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Verfassungsschutzgesetz verstößt gegen Persönlichkeitsrechte

Das Bundesverfassungsgericht hat Teile des hessischen Verfassungsschutzgesetzes für verfassungswidrig erklärt. Besonders die Handyortung und der Einsatz verdeckter Mitarbeiter verstoßen gegen das Persönlichkeitsrecht. Wie geht es weiter?

Mehrere Regelungen des hessischen Verfassungsschutzgesetzes, die sich auf die Erhebung und Übermittlung von Daten beziehen, sind nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts verfassungswidrig. In einem am Mittwoch in Karlsruhe veröffentlichten Beschluss (Az. 1 BvR 2133/22) stellten die Richter fest, dass die Regelungen gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht verstoßen, welches durch das Grundgesetz geschützt ist.

Kritik üben die Richter unter anderem an der Regelung zur Handyortung sowie am Einsatz verdeckter Mitarbeiter. „Die Handyortung und der Einsatz verdeckter Mitarbeiter im Rahmen des hessischen Verfassungsschutzgesetzes verletzen die Grundrechte auf informationelle Selbstbestimmung und das allgemeine Persönlichkeitsrecht“, so die Begründung des Gerichts. Diese Regelungen greifen zu tief in die Privatsphäre der Bürger ein und seien daher verfassungswidrig.

Dennoch bleiben die Regelungen bis Ende 2025 in eingeschränkter Form vorübergehend gültig. Damit gibt das Gericht dem Gesetzgeber in Hessen Zeit, das Gesetz verfassungskonform anzupassen. Eine Regelung, die sich auf die Weitergabe von Daten an Strafverfolgungsbehörden bezieht, wurde jedoch teils für nichtig erklärt. „Die Weitergabe von erhobenen Daten an die Strafverfolgungsbehörden ist in der aktuellen Form unzulässig“, heißt es in dem Beschluss.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist ein deutlicher Fingerzeig an den Gesetzgeber, Maßnahmen zur Überwachung mit den Grundrechten in Einklang zu bringen. Vor allem der Schutz der Privatsphäre müsse stärker berücksichtigt werden.

OZD / ©AFP


OZD-Kommentar:
Verfassungsbruch durch Überwachung?
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zeigt erneut, wie heikel der Balanceakt zwischen Sicherheit und Freiheit ist. Die Regelungen des hessischen Verfassungsschutzgesetzes haben die Privatsphäre der Bürger unverhältnismäßig beeinträchtigt. Überwachungstechniken wie die Handyortung oder der Einsatz verdeckter Mitarbeiter können tiefe Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht darstellen. Der Staat muss sorgfältig abwägen, wie er den Schutz der Bevölkerung gewährleistet, ohne grundlegende Rechte zu verletzen. Der Beschluss aus Karlsruhe könnte auch auf andere Bundesländer Druck ausüben, ähnliche Gesetze zu überprüfen und anzupassen.

OZD-Prognose:
In den nächsten Monaten ist mit einer umfassenden Überarbeitung des hessischen Verfassungsschutzgesetzes zu rechnen. Es ist zu erwarten, dass auch andere Bundesländer ihre Verfassungsschutzgesetze verstärkt auf verfassungsmäßige Konformität prüfen werden. Die Debatte um den Schutz der Privatsphäre wird in Deutschland an Intensität gewinnen.

Biographien und Erklärungen:
Was ist das Bundesverfassungsgericht?
Das Bundesverfassungsgericht ist das höchste Gericht Deutschlands und hat die Aufgabe, die Einhaltung des Grundgesetzes zu überwachen. Es ist unter anderem für Verfassungsbeschwerden zuständig, bei denen Bürger ihre Grundrechte verletzt sehen. Offizielle Webseite des Bundesverfassungsgerichts.

Was ist der hessische Verfassungsschutz?
Der hessische Verfassungsschutz ist eine Landesbehörde, die mit der Abwehr von Gefahren für die demokratische Grundordnung beauftragt ist. Dazu zählt auch die Überwachung extremistischer Gruppierungen. Offizielle Webseite des Verfassungsschutzes Hessen.

Hinweise:
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Foto:  THOMAS KIENZLE / AFP