In einem überraschenden Schritt hat die Unicredit, die zweitgrößte italienische Bank, am Mittwoch bekannt gegeben, dass sie neun Prozent der Anteile an der deutschen Commerzbank übernimmt. Dazu gehören auch die 4,5 Prozent, die der deutsche Staat zum Verkauf angeboten hatte. Die Bundesregierung sieht den Einstieg der Italiener gelassen, doch von Gewerkschaftsseite und der Opposition kommt Kritik.
Die staatliche deutsche Finanzagentur teilte am Dienstagabend mit, dass sie ihre Beteiligung an der Commerzbank von 16,5 auf zwölf Prozent reduziert habe. Langfristig plant der Bund den vollständigen Ausstieg aus der Bank, die in der Finanzkrise 2008 durch staatliche Rettungsmaßnahmen stabilisiert wurde. „Unicredit erhielt den Zuschlag, da ihr Angebot mit 13,20 Euro pro Aktie deutlich höher lag als andere Gebote,“ erklärte eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums.
Unicredit plant, ihre Beteiligung weiter auszubauen und möchte zusätzliche Anteile erwerben. Eine Genehmigung ist erforderlich, wenn der Anteil zehn Prozent übersteigt. Der Bund werde die neue Situation „grundsätzlich analysieren“, so das Finanzministerium. Für die nächsten 90 Tage gilt eine Sperrfrist für den Verkauf weiterer Anteile.
Die Commerzbank selbst begrüßte den Einstieg von Unicredit als „Beleg für den Stellenwert der Commerzbank und die erzielten Fortschritte“. Der Aktienkurs der Commerzbank stieg am Mittwoch deutlich, was das Interesse und das Vertrauen in die Zukunft der Bank unterstreicht.
Politisch wurde der Deal unterschiedlich aufgenommen. Vertreter von Grünen und FDP begrüßten den Einstieg als positives Zeichen für das Geschäftsmodell der Commerzbank. „Der Einstieg von Unicredit zeigt, dass die Marktchancen der Commerzbank positiv bewertet werden,“ so FDP-Finanzpolitiker Markus Herbrand. Die finanzpolitische Sprecherin der Grünen, Katharina Beck, hob die Bedeutung internationaler Fusionen hervor.
Kritisch äußerte sich hingegen der SPD-Abgeordnete Michael Schrodi, der auf die Interessen der Beschäftigten hinwies. Der Vorsitzende der Gewerkschaft Verdi, Frank Werneke, forderte sogar einen Stopp der Anteilsverkäufe, um eine Übernahme der Commerzbank durch Unicredit zu verhindern. Auch die CDU-Abgeordnete Antje Tillmann sprach sich dafür aus, „strategische und politische Erwägungen“ beim Verkauf zu berücksichtigen.
Die Commerzbank konnte zuletzt große Erfolge verzeichnen und schloss das vergangene Jahr mit dem größten Gewinn seit 15 Jahren ab. Der Konzernüberschuss stieg um 55 Prozent auf 2,2 Milliarden Euro, und der Umsatz wuchs um mehr als zehn Prozent auf 10,5 Milliarden Euro.
OZD / ©AFP
OZD-Kommentar:
Ein strategischer Schritt oder der Beginn einer Übernahme?
Der Einstieg der Unicredit bei der Commerzbank könnte den Beginn einer größeren Übernahme einläuten, was bei Gewerkschaften und Teilen der Politik für Unbehagen sorgt. Der deutsche Staat zieht sich langsam aus der Commerzbank zurück, doch mit Unicredit betritt ein mächtiger Akteur die Bühne, der offensichtlich noch mehr Einfluss gewinnen will. Während wirtschaftliche Aspekte das Verkaufsverfahren dominierten, wird nun die Frage nach den langfristigen Auswirkungen auf die Beschäftigten und die deutsche Finanzlandschaft laut. Die Bundesregierung wird abwägen müssen, wie sie den weiteren Verkauf der Anteile gestaltet, um eine strategische Übernahme zu verhindern. In den kommenden Monaten könnte Unicredit ihre Beteiligung an der Commerzbank weiter ausbauen, was die Debatte über eine mögliche Übernahme anheizen wird. Politischer und gewerkschaftlicher Widerstand wird steigen, während die Bundesregierung eine Balance zwischen wirtschaftlichen Interessen und der Sicherung nationaler Finanzstrukturen finden muss.
Biographien und Erklärungen:
Was ist die Unicredit?
Unicredit ist eine der größten Banken Europas und hat ihren Hauptsitz in Italien. Sie ist in mehreren europäischen Ländern stark vertreten und plant nun, ihre Präsenz in Deutschland durch den Einstieg bei der Commerzbank weiter auszubauen.
Was ist die Commerzbank?
Die Commerzbank ist die zweitgrößte Bank Deutschlands. Sie wurde während der Finanzkrise 2008 vom Staat gerettet und ist seitdem teilweise in staatlichem Besitz. Die Bank erzielte im Jahr 2022 einen Rekordgewinn und gilt als ein wichtiger Akteur im deutschen Finanzsektor.
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Titelbild: © AFP