Die Hisbollah-Miliz im Libanon hat nach eigenen Angaben als Vergeltung für die Tötung ihres Militärchefs Fuad Schukr Ende Juli einen massiven Angriff auf Israel gestartet. Die Miliz erklärte am Sonntag, sie habe zahlreiche Drohnen und Raketen auf das Nachbarland abgefeuert. Die israelische Armee reagierte mit Angriffen auf Stellungen der pro-iranischen Miliz im Südlibanon. In Israel wurde ein 48-stündiger Ausnahmezustand ausgerufen.
Laut Angaben der Hisbollah seien mehr als 320 Katjuscha-Raketen auf Israel abgefeuert worden, die elf Armeestützpunkte und Kasernen getroffen haben sollen. Es handele sich um eine „erste Reaktion“ auf die Tötung Shukrs, der am 30. Juli bei einem israelischen Luftangriff in Beirut ums Leben kam, erklärte die Miliz.
Zuvor hatte die israelische Armee berichtet, Vorbereitungen für eine „groß angelegte“ Attacke der Hisbollah beobachtet zu haben und deshalb Stellungen der Miliz im Südlibanon bombardiert. Die Armee forderte die Bewohner der Region auf, die Gebiete, in denen die Hisbollah operiert, sofort zu verlassen. „Sie sind in Gefahr. Wir greifen an und eliminieren die Bedrohung durch die Hisbollah,“ hieß es in einer auf Arabisch verfassten Botschaft der Armee im Onlinedienst Telegram.
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu berief für Sonntagmorgen eine Sitzung des Sicherheitskabinetts ein. Verteidigungsminister Joav Gallant rief einen landesweiten Ausnahmezustand aus, der ab 06.00 Uhr Ortszeit für 48 Stunden gelten soll.
Nach Angaben des israelischen Verteidigungsministeriums informierte Gallant seinen US-Kollegen Lloyd Austin über die aktuelle Lage. Das Pentagon erklärte, dass die USA „bereit sind, die Verteidigung Israels zu unterstützen.“ Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats der USA, Sean Savett, bekräftigte, dass Washington das „Recht Israels auf Selbstverteidigung“ weiter unterstütze.
Seit Beginn des Krieges im Gazastreifen infolge des Hamas-Großangriffs auf Israel am 7. Oktober haben die Kämpfe zwischen der pro-iranischen Hisbollah im Libanon und der israelischen Armee massiv zugenommen. Die Hisbollah beschießt Israels Norden nahezu täglich vom Libanon aus, und Israel reagiert darauf mit Angriffen auf Hisbollah-Ziele im Libanon.
Nach der Tötung von Hamas-Chef Ismail Hanija und Hisbollah-Militärchef Fuad Schukr Ende Juli ist die Furcht vor einer weiteren Eskalation des Konflikts groß. Der Iran und seine Verbündeten drohten Israel mit Vergeltung.
Israels Armeesprecher Daniel Hagari warnte in einer Videobotschaft, dass die Hisbollah „direkt neben den Häusern libanesischer Zivilisten“ im Süden des Landes einen „umfassenden Angriff auf Israel“ vorbereite. „Die anhaltende Aggression der Hisbollah birgt die Gefahr, dass die Bevölkerung des Libanon, die Bevölkerung Israels und die gesamte Region in eine weitere Eskalation hineingezogen werden,“ sagte Hagari.
In Tel Aviv führte die angespannte Sicherheitslage am internationalen Flughafen Ben Gurion zu Verzögerungen bei Abflügen am Sonntagmorgen. Ankommende Flüge wurden auf andere Flughäfen umgeleitet. Der deutsche Botschafter in Israel, Steffen Seibert, rief deutsche Staatsbürger in Israel zur Vorsicht auf. „Allen deutschen Landsleuten rate ich, sich in der Nähe der Wohnungen und von Schutzräumen aufzuhalten. Bitte folgen Sie den Hinweisen der Sicherheitsbehörden,“ schrieb er im Onlinedienst X.
OZD / ©AFP
OZD-Kommentar:
Gefährliche Eskalation droht
Die Eskalation zwischen Hisbollah und Israel birgt das Potenzial, den gesamten Nahen Osten in einen groß angelegten Krieg zu ziehen. Die gezielte Tötung von Führungspersonen wie Fuad Schukr und die darauffolgenden Vergeltungsmaßnahmen erhöhen die Spannungen enorm. Besonders beunruhigend ist die Tatsache, dass beide Seiten nicht nur militärische Ziele ins Visier nehmen, sondern auch die Zivilbevölkerung betroffen ist. Die Rhetorik der Hisbollah und die Reaktion Israels lassen kaum Raum für Diplomatie, was die Aussicht auf eine friedliche Lösung nahezu unmöglich erscheinen lässt. Die internationale Gemeinschaft, allen voran die USA, muss dringend intervenieren, um eine weitere Eskalation zu verhindern.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist Fuad Schukr?
Fuad Schukr war ein hochrangiger Militärchef der libanesischen Hisbollah und galt als eine der Schlüsselfiguren innerhalb der Organisation. Er spielte eine zentrale Rolle in der militärischen Strategie der Miliz und war eng mit Iran verbunden. Schukr war maßgeblich an der Planung und Durchführung von Operationen gegen Israel beteiligt. Wikipedia-Seite über Fuad Schukr.
Was ist die Hisbollah?
Die Hisbollah ist eine libanesische schiitische Miliz und politische Partei, die stark von Iran unterstützt wird. Sie wurde 1982 während des libanesischen Bürgerkriegs gegründet und hat sich seitdem zu einer der mächtigsten nichtstaatlichen militärischen Kräfte in der Region entwickelt. Die Hisbollah ist im Libanon sowohl politisch als auch militärisch aktiv und wird von vielen Ländern als terroristische Organisation eingestuft. Wikipedia-Seite über die Hisbollah.
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Foto: Jalaa MAREY / AFP