Nur zwei Tage vor dem Inkrafttreten der verschärften Grenzkontrollen hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) die Maßnahmen gegen die Kritik erneut verteidigt. „Unsere Maßnahmen greifen – und wir verstärken sie weiter, um die irreguläre Migration zurückzudrängen,“ erklärte Faeser in einem Interview mit der Augsburger Allgemeinen(Samstag).
Laut der Ministerin haben die seit Oktober 2023 eingeführten Grenzkontrollen bereits Wirkung gezeigt: Mehr als 30.000 Menschen wurden seitdem an den deutschen Grenzen zurückgewiesen. Dies habe dazu beigetragen, dass die Asylzahlen im Vergleich zum Vorjahr um über 20 Prozent gesunken seien. „Ab Montag wird die Bundespolizei an allen deutschen Grenzen Binnengrenzkontrollen vornehmen,“ fügte sie hinzu.
Bislang konzentrierten sich die Kontrollen auf die Grenzen zu Polen, Tschechien, Österreich und der Schweiz. Ab Montag werden auch die Grenzen zu Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden, Belgien und Dänemark von den neuen Maßnahmen betroffen sein. Die verstärkten Kontrollen, die sowohl stationär als auch mobil durchgeführt werden, sollen zunächst für ein halbes Jahr bis Mitte März 2024 gelten. Eine Verlängerung ist jedoch möglich.
Während Faeser die Notwendigkeit der Maßnahmen betont, äußerte die Bundespolizei Zweifel an deren praktischer Umsetzbarkeit. „Die Bundespolizei ist bis Montagfrüh damit beschäftigt, Kräfte zusammenzuziehen,“ sagte Andreas Roßkopf, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei für den Bereich Bundespolizei, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Das ist noch nicht zu Ende gestrickt und hängt auch damit zusammen, dass die Ankündigung der Ministerin sehr überraschend kam.“
Roßkopf warnte vor einer Überlastung der Polizei. „Wir müssen aufpassen, dass wir nicht in eine längerfristige Überlastung kommen. Denn die Kontrollen werden ja ein halbes Jahr oder sogar länger dauern,“ betonte er. Besonders besorgniserregend sei die hohe Kündigungsrate bei jüngeren Kollegen, die bereits über 25 Prozent liege.
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OZD-Kommentar:
Zwischen Notwendigkeit und Überlastung – Wie lange halten die verschärften Grenzkontrollen?
Die Ausweitung der Grenzkontrollen in Deutschland zeigt den ernsthaften Versuch der Bundesregierung, die irreguläre Migration zu bekämpfen. Doch wie tragfähig ist dieser Ansatz? Die personellen Engpässe bei der Bundespolizei werfen die Frage auf, wie lange diese Maßnahmen aufrechterhalten werden können, ohne das System zu überlasten. Hinzu kommt, dass die Kontrolle an Binnengrenzen nur ein temporäres Mittel darstellt, das die strukturellen Probleme der europäischen Asylpolitik nicht löst. Die eigentliche Herausforderung bleibt, eine dauerhafte, europäische Lösung zu finden, die den Migrationsdruck nachhaltig reduziert.
OZD-Prognose:
In den nächsten Wochen wird die Belastung der Bundespolizei zu einem zentralen Thema werden. Eine Verlängerung der Grenzkontrollen scheint angesichts der fortdauernden Migrationslage wahrscheinlich, was den Druck auf das Personal weiter erhöhen wird. Gleichzeitig wird die politische Debatte um die europäische Asylreform an Bedeutung gewinnen – ohne eine gemeinsame Lösung auf EU-Ebene könnten nationale Maßnahmen wie diese langfristig an ihre Grenzen stoßen.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist Nancy Faeser?
Nancy Faeser ist seit Dezember 2021 die Bundesministerin des Innern und für Heimat. Die SPD-Politikerin setzt sich stark für die Bekämpfung von Terrorismus, Kriminalität und irregulärer Migration ein. Sie war zuvor Vorsitzende der SPD-Fraktion im hessischen Landtag.
Offizielle Website: https://www.bmi.bund.de/
Was ist die Bundespolizei?
Die Bundespolizei ist die zentrale Polizeibehörde Deutschlands für Aufgaben des grenzüberschreitenden Verkehrs und des Grenzschutzes. Sie untersteht dem Bundesministerium des Innern und führt unter anderem Grenzkontrollen, den Schutz von Bahnhöfen und Flughäfen sowie die Sicherung von Bundesgebäuden durch.
Wikipedia-Seite: https://de.wikipedia.org/wiki/Bundespolizei_(Deutschland)
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Foto: Odd ANDERSEN / AFP