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Linke-Spitze tritt zurück: Wissler und Schirdewan ebnen Weg für Neuanfang

Die scheidenden Parteivorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan bereiten die Linke mit ihrem Rücktritt auf einen personellen Neuanfang und eine inhaltliche Schärfung vor. Trotz bevorstehender Wahlen sollen neue Kräfte das Profil der Partei prägen.

Die scheidenden Parteivorsitzenden der Linken, Janine Wissler und Martin Schirdewan, haben mit ihrer Rücktrittsankündigung einen personellen Neuanfang eingeleitet, der das inhaltliche Profil der Partei schärfen soll. „Es gibt in der Partei den großen Wunsch nach einem personellen Neuanfang,“ erklärte Schirdewan am Montag in Berlin. Trotz des unglücklichen Zeitpunkts vor den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg sieht er die Notwendigkeit, frische Kräfte ins Spiel zu bringen.

Wissler betonte die „starke kommunale Verankerung“ der Linken und die wieder auf über 50.000 gestiegene Mitgliederzahl. Sie räumte ein, dass der Rücktritt kurz vor den Wahlen nicht ideal sei, doch sei die Zeit nach der Wahl in Brandenburg zu knapp für einen geordneten Übergang bis zum Parteitag im Oktober gewesen.

Interessierte Kandidaten sollen bis zum 8. September ihre Bewerbungen einreichen können, bevor sie sich auf Regionalkonferenzen vorstellen. „Wer kandidieren möchte, braucht dazu die Unterstützung eines Landesverbands,“erklärte Wissler, ließ aber offen, dass Initiativbewerbungen auf dem Parteitag selbst möglich seien.

Die Linke hat bereits erste inhaltliche Weichen für den Neustart gestellt. Schirdewan betonte, dass die Partei ihren „Fokus auf soziale Kompetenz“ legen müsse, wobei Themen wie bezahlbarer Wohnraum, Gesundheitsversorgung und gute Arbeit im Mittelpunkt stehen. Zudem bekräftigte er das Bekenntnis der Linken zum Schutz der Menschenrechte und zum Asylrecht. „Die Linke wird an der Seite der Menschen kämpfen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen,“so Wissler.

Eine klare Abgrenzung zog Schirdewan vom Russland-freundlichen Kurs des von Sahra Wagenknecht gegründeten Bündnisses. Die Linke sei „eine antimilitaristische Friedenspartei,“ die den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine „ohne Wenn und Aber verurteilt.“ Der Eindruck, die Linke messe zugunsten Russlands mit zweierlei Maß, sei durch diejenigen entstanden, „die jetzt nicht mehr in der Partei sind,“ fügte Wissler hinzu. Beide Vorsitzenden machten die Gruppe um Wagenknecht für viele der internen Streitigkeiten verantwortlich, die das öffentliche Bild der Partei geprägt haben.

Für die Zukunft nennt die Parteiführung den Wiedereinzug in den Bundestag 2025 als zentrales Ziel. Bei den kommenden Landtagswahlen strebt die Linke an, das Ministerpräsidentenamt von Bodo Ramelow in Thüringen zu verteidigen und in Sachsen sowie Brandenburg möglichst stark in die Landtage einzuziehen.

Bodo Ramelow, Ministerpräsident von Thüringen, begrüßte den Rücktritt als „absolut notwendigen Schritt“ und kritisierte das bisherige Nebeneinander der Parteistrukturen: „Bisher waren Parteivorstand, der Parteirat und die Landesverbände auf verschiedenen Planeten unterwegs, während die Bundestagsfraktion sich wie ein eigenes Sonnensystem aufgeführt hat.“ Er forderte eine engere Zusammenarbeit innerhalb der Partei.

OZD / ©AFP


OZD-Kommentar:

Ein Neuanfang mit Herausforderungen

Der Rückzug von Wissler und Schirdewan markiert eine bedeutende Zäsur in der Geschichte der Linken. Während der personelle Neuanfang und die geplante inhaltliche Schärfung dringend notwendig erscheinen, kommen diese Schritte zu einem heiklen Zeitpunkt. Die Partei steht vor entscheidenden Wahlen, und der Erfolg der neuen Führung wird maßgeblich davon abhängen, ob sie die breite Basis mobilisieren und gleichzeitig klare Antworten auf drängende gesellschaftliche Fragen geben kann. Der Spagat zwischen einer Rückbesinnung auf soziale Themen und der notwendigen Abgrenzung von radikalen Strömungen innerhalb und außerhalb der Partei wird die kommende Führung stark fordern.

OZD-Prognose:

In den nächsten Wochen werden die Regionalkonferenzen zeigen, welche Kandidaten das Vertrauen der Basis gewinnen können. Der Wahlkampf in Thüringen wird zum Testfall, ob die Partei geschlossen hinter ihren neuen Führungskräften stehen kann. Ein Erfolg bei den Landtagswahlen könnte den Neustart beflügeln, während ein Scheitern den Druck auf die neue Parteispitze erhöhen würde.

Biographien und Erklärungen:

Wer ist Janine Wissler?
Janine Wissler ist eine deutsche Politikerin der Linken und seit 2021 gemeinsam mit Martin Schirdewan Parteivorsitzende. Sie gilt als Vertreterin des linken Flügels der Partei und war zuvor Fraktionsvorsitzende im hessischen Landtag. Janine Wissler

Wer ist Martin Schirdewan?
Martin Schirdewan ist ein deutscher Politiker und Mitglied der Linken. Er wurde 2021 gemeinsam mit Janine Wissler zum Parteivorsitzenden gewählt. Zuvor war er Abgeordneter im Europäischen Parlament. Martin Schirdewan

Was ist die Partei Die Linke?
Die Linke ist eine deutsche Partei, die 2007 aus der Fusion der PDS und der WASG hervorgegangen ist. Sie versteht sich als sozialistische und sozialdemokratische Partei und setzt sich für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Umweltschutz ein. Die Linke

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Foto: TOBIAS SCHWARZ / AFP