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Bertelsmann-Stiftung schlägt Alarm: Krankenstand in Kitas auf Rekordniveau - Kaum noch Betreuung

Die Zahl der krankheitsbedingten Fehltage von Kitabeschäftigten ist laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung drastisch gestiegen. 2023 lagen diese im Schnitt bei knapp 30 Tagen. Die Stiftung fordert dringend Maßnahmen der Politik.

Die Zahl der krankheitsbedingten Fehltage von Kitabeschäftigten hat in den vergangenen drei Jahren stark zugenommen. "Zwischen 2021 und 2023 stieg die Zahl der Fehltage um rund 26 Prozent," berichtet die Bertelsmann-Stiftung in einer Analyse, die am Dienstag in Gütersloh veröffentlicht wurde. Im Jahr 2023 waren Beschäftigte in der Kinderbetreuung und -erziehung im Durchschnitt knapp 30 Tage krankgeschrieben – deutlich mehr als der Durchschnitt aller Berufsgruppen, der bei 20 Tagen lag.

"Viele Kitas in Deutschland stecken mittlerweile in einem Teufelskreis," warnt Anette Stein, Expertin der Bertelsmann-Stiftung. "Wenn immer mehr Fachkräfte ausfallen, erhöht sich die Belastung für die übrigen Beschäftigten weiter." Dies führe dazu, dass in vielen Einrichtungen an gute frühkindliche Betreuung und Bildung nicht mehr zu denken sei. Die Stiftung fordert daher, dass die Politik Maßnahmen ergreift, um eine verlässliche Regelung zur Finanzierung von Krankheitsvertretungen durch qualifiziertes Personal gesetzlich zu verankern.

Die Auswertung der Bertelsmann-Stiftung basiert auf Daten der Krankenkassen und zeigt, dass vor allem die Ausfalltage aufgrund psychischer Erkrankungen im Kitabereich seit 2021 stark gestiegen sind. Diese liegen mittlerweile deutlich über dem Durchschnitt aller Berufsgruppen. "Psychisch bedingte Arbeitsunfähigkeit ist mittlerweile der zweithäufigste Grund für Krankschreibungen bei Kitabeschäftigten," so die Analyse. Nur Atemwegsinfekte verursachten noch mehr Fehltage.

Der Krankenstand im Kitabereich war 2023 mit etwa acht Prozent viel höher als im Mittelwert aller Branchen, der bei rund sechs Prozent lag. Die Stiftung und das sogenannte Fachkräfteforum, ein Zusammenschluss von Kitabeschäftigten und Fachleuten, fordern daher eine verlässliche Regelung für Vertretungen. "Bund und Länder müssen sich auf gemeinsame Standards einigen, die einen Ersatz durch qualifiziertes Personal bei Ausfällen garantieren," erklärten beide.

Für eine flächendeckende Umsetzung dieser Standards müssten bundesweit zusätzlich knapp 97.000 Vollzeitkräfte eingestellt werden. In Ostdeutschland könnten jedoch freiwerdende pädagogische Fachkräfte aufgrund sinkender Kinderzahlen für solche Vertretungen genutzt werden, sofern die gesetzlichen Grundlagen dafür geschaffen werden.

In Regionen mit fehlendem Personal müsse zudem verhindert werden, "pädagogisch unzureichend qualifizierte Mitarbeitende auf die Personalbemessung anzurechnen," warnten die Stiftung und das Fachkräfteforum. Dieser Trend sei vor allem in westdeutschen Bundesländern zu beobachten.

OZD / © AFP

Kommentar: Handlungsbedarf in der Kitabranche

Die alarmierenden Zahlen aus der Bertelsmann-Studie verdeutlichen einen massiven Handlungsbedarf im Bereich der frühkindlichen Betreuung in Deutschland. Die steigenden Fehltage von Kitabeschäftigten sind nicht nur ein Indikator für die gesundheitliche Belastung der Fachkräfte, sondern auch für die strukturellen Mängel im System. Es wird immer deutlicher, dass ohne eine umfassende Reform, die sich nicht nur auf die Quantität, sondern vor allem auf die Qualität der Betreuung konzentriert, die frühkindliche Bildung in Deutschland gefährdet ist.

Die Forderung nach einer verlässlichen Regelung zur Finanzierung von Krankheitsvertretungen durch qualifiziertes Personal ist nur ein erster Schritt. Bund und Länder müssen gemeinsam handeln, um die Voraussetzungen für eine stabile und qualitativ hochwertige Betreuung zu schaffen. Es darf nicht zugelassen werden, dass die Lücken im Personal durch unzureichend qualifizierte Kräfte gefüllt werden.

Die OZD-Prognose

Die kommenden Monate werden zeigen, ob die Politik auf die alarmierenden Zahlen reagiert und konkrete Maßnahmen zur Unterstützung des Kitapersonals ergreift. Ohne zusätzliche Investitionen in qualifiziertes Personal und eine nachhaltige Finanzierung droht der Fachkräftemangel weiter zu eskalieren.


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Was ist die Bertelsmann-Stiftung?
Die Bertelsmann-Stiftung ist eine deutsche gemeinnützige Stiftung, die 1977 gegründet wurde. Sie setzt sich für gesellschaftliche Reformen ein und engagiert sich in den Bereichen Bildung, Wirtschaft, Gesundheit und Soziales.

Weitere Informationen:

Bertelsmann-Stiftung Offizielle Website

OZD. Alle Angaben ohne Gewähr.


Bild: Ina FASSBENDER / AFP