Die Bundesregierung hat nach dem tödlichen Messeranschlag in Solingen ein umfangreiches Sicherheitspaket beschlossen, das unter anderem strengere Messerverbote und Leistungskürzungen für ausreisepflichtige Geflüchtete vorsieht. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) betonte: "Damit zieht die Ampel-Regierung entschlossen die nötigen Konsequenzen."
Ein zentraler Punkt des Pakets ist die Streichung von Sozialleistungen für Geflüchtete, die bereits in einem anderen EU-Land registriert wurden. "Damit soll Druck auf die Betroffenen ausgeübt werden, sich mit den Behörden in Verbindung zu setzen oder freiwillig auszureisen," erklärte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP).
Die Gewalttat von Solingen, bei der ein 26-jähriger Syrer drei Menschen tötete, hat die Mängel im Dublin-System offengelegt. Der Syrer hätte bereits im vergangenen Jahr nach Bulgarien abgeschoben werden sollen, wurde jedoch nicht in seiner Unterkunft angetroffen, und es erfolgte kein weiterer Versuch.
Weitere Maßnahmen umfassen leichtere Ausweisungen von Geflüchteten, die Waffen eingesetzt haben. "Ein besonderes Ausweisungsinteresse soll dabei künftig auch für Jugendliche gelten," so Buschmann weiter. Zudem sollen Geflüchtete, die ohne zwingende Gründe in ihr Heimatland zurückreisen, ihren Schutzanspruch in Deutschland verlieren.
"Ein generelles Umgangsverbot für Springmesser wird künftig gelten," kündigte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) an. Außerdem sollen Messer bei Volksfesten, Märkten und im Fernverkehr generell verboten werden. Den Ländern soll zudem die Möglichkeit gegeben werden, im Nahverkehr ein Messerverbot zu verhängen.
Das geplante Artikelgesetz zur Umsetzung dieser Maßnahmen soll zügig vorgelegt werden, um schnelle Beschlüsse zu ermöglichen. "Die heutigen Verschärfungen der Migrationspolitik stärken Kontrolle und Konsequenz," erklärte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und fügte hinzu, dass dies wichtige Schritte für einen neuen Realismus in der Migrationspolitik seien.
Auch SPD-Chefin Saskia Esken begrüßte das Paket und betonte: "Wichtigstes Ziel der Bundesregierung ist der Schutz der Bevölkerung vor islamistischen Gewalttaten." Zugleich forderte sie, dass Humanität und internationale Verpflichtungen stets beachtet werden.
Während die Grünen in der Regierung Bedenken hinsichtlich der Streichung von Sozialleistungen äußern, kritisierte die Flüchtlingshilfeorganisation Pro Asyl die Maßnahmen scharf. "Sozialleistungen dürfen nicht aus vermeintlichen Abschreckungseffekten gestrichen oder willkürlich gekürzt werden," erklärte die Organisation.
Die Union und die AfD reagierten ablehnend auf das Sicherheitspaket. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann bezeichnete die Maßnahmen als unzureichend, und die AfD kritisierte die Entscheidungen als Panik-PR vor den Landtagswahlen in Ostdeutschland.
In der kommenden Woche sind Gespräche mit den Ländern und der Union zur Migrationspolitik geplant. Justizminister Buschmann betonte, dass es dabei auch um die "Vollzugsdefizite" bei Abschiebungen gehen werde, wie sie im Fall Solingen aufgetreten sind.
OZD / ©AFP
OZD-Kommentar:
Reaktion auf Solingen: Ein Sicherheitspaket unter Druck
Das
nach dem Anschlag in Solingen beschlossene Sicherheitspaket zeigt, wie
sehr die Bundesregierung unter Druck steht, schnell und entschlossen zu
handeln. Doch die Frage bleibt: Werden diese Maßnahmen tatsächlich die
Sicherheit erhöhen oder lediglich die politische Debatte beruhigen? Die
Bedenken der Grünen und von Pro Asyl, aber auch die Kritik der
Opposition, zeigen, dass es weiterhin viel zu diskutieren gibt. Die Frage ist auch, warum erst jetzt. Warum kann man nicht antizipieren? Warum kann man nicht Gesetze, die die Sicherheit erhöhen zügig beschließen? Warum muss erst was passieren. Antwort: Naivität, Gutmenschenglaube und mangelnde Altagserfahrungen der Politiker*innen. Es fehlt an Vorstellungskraft.
OZD-Prognose:
In den
nächsten Wochen wird das Thema Migrationspolitik weiterhin im
Mittelpunkt der politischen Debatte stehen. Die geplanten Gespräche mit
den Ländern und der Opposition werden zeigen, ob es zu einer breiteren
Einigung kommt oder ob die Spannungen zwischen den Parteien weiter
zunehmen. Die Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen wird genau
beobachtet werden, insbesondere im Hinblick auf ihre Wirksamkeit und
rechtliche Tragfähigkeit und natürlich wird wieder alles blockiert.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist Olaf Scholz? Olaf Scholz ist seit Dezember 2021 Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland und Mitglied der SPD. Zuvor war er Bundesfinanzminister und Vizekanzler in der Großen Koalition unter Angela Merkel. Scholz steht für eine Politik der sozialen Gerechtigkeit und der wirtschaftlichen Stabilität.
Was ist das Dublin-Verfahren?
Das Dublin-Verfahren ist eine Regelung der Europäischen Union, die
bestimmt, welches EU-Land für die Bearbeitung eines Asylantrags
zuständig ist. In der Regel ist das das Land, in dem der Asylbewerber
zuerst europäischen Boden betreten hat. Dublin-Verordnung in Wikipedia
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