Erstmals seit sieben Wochen dürfen die Spanier wieder ihre Häuser verlassen: Sport im Freien und Spaziergänge mit einem im gleichen Haushalt lebenden Begleiter sind seit Samstag - unter einigen Auflagen - wieder erlaubt. Diese Lockerung der strengen Corona-Restriktionen ist Teil eines langfristigen Plans der Regierung, nach Wochen des Stillstandes wieder etwas Alltag zuzulassen.
Seit dem 14. März gilt in dem Land die europaweit schärfste Ausgangssperre. Sie wurde vorerst bis zum 9. Mai verlängert. Allerdings war es nach ersten vorsichtigen Lockerungen seit rund einer Woche bereits Kindern unter 14 Jahren erlaubt, mit einem Erwachsenen eine Stunde am Tag das Haus zu verlassen.
Bisher duften die Menschen ihr Zuhause nur verlassen, um Lebensmittel einzukaufen, einen Arzt oder eine Apotheke aufzusuchen, ihre Hunde kurz Gassi zu führen oder zur Arbeit zu gehen, falls keine Heimarbeit möglich ist.
Amalia Garcia Manso nutzte die Lockerungen für einen kleinen Spaziergang auf der Calle Mayor, der Flaniermeile im historischen Zentrum von Madrid. "Ich bin zum ersten Mal draußen und mache einen kleinen Spaziergang", sagte die 87-Jährige, während sie mit Schutzmaske, Handschuhen und Gehstock und am Arm ihrer Tochter vorsichtig die Straße entlang lief.
Mit Blick auf die geschlossenen Geschäfte und die patrouillierenden Polizisten fügte sie hinzu: "Das tut weh. Es ist hart für mich zu sehen, dass alles in Madrid geschlossen ist".
Die kleinen Fluchten von Zuhause sind allerdings strikt reglementiert: In Gemeinden mit mehr als 5000 Einwohnern gelten genaue Zeitvorgaben für die verschiedenen Altersgruppen - so dürfen etwa Senioren nicht im gleichen Zeitraum wie Kinder ins Freie.
Die Vormittage zwischen 10.00 und 12.00 Uhr und die frühen Abendstunden zwischen 19.00 und 20.00 Uhr sind für über 70-Jährige und Hilfe- oder Pflegebedürftige reserviert. Jugendliche über 14 Jahre und Erwachsene dürfen zwischen 06.00 und 10.00 Uhr und 20.00 und 23.00 Uhr aus dem Haus, um im Umkreis von einem Kilometer spazieren zu gehen oder Sport zu treiben. Die Nachmittage zwischen 12.00 und 19.00 Uhr sind dann den Kindern und ihren Begleitern vorbehalten.
Viele Madrider nutzten die kleine Freiheit am Samstagmorgen, um in der Nähe des abgesperrten Retiro-Parks zu joggen. Über Lautsprecher bat die Polizei sie höflich, auf dem Bürgersteig zu bleiben und nicht auf den fast leeren Prado-Boulevard auszuweichen.
Zu den Joggern zählte auch Marcos Abeytua. Der 42-jährige Finanzberater hatte sich extra den Wecker gestellt, um die Gelegenheit nicht zu verpassen. Nach so vielen Wochen des Eingesperrtseins habe er sich am Freitagabend gefühlt "wie ein Kind am Abend vor Weihnachten", sagt er.
Spanien ist eines der am schlimmsten von der Corona-Pandemie betroffenen Länder, bis Samstag starben nach Angaben des Gesundheitsministeriums schon mehr als 25.000 Menschen. Allerdings geht die Zahl der neuen Todesfälle in den vergangenen Tagen kontinuierlich zurück: Mit insgesamt 276 neuen Opfern binnen 24 Stunden lag sie am Samstag zum dritten Mal in Folge unter der Marke von 300.
ans/mid
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