Wolfgang Ischinger, der ehemalige Chef der Münchener Sicherheitskonferenz, hat sich für eine Lockerung der Auflagen bei der Nutzung westlicher Waffen durch die Ukraine ausgesprochen. „Wir verpflichten die Ukraine darauf, dass sie die von uns erhaltenen Waffensysteme ausschließlich in dem Rahmen einsetzt, der mit dem geltenden Völkerrecht vereinbar ist,“ sagte Ischinger in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Dies bedeute, dass die Ukraine keine zivilen Ziele wie Krankenhäuser angreifen dürfe, sondern militärische Ziele wie Flughäfen oder Abschussbasen – auch auf russischem Gebiet, um Angriffe mit Gleitbomben zu unterbinden.
Ischinger erklärte, dass andere Einschränkungen, wie Kilometerbegrenzungen für Waffeneinsätze, weniger zielführend seien, da sie nur zu weiteren Debatten führen würden. Stattdessen solle der Einsatz von Waffen auf völkerrechtlich legitime militärische Ziele beschränkt bleiben.
Der frühere britische Premierminister Boris Johnson sprach sich am Rande einer Sicherheitskonferenz in Kiew ebenfalls dafür aus, die Ukraine weiter zu unterstützen. „Wir brauchen definitiv auch eine Taurus-Lieferung, definitiv,“ forderte Johnson und kritisierte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) für dessen zögerliche Haltung gegenüber der Lieferung dieser weitreichenden Marschflugkörper an die Ukraine.
Auch CDU-Politiker Roderich Kiesewetter übte scharfe Kritik an Scholz. „Die ganzen roten Linien lassen sich inzwischen zu einem roten Teppich für Putin verweben,“ sagte Kiesewetter und äußerte die Erwartung, dass die USA bald den Einsatz weitreichender Waffen gegen militärische Ziele in Russland freigeben würden. Scholz müsse sich entscheiden, ob er an der Seite der Bündnispartner stehen oder „dem Narrativ von Sahra Wagenknecht folgen“ wolle.
Die als Russland-nah geltende Politikerin Sahra Wagenknecht stellte im Berliner Tagesspiegel ihre Vorstellungen für eine Friedenslösung vor. Sie forderte, dass der Westen Russland „einen Stopp der Waffenlieferungen“ anbiete und im Gegenzug ein „sofortiger Waffenstillstand an der jetzigen Frontlinie“ stattfinden solle. Später könne ein Referendum unter UN-Aufsicht über die staatliche Zugehörigkeit der von Russland kontrollierten ukrainischen Gebiete durchgeführt werden. Wagenknecht forderte die Ukraine auf, Kompromisse einzugehen und auf eine Nato-Mitgliedschaft zu verzichten.
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich schlug die Bildung einer Kontaktgruppe vor, um zwischen der Ukraine und Russland zu vermitteln. Länder wie China, Indien, die Türkei und Brasilien stünden hierbei in der Verantwortung. Er begrüßte zudem Äußerungen von Bundeskanzler Scholz und Präsident Selenskyj, Russland zu einem neuen Friedensgipfel einzuladen.
OZD / ©AFP
Militärische Unterstützung oder Verhandlungen: Europa gespalten
Die Debatte um die Lockerung der Auflagen für die Nutzung westlicher Waffen durch die Ukraine zeigt die tiefen Spaltungen innerhalb Europas im Umgang mit dem Krieg in der Ukraine. Während Politiker wie Wolfgang Ischinger und Boris Johnson eine harte Linie fordern, plädiert Sahra Wagenknecht für Verhandlungen und Kompromisse. Die Lage bleibt komplex, und Deutschland steht im Zentrum dieser Debatte. Die Frage, ob man mit militärischer Stärke oder diplomatischen Verhandlungen voranschreiten soll, wird Europa in den kommenden Monaten weiter beschäftigen. Es ist wahrscheinlich, dass der Druck auf die Bundesregierung in den kommenden Wochen steigen wird, ihre Position zu Waffenlieferungen an die Ukraine zu überdenken. Die USA könnten eine Vorreiterrolle bei der Freigabe von Waffen für Angriffe auf russisches Gebiet einnehmen, was auch in Deutschland zu weiteren Diskussionen führen wird. Gleichzeitig wird der diplomatische Weg weiterverfolgt werden, um eine mögliche Friedenslösung zu finden.
Wer ist Wolfgang Ischinger?
Wolfgang Ischinger ist ein deutscher Diplomat und ehemaliger Vorsitzender der Münchener Sicherheitskonferenz. Er ist bekannt für seine fundierten Einschätzungen zur internationalen Sicherheitspolitik und plädiert für eine verstärkte militärische Unterstützung der Ukraine im Rahmen des Völkerrechts.
Offizielle Webseite: https://securityconference.org
Was ist der Taurus-Marschflugkörper?
Der Taurus KEPD 350 ist ein weitreichender Marschflugkörper, der von der Bundeswehr eingesetzt wird. Er ist für präzise Angriffe auf weit entfernte militärische Ziele gedacht und wurde für den Einsatz gegen gut geschützte Ziele entwickelt. Die Reichweite beträgt etwa 500 Kilometer.
Offizielle Webseite: https://www.taurus-systems.de
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