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Angst vor politischer Radikalisierung nach Solingen-Attentat: AfD könnte profitieren

Innenminister Herbert Reul und CSU-Chef Markus Söder äußern Bedenken, während Experten wie Ursula Münch die Auswirkungen auf die AfD und andere rechte Parteien analysieren.

Der mutmaßlich islamistische Anschlag von Solingen sorgt für Befürchtungen, dass die politischen Extreme in Ostdeutschland weiter gestärkt werden könnten.

Der mutmaßlich islamistische Anschlag von Solingen hat Sorge vor einer weiteren Stärkung der politischen Ränder kurz vor den Wahlen in Ostdeutschland laut werden lassen. Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte am Montag im Deutschlandfunk: "Ich befürchte, dass das eine Wirkung hat." Der Anschlag und die politische Debatte über die Konsequenzen "könnten jenen Kräften Vorschub leisten, die emotionalisieren." "Die AfD wird davon vielleicht profitieren," sagte CSU-Chef Markus Söder am Sonntagabend in der ARD.

Die Politikprofessorin Ursula Münch, Direktorin der Akademie für Politische Bildung in Tutzing, findet solche Befürchtungen berechtigt. Solche Attentate "schaden natürlich den Ampelparteien," weil sie eine Wahrnehmung stärkten, die insbesondere von der AfD und der Wagenknecht-Partei BSW verbreitet werde - nämlich, "dass der Staat komplett überfordert sei und viel zu wenig Handhabe habe" gegen solche Attentäter, sagte Münch der Nachrichtenagentur AFP in Berlin.

Die aktuelle politische Lage in Ostdeutschland sei davon geprägt, "dass ohnehin diejenigen, die Sorgen haben vor mehr Zuwanderung, vor der Überforderung der Bundesrepublik also, sich schon alle gesammelt haben bei der AfD und zum Teil auch bei Bündnis Sarah Wagenknecht," sagte die Politikwissenschaftlerin.

Das Attentat von Solingen könne der ohnehin starken AfD im Osten allerdings "noch mal ein bisschen Mobilisierung bringen" - etwa aus dem Lager der bislang unentschiedenen Wähler, sagte sie.

Eine ähnliche Entwicklung habe es nach dem tödlichen Messerattentat auf einen Polizisten in Mannheim wenige Tage vor der Europawahl gegeben, sagte Münch. "Da ist natürlich eine gewisse Parallele," sagte sie. Es werde davon ausgegangen, dass das Attentat auf den Polizisten "der AfD nochmal ein bisschen Mobilisierung bereitet hat."

Die AfD und auch das BSW hatten das Attentat von Solingen auch als Beleg für eine gescheiterte Migrationspolitik gewertet. AfD-Chefin Alice Weidel forderte am Montag einen "Einwanderungs-, Aufnahme- und Einbürgerungsstopp für mindestens fünf Jahre." Nötig seien nun keine Messerverbote, sondern eine "Migrationswende."

BSW-Chefin Sahra Wagenknecht hatte der Ampel-Koalition eine "politische Mitverantwortung für Solingen" zugewiesen. Sie beklagte, "dass Unsicherheit sich im Land verbreitet," und machte dafür auch Zuwanderer verantwortlich.

OZD / ©AFP

OZD-Kommentar:

Solingen-Anschlag: Ein Katalysator für politische Radikalisierung?

Der Anschlag in Solingen könnte als Katalysator für die Stärkung rechter Parteien, insbesondere der AfD, in Ostdeutschland wirken. Die Angst vor weiterer Radikalisierung und politischer Überforderung des Staates wird von rechten Parteien geschickt für ihre eigenen Zwecke instrumentalisiert. Während Innenminister Reul und CSU-Chef Söder Bedenken äußern, nutzen Parteien wie die AfD und das BSW den Anschlag, um ihre Forderungen nach restriktiver Migrationspolitik zu verstärken.

Professorin Ursula Münch weist darauf hin, dass solche Anschläge die Glaubwürdigkeit der Ampelparteien untergraben und die öffentliche Wahrnehmung zugunsten der AfD verzerren können. Dies zeigt, wie sicherheitsrelevante Ereignisse die politische Landschaft beeinflussen und bestehende Spannungen verschärfen können.

Die Forderungen nach einer "Migrationswende" und einem Einwanderungsstopp spiegeln die wachsende Unsicherheit und die Angst vor Fremdsein in Teilen der Bevölkerung wider. Diese Dynamik birgt die Gefahr, dass moderate Stimmen zugunsten extremer Positionen verstummen, was langfristig die demokratische Stabilität gefährden könnte.

OZD-Prognose:

In den kommenden Monaten dürfte der Anschlag in Solingen die politischen Debatten in Ostdeutschland weiter beeinflussen. Die AfD und das BSW könnten durch die Mobilisierung unentschiedener Wähler ihre Position stärken, insbesondere wenn sie das Anschlagereignis effektiv für ihre politischen Ziele nutzen. Gleichzeitig könnten die Ampelparteien unter zunehmendem Druck stehen, ihre Sicherheits- und Migrationspolitik zu überdenken, um das Vertrauen der Bürger zurückzugewinnen.

Die bevorstehenden Wahlen könnten dadurch zugunsten der rechten Parteien ausfallen, wenn die öffentliche Wahrnehmung weiterhin von Angst und Unsicherheit geprägt bleibt. Es wird entscheidend sein, wie die etablierten Parteien auf diese Herausforderungen reagieren und ob sie in der Lage sind, eine kohärente und vertrauenswürdige Antwort auf die Sicherheitsbedenken der Bevölkerung zu bieten.


Biographien und Erklärungen:

Wer ist Herbert Reul?
Herbert Reul ist der nordrhein-westfälische Innenminister und Mitglied der CDU. Er ist verantwortlich für die innere Sicherheit, den Schutz der Bürger und die Bekämpfung von Extremismus in Nordrhein-Westfalen. Reul setzt sich für eine konsequente Sicherheitsstrategie ein und spielt eine zentrale Rolle in der politischen Reaktion auf sicherheitsrelevante Ereignisse.

Wer ist Markus Söder?
Markus Söder ist der Ministerpräsident von Bayern und Vorsitzender der CSU. Er ist eine prominente Figur in der deutschen Politik und bekannt für seine konservativen Positionen. Söder nimmt oft eine führende Rolle in bundesweiten Debatten ein und ist ein wichtiger Verbündeter der CDU.

Wer ist Ursula Münch?
Ursula Münch ist Professorin für Politik und Direktorin der Akademie für Politische Bildung in Tutzing. Sie spezialisiert sich auf politische Radikalisierung und die Dynamiken rechter Parteien in Deutschland. Ihre Forschung trägt wesentlich zum Verständnis der aktuellen politischen Entwicklungen bei.

Wer ist Alice Weidel?
Alice Weidel ist die Vorsitzende der Alternative für Deutschland (AfD). Sie ist eine führende Stimme innerhalb der Partei und treibt deren politische Agenda, insbesondere in den Bereichen Migration und nationale Sicherheit, voran. Weidel ist bekannt für ihre scharfe Kritik an der Migrationspolitik der Bundesregierung.

Wer ist Sahra Wagenknecht?
Sahra Wagenknecht ist die Vorsitzende der Partei BSW (Bündnis Sahra Wagenknecht). Sie ist eine prominente linke Politikerin, die sich auf soziale Gerechtigkeit und kritische Themen der Migrationspolitik konzentriert. Wagenknecht spielt eine wichtige Rolle in der politischen Landschaft Deutschlands und ist eine einflussreiche Stimme innerhalb ihrer Partei.

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Titelbild: © AFP