In Frankreich bleibt die Suche nach einer neuen Regierung weiterhin ergebnislos. Staatschef Emmanuel Macron hat am Dienstag erneut Gespräche geführt, um mögliche Koalitionspartner für eine stabile Regierung zu gewinnen. "Ich werde mich mit allen treffen, die für das übergeordnete Wohl der Nation arbeiten wollen," erklärte Macron vor Journalisten im Elysée-Palast. "Die Tür für mögliche Partner ist geöffnet," fügte er hinzu.
Am Dienstag traf Macron sich mit unabhängigen Vertretern, während für Mittwoch Gespräche mit Politikern der konservativen Republikaner und weiterer Vertreter aus dem Mitte-rechts-Lager geplant sind. Vertreter der linkspopulistischen Partei La France Insoumise (LFI) sowie des rechtspopulistischen Rassemblement National (RN) wurden weiterhin nicht eingeladen.
Macron appellierte an die im Linksbündnis NFP organisierten Sozialisten, Grünen und Kommunisten, "mit den anderen politischen Kräften zusammenzuarbeiten." Doch die Reaktionen aus dem Linksbündnis sind bislang ablehnend. Sozialisten-Chef Oliver Faure kritisierte Macrons Vorgehen scharf und erklärte, dass er an weiteren Beratungen im Elysée nicht teilnehmen werde. "Das ist eine Parodie der Demokratie," so Faure.
Auch andere NFP-Vertreter äußerten sich enttäuscht. Grünen-Chefin Marine Tondelier sagte: "Wir werden diesen Zirkus nicht fortsetzen." LFI rief unterdessen zu Demonstrationen am 7. September auf, um gegen Macrons Entscheidung zu protestieren.
Die konservativen Republikaner lehnten eine Regierungskoalition ebenfalls ab. Dennoch signalisierte die führende Republikanerin Valérie Pécresse, dass ihre Partei für Vorhaben stimmen könnte, die "in die richtige Richtung weisen," um Frankreich vor einem politischen Stillstand zu bewahren.
Das Linksbündnis NFP, das aus der Parlamentswahl im Juli als stärkste Kraft hervorging, erreichte keine absolute Mehrheit in der Nationalversammlung. Trotz des Wahlerfolgs lehnen das Präsidentenlager, die Konservativen und die Rechtspopulisten das Programm des Linksbündnisses einstimmig ab.
Macron hatte die Neuwahl des Parlaments ausgerufen, nachdem der RN bei der Europawahl im Juni deutlich stärkste Kraft geworden war. Die Situation bleibt verfahren, und mit Blick auf die bevorstehenden Olympischen Spiele in Paris sowie den notwendigen Haushaltsentwurf für 2025 drängt die Zeit.
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OZD-Kommentar:
Macrons Schachzug: Politisches Risiko oder notwendiger Schritt?
Die Entscheidung von Emmanuel Macron, breite Gespräche mit möglichen Koalitionspartnern zu führen, zeigt, dass er sich der Dringlichkeit der Lage bewusst ist. Doch sein Ausschluss der linken und rechtspopulistischen Parteien könnte ihm am Ende zum Verhängnis werden. Es stellt sich die Frage, ob Macron mit dieser Strategie genug Verbündete gewinnen kann, um eine handlungsfähige Regierung zu bilden. Die aktuellen Spannungen zeigen jedoch, dass Frankreich möglicherweise auf eine politische Pattsituation zusteuert, die das Land weiter destabilisieren könnte.
OZD-Prognose:
In den kommenden Wochen dürfte sich der politische Druck auf Macron weiter erhöhen. Ohne eine klare Mehrheit in der Nationalversammlung steht seine Regierung auf wackligen Beinen. Es ist zu erwarten, dass die politische Unsicherheit anhält und die Verhandlungen bis zur letzten Minute andauern werden. Der Haushaltsentwurf für 2025 wird dabei zur Bewährungsprobe.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist Emmanuel Macron?
Emmanuel Macron ist der derzeitige Präsident Frankreichs, der 2017 erstmals ins Amt gewählt wurde. Zuvor war er Wirtschaftsminister unter Präsident François Hollande. Macron gilt als Pro-Europäer und setzt sich für wirtschaftliche Reformen und eine stärkere europäische Integration ein.
Was ist die Nationalversammlung?
Die Nationalversammlung ist das Unterhaus des französischen Parlaments und besteht aus 577 Abgeordneten, die für fünf Jahre gewählt werden. Sie spielt eine zentrale Rolle in der Gesetzgebung und Kontrolle der Regierung.
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