Das sächsische Oberverwaltungsgericht in Bautzen hat den Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) verpflichtet, einen umstrittenen Wahlwerbespot der Satirepartei Die Partei für die sächsische Landtagswahl im Radio auszustrahlen. In seiner Entscheidung vom Mittwoch wies das Gericht die Beschwerde des MDR zurück, der den Spot wegen angeblicher Verharmlosung von Gewalt nicht senden wollte.
Der Werbespot stellt laut den Gerichten ein Ehepaar dar, das die fiktive Vereidigung der neuen sächsischen Regierung im Radio verfolgt. Als der Mann hört, dass die „Faschisten wieder an der Macht“ seien, äußert er in starkem Dialekt „Diesmal schießen wir zuerst“ und beginnt, auf verschiedene Menschen zu schießen. Der Spot endet mit der Aufforderung, Die Partei zu wählen, „bevor es zu spät ist“.
Politische Parteien haben grundsätzlich das Recht, ihre Wahlwerbespots im Rahmen der ihnen zugestandenen Sendezeit ausstrahlen zu lassen. Rundfunkanstalten können jedoch Spots ablehnen, wenn diese offensichtlich gegen das Strafrecht verstoßen. Der MDR sah dies als gegeben und argumentierte, dass der Spot Gewalttätigkeiten verharmlost.
Das Verwaltungsgericht Leipzig und nun auch das Oberverwaltungsgericht Bautzen widersprachen dieser Einschätzung. Das Oberverwaltungsgericht erklärte, dass der satirische Charakter des Spots für einen unbefangenen Hörer klar erkennbar sei. Die „deutliche Überreaktion“ der dargestellten Eheleute, der „übertriebene Dialekt“ und die unnatürlich verstellte Stimme der Ehefrau machten die Satire offensichtlich. Der nüchterne Schlusssatz bestätige dies zudem.
Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts ist unanfechtbar, und der Spot muss nun vom MDR ausgestrahlt werden. Die Entscheidung fiel nur wenige Tage vor den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen, die am Sonntag kommender Woche stattfinden.
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Kommentar:
Satire oder Verharmlosung?
Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts in Bautzen setzt ein starkes Signal für die Meinungsfreiheit und den Schutz satirischer Inhalte im Wahlkampf. Obwohl der Spot der Satirepartei auf den ersten Blick provokant wirkt, erkennen die Gerichte klar, dass es sich um eine stark überzeichnete Darstellung handelt, die eher zum Nachdenken anregt als zu tatsächlicher Gewalt. In Zeiten polarisierten politischen Klimas ist es wichtig, den Unterschied zwischen satirischer Überspitzung und realer Bedrohung klar zu benennen.
Hintergrund:
Was ist die Satirepartei Die Partei?
Die Partei Die Partei wurde 2004 von Redakteuren des Satiremagazins Titanic gegründet und ist bekannt für ihre provokanten und humorvollen Aktionen. Ihr offizieller Name lautet „Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative“. Die Partei nutzt Satire, um auf politische Missstände aufmerksam zu machen und erreichte bei der Europawahl 2019 zwei Sitze im EU-Parlament.
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