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Deutsche Wirtschaft in der Krise: Exporte steigen, Industrieproduktion bricht ein.

Das DIW hat seine Konjunkturprognose gesenkt – Stagnation statt Aufschwung. Trotz steigender Exporte bleibt die Industrie schwach, und Experten warnen vor weiteren Rückschlägen.

Auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin hat seine Konjunkturprognose für das laufende Jahr nach unten korrigiert. Es rechnet nun mit einer Stagnation, wie das Institut am Freitag mitteilte. Ein deutliches Zeichen für diese düstere Einschätzung ist der Rückgang der Industrieproduktion im Juli. Laut Statistischem Bundesamt sank sie preis-, saison- und kalenderbereinigt um 2,4 Prozent im Vergleich zum Vormonat.

Zwar legten die deutschen Exporte im Juli leicht zu, doch laut Experten reicht dies nicht für eine Trendwende. "Die Erholung der deutschen Wirtschaft verläuft weiterhin schleppend und wird durch eine stockende weltwirtschaftliche Entwicklung zusätzlich erschwert", begründete das DIW seine Prognose. Die Aufwärtsdynamik, die sich gegen Ende des letzten Jahres abzeichnete, habe wieder nachgelassen, und die Hoffnung auf eine schnelle Erholung sei verflogen.

In den letzten Tagen haben mehrere Wirtschaftsforschungsinstitute ihre Konjunkturprognosen für das Jahr deutlich gesenkt. Sie gehen entweder von einer Stagnation oder sogar einer erneuten Rezession aus. Ein weiterer Schlag für die Konjunktur war der Rückgang der Industrieproduktion im Juli. "Ein erneuter Schlag für die Konjunktur", erklärte Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung. Besonders die Autobranche trug mit einem Minus von 8,1 Prozent erheblich zum negativen Ergebnis bei, während auch die Produktion von elektrischen Ausrüstungen und Metallerzeugnissen deutlich rückläufig war.

Auch das Bundeswirtschaftsministerium äußerte sich besorgt. Neben den Produktionsdaten hätten sich auch wichtige Stimmungsindikatoren im verarbeitenden Gewerbe eingetrübt. Die Auftragseingänge seien trotz einer leichten Belebung im Juli nach wie vor auf einem niedrigen Niveau. "Damit ist kurzfristig nicht mit einer spürbaren Belebung der exportorientierten Industrie in Deutschland zu rechnen", erklärte das Ministerium.

Obwohl die Exporte im Juli im Vergleich zum Vormonat um 1,7 Prozent auf einen Wert von 130 Milliarden Euro stiegen, zeigt sich ein gemischtes Bild. Während die Ausfuhren in die EU-Staaten um 3,3 Prozent zunahmen, sanken die Exporte in Drittstaaten um 0,2 Prozent. Es war bereits der dritte Rückgang in Folge. "Chinas Nachfrage nach Produkten Made in Germany bleibt mau, der Nachfragemotor USA stottert leicht", stellte Volker Treier, der Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), fest.

BGA-Präsident Dirk Jandura äußerte ebenfalls Kritik: "Im internationalen Vergleich liegt Deutschland bei Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit weit hinten, ist teilweise sogar Schlusslicht." Er warnte, dass Unternehmen den Glauben an die Politik und den Standort verloren hätten und deswegen weniger investierten. Investitionen, vor allem Ausrüstungsinvestitionen, seien entscheidend, um den technischen Fortschritt und damit die Produktivität zu sichern und zu steigern. "Sie erhalten und steigern die Wettbewerbsfähigkeit und beflügeln damit den Export."

Trotz der trüben Aussichten machte das DIW in seiner Prognose auch Hoffnung auf eine Besserung: Ab Ende des Jahres seien die Zeichen wieder auf Wachstum gestellt. Für das Jahr 2025 erwartet das Institut einen Zuwachs von 0,9 Prozent, gefolgt von einem soliden Plus von 1,4 Prozent im Jahr 2026. Der private Konsum dürfte dabei eine entscheidende Rolle spielen, da das DIW mit kräftig steigenden Reallöhnen rechnet. Zudem soll die Inflation kontinuierlich sinken. DIW-Präsident Marcel Fratzscher sieht auch erwartete Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank als weiteren positiven Faktor, der die Finanzierungsbedingungen verbessern und die Investitionen der Unternehmen ankurbeln könnte.

OZD / ©AFP


OZD-Kommentar:
Ein beunruhigender Blick in die Zukunft der deutschen Wirtschaft
Die deutsche Wirtschaft steckt in einer Zwickmühle. Trotz leichter Exportgewinne bleiben zentrale Branchen wie die Industrie in der Krise, und das Vertrauen in den Wirtschaftsstandort Deutschland schwindet. Unternehmen investieren nicht mehr in notwendige Technologien, was die Produktivität langfristig gefährden könnte. Wenn die Politik nicht schnell handelt und Rahmenbedingungen verbessert, droht eine länger anhaltende Schwächephase, die schwer wieder aufzuholen sein wird.

OZD-Prognose:
Die wirtschaftliche Situation wird in den kommenden Monaten voraussichtlich angespannt bleiben. Erste Erholungstendenzen könnten sich frühestens Ende des Jahres zeigen, getrieben durch den privaten Konsum und mögliche Zinssenkungen der EZB. Doch bleibt die Gefahr einer längeren Schwächephase real.

Biographien und Erklärungen:
Wer ist Marcel Fratzscher?
Marcel Fratzscher ist Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und Professor für Makroökonomie an der Humboldt-Universität zu Berlin. Er gilt als einer der führenden deutschen Ökonomen und ist bekannt für seine fundierten Analysen der deutschen und europäischen Wirtschaftspolitik. Weitere Informationen auf Wikipedia.

Was ist das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW)?
Das DIW Berlin ist eines der führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute. Es analysiert und prognostiziert die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland und weltweit. Das Institut bietet zudem Beratungen für Politik, Unternehmen und die Öffentlichkeit an. Weitere Informationen auf Wikipedia.

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Foto: RONNY HARTMANN / AFP