Das weitgehend regierungstreue Oberste Gericht in Venezuela hat die umstrittene Wiederwahl von Präsident Nicolás Maduro offiziell bestätigt. Am Donnerstag erklärte die Gerichtspräsidentin Caryslia Rodríguez, dass das Gericht die Wahlunterlagen "auf nicht anfechtbare Weise" zertifiziert und damit die von der Nationalen Wahlkommission verkündeten Wahlergebnisse bestätigt habe. "Die Souveränität des Volkes kann nicht übertragen werden," entgegnete Oppositionskandidat Edmundo González Urrutia nur Minuten nach Verkündung des Urteils auf der Plattform X und bezeichnete das Urteil als "ungültig".
Die Opposition weigert sich, das offiziell verkündete Wahlergebnis anzuerkennen. Sie argumentiert, dass der wahre Wahlsieger González Urrutia sei und fordert die Bevölkerung zu Protesten auf. Auch viele internationale Regierungen, darunter die Europäische Union und die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), lehnen Maduros Sieg ab.
Die Nationale Wahlkommission hatte Maduro mit 52 Prozent der Stimmen zum Sieger der Wahl am 28. Juli erklärt. Doch konkrete Ergebnisse wurden nicht veröffentlicht, da die Kommission laut eigenen Angaben Opfer eines Cyberangriffs wurde. Das Oberste Gericht bestätigte nun diese Version und erklärte, es gebe "Beweise für einen massiven Cyberangriff auf das Wahlsystem".
Internationale Organisationen und Beobachter, darunter die Europäische Union und die OAS, forderten jedoch eine Offenlegung der Wahlergebnisse. Auch UN-Wahlbeobachter äußerten erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Wahl. Die Opposition gab an, Zugang zu 80 Prozent der Ergebnisse der Wahllokale gehabt zu haben, und erklärte, diese würden einen Sieg von González Urrutia belegen.
Die Situation in Venezuela spitzt sich weiter zu. Nach der umstrittenen Wahl kam es landesweit zu massiven Protesten. Nach Angaben der venezolanischen Generalstaatsanwaltschaft wurden dabei bislang 27 Menschen getötet, über 190 verletzt und 2400 Personen festgenommen.
OZD / ©AFP**
OZD-Kommentar:
Venezuela in der Krise: Demokratie am Abgrund
Das Urteil des Obersten Gerichts in Venezuela wirft einmal mehr ein düsteres Licht auf die politische Lage im Land. Dass ein regierungstreues Gericht die Wiederwahl Maduros bestätigt, während massive Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Wahl bestehen, ist ein weiterer Schritt hin zu einer autoritären Festigung der Macht. Die Opposition steht vor der schwierigen Aufgabe, den Willen des Volkes durchzusetzen, während sie gegen ein System kämpft, das fest entschlossen scheint, an der Macht zu bleiben – koste es, was es wolle.
OZD-Prognose:
In den kommenden Wochen dürfte die politische Lage in Venezuela weiter eskalieren. Die Opposition wird versuchen, den Druck auf Maduro zu erhöhen, was zu weiteren Protesten und möglicherweise zu internationalem Druck führen wird. Die Gefahr von weiterer Gewalt im Land bleibt hoch.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist Nicolás Maduro?
Nicolás Maduro ist seit 2013 Präsident von Venezuela. Er folgte auf Hugo Chávez und hat sich seitdem zunehmend als autoritärer Führer etabliert, der trotz massiver wirtschaftlicher und sozialer Krisen an der Macht festhält.
Was ist die Nationale Wahlkommission?
Die Nationale Wahlkommission Venezuelas ist die Institution, die für die Durchführung und Überwachung von Wahlen im Land verantwortlich ist. Ihre Unabhängigkeit wird jedoch stark in Frage gestellt, da sie als regierungstreu gilt. Weitere Informationen finden Sie auf der Wikipedia-Seite der Wahlkommission.
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Foto: Federico PARRA / AFP