Die Verteidigungsausgaben der Bundesregierung sind laut Forschenden des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel angesichts der Bedrohung durch Russland "völlig unzureichend". In einem am Dienstag veröffentlichten Bericht heißt es, dass Deutschland nicht schnell genug aufrüste, während Russland weiterhin massiv aufstocke.
"Trotz Zeitenwende-Rhetorik vergrößert sich der Abstand zwischen den militärischen Fähigkeiten Deutschlands und Russlands weiter," erklärte Studienautor Guntram Wolff. Die Forschenden fordern ein dauerhaftes Verteidigungsbudget von mindestens 100 Milliarden Euro, um den aktuellen Sicherheitsanforderungen gerecht zu werden.
Die Analyse des IfW zeigt, dass Deutschland es nur knapp schaffe, die Waffenlieferungen an die Ukraine zu kompensieren. Besonders bei Luftverteidigungssystemen und Artillerie-Haubitzen seien die Bestände stark rückläufig. "Langfristige Planbarkeit und ein effizientes Beschaffungssystem sind essenziell für den Aufbau von industriellen Kapazitäten," betonte Wolff weiter.
Besonders alarmierend sei, dass Deutschland fast 100 Jahre benötigen würde, um die Bestände der Bundeswehr von 2004 wiederherzustellen. "Das liegt nicht nur an der Abrüstung der letzten Jahrzehnte, sondern auch an der zu sparsamen Aufrüstung unter der Ampelregierung," kritisierten die Forschenden.
Während Deutschland seine Verteidigungsstrategie zögere, konnte Russland seit dem Beginn des Ukraine-Krieges seine Produktionskapazitäten signifikant steigern. Laut dem IfW hat Russland bei der Langstrecken-Flugabwehr seine Kapazitäten verdoppelt und bei Panzern sogar verdreifacht.
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OZD-Kommentar:
Langsame Aufrüstung – eine gefährliche Strategie?
Die Warnungen des IfW sind ein Weckruf: Während Russland weiterhin seine militärischen Kapazitäten aufbaut, scheint Deutschland seine Verteidigungsanstrengungen zu verschlafen. Der Spagat zwischen einem begrenzten Verteidigungsbudget und einer zunehmenden Bedrohung durch Russland gefährdet die Stabilität der Nato und Europas Sicherheit. Die "Zeitenwende", von der politisch viel die Rede war, bleibt bislang hinter den Erwartungen zurück. Ohne eine deutliche Erhöhung der Rüstungsausgaben wird Deutschland den sicherheitspolitischen Herausforderungen der Zukunft kaum gewachsen sein.
OZD-Prognose:
In den kommenden Wochen wird die Diskussion über die Verteidigungsausgaben weiter an Fahrt gewinnen. Eine Erhöhung des Budgets auf mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts könnte zur zentralen politischen Forderung werden. Auch die Rüstungsindustrie könnte Druck auf die Regierung ausüben, um langfristige Investitionen und Planungssicherheit zu gewährleisten.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist Guntram Wolff?
Guntram
Wolff ist der Direktor des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel.
Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen europäische
Wirtschaftspolitik, internationale Finanzmärkte und Sicherheitspolitik.
Website: Institut für Weltwirtschaft
Was ist das Institut für Weltwirtschaft (IfW)?
Das
IfW in Kiel ist eines der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute in
Europa. Es analysiert globale wirtschaftliche und politische
Entwicklungen, insbesondere in den Bereichen Außenhandel,
Sicherheitspolitik und internationale Zusammenarbeit.
Website: Institut für Weltwirtschaft
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