefrorene russische Vermögenswerte, die sogenannten "windfall profits", nutzen.
"Entscheidend" sei in der Frage der Ukraine-Hilfen, "dass darüber hinaus die G7 bei ihrem Gipfeltreffen im Juni in Italien beschlossen haben, der Ukraine eine zusätzliche Finanzhilfe in Höhe von rund 50 Milliarden Dollar zur Verfügung zu stellen – unter Nutzung der sogenannten 'windfall profits' aus immobilisierten Vermögenswerten der russischen Zentralbank," erklärte eine Regierungssprecherin in Berlin auf Anfrage.
Diese Finanzhilfe werde "auf die Bedürfnisse der Ukraine in den Bereichen Militär, Haushalt und Wiederaufbau ausgerichtet", fügte die Sprecherin hinzu. Die Angaben zum Verzicht auf zusätzliche Unterstützungszahlungen aus dem Bundeshaushalt wollte sie jedoch weder bestätigen noch dementieren.
Mitglieder des Haushaltsausschusses bestätigten die Angaben. "Die Finanzierung der Ukraine-Hilfen wird gemäß des G7-Beschlusses über einen neuen Topf erfolgen. Wir arbeiten intensiv daran, dass die Mittel ab 2025 verfügbar sind," sagte der FDP-Haushälter Karsten Klein zu AFP.
Der SPD-Haushaltsexperte Andreas Schwarz erklärte gegenüber der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS), dass derzeit keine neuen Bestellungen für die Ukraine ausgelöst werden könnten, da diese finanziell nicht mehr abgedeckt seien. CDU-Haushaltspolitiker Ingo Gädechens kritisierte das Vorgehen und warf der Regierung vor, die finanzielle und militärische Unterstützung der Ukraine abrupt eingefroren zu haben.
Offenbar können deshalb in diesem Jahr notwendige zusätzliche Militärhilfen im Wert von knapp vier Milliarden Euro nicht geleistet werden. Das Verteidigungsministerium hatte diese Summe für den Erwerb von Militärausrüstung für die Ukraine eingeplant, doch Kanzleramt und Finanzministerium seien dagegen.
Innerhalb der Bundesregierung führten die Sparvorgaben zu Unstimmigkeiten. Minister Pistorius hatte eine detaillierte Wunschliste für die erbetenen knapp vier Milliarden an zusätzlicher Ukraine-Hilfe aufstellen lassen, die jedoch nach einer Intervention des Kanzleramtes nicht vorgelegt wurde.
FDP-Haushälter Klein kritisierte, dass das SPD-geführte Verteidigungsministerium seine genauen Bedarfe für die Ukraine-Hilfen im kommenden Haushalt noch nicht vorgelegt habe. Dies werde in den anstehenden Haushaltsberatungen eine Rolle spielen, sagte er AFP. "Die SPD sollte intern klären, warum zum wiederholten Male Bedarfe des Verteidigungsministeriums für die Ukraine nicht bei den Verhandlungen angemeldet werden," mahnte Klein.
Die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt äußerte sich skeptisch zu den Haushaltsplanungen: "Es liegt in unserem eigenen Sicherheitsinteresse, dass Putin den Krieg gegen die Ukraine verliert. Die Ukraine braucht deshalb weiterhin die volle Unterstützung unseres Landes – mit Finanzhilfe, mit Waffen, mit Diplomatie."
OZD / ©AFP
OZD-Kommentar:
Schwierigkeitsgrad der finanziellen Unterstützung – eine strategische Entscheidung?
Die Entscheidung der Bundesregierung, keine neuen Hilfszahlungen für die Ukraine zu leisten, markiert einen bedeutenden Richtungswechsel in der Finanzierungsstrategie. Während der Fokus auf die Nutzung eingefrorener russischer Vermögenswerte für zukünftige Unterstützung gerichtet wird, stellt sich die Frage, ob diese Maßnahme den dringenden Bedarf an militärischer und humanitärer Hilfe decken kann. Die Verlagerung der Mittel könnte die geopolitische Position Deutschlands und die internationale Solidarität beeinträchtigen.
OZD-Prognose:
In den kommenden Wochen wird die Diskussion um die Ukraine-Hilfen in der politischen Landschaft an Schärfe gewinnen. Die Umsetzung der G7-Vereinbarung zur Nutzung eingefrorener russischer Vermögenswerte wird im Fokus stehen. Auch die internen Auseinandersetzungen innerhalb der Bundesregierung könnten zu weiteren Verzögerungen oder Anpassungen in der Unterstützungspolitik führen.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist Christian Lindner?
Christian Lindner ist der Bundesminister der Finanzen und Vorsitzender der Freien Demokratischen Partei (FDP). Seit 2021 leitet er das Finanzministerium der Bundesrepublik Deutschland. Weitere Informationen finden Sie auf der offiziellen Website von Christian Lindner.
Wer ist Boris Pistorius?
Boris Pistorius ist der Bundesminister der Verteidigung der Bundesrepublik Deutschland und gehört der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) an. Weitere Informationen finden Sie auf der Website des Bundesministeriums der Verteidigung.
Was ist die G7-Staatengruppe?
Die G7-Staatengruppe (Gruppe der Sieben) ist ein Forum für die sieben führenden Industrieländer: Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, Großbritannien und die USA. Weitere Informationen finden Sie auf der Wikipedia-Seite zur G7.
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Foto: JOHN MACDOUGALL / AFP