Die Bundesregierung hat ihre Enthaltung bei der UN-Resolution zur israelischen Besatzung in den palästinensischen Gebieten mit einem "unrealistischen" Zeitplan für die geforderte Beendigung der Besatzung begründet. "Die Resolution lässt legitime Sicherheitsinteressen Israels unerwähnt und berücksichtigt sein Selbstverteidigungsrecht nicht hinreichend," erklärte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes am Donnerstag in Berlin.
Am Mittwoch hatte die UN-Vollversammlung Israel in einer nicht bindenden Resolution aufgefordert, die Besatzung in den palästinensischen Gebieten binnen zwölf Monaten zu beenden. Der Text wurde mit einer Mehrheit von 124 Ja-Stimmen bei 14 Nein-Stimmen und 43 Enthaltungen verabschiedet. Die palästinensische Seite begrüßte das Votum, während Israel scharfe Kritik äußerte.
Die Resolution folgt auf die Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs (IGH) in Den Haag, der die fortdauernde israelische Besatzungspolitik in den Palästinensergebieten Mitte Juli als unrechtmäßig eingestuft hatte. Obwohl Resolutionen der UN-Vollversammlung rechtlich nicht bindend sind, haben sie dennoch einen hohen symbolischen und politischen Wert. Gegen die Resolution stimmten unter anderem die USA, Ungarn, Tschechien und Argentinien. Deutschland enthielt sich.
Die Sprecherin des Auswärtigen Amtes betonte, dass die Resolution "in mehreren wichtigen Punkten über das Gutachten des Internationalen Gerichtshofs hinausgehe." Sie erklärte weiter: "So setzt sie für die Beendigung der Besatzung eine unrealistische Frist und lässt außer Acht, dass es zu einer nachhaltigen Lösung direkte Verhandlungen zwischen den Parteien braucht."
Gleichzeitig bekräftigte das Auswärtige Amt die Haltung der Bundesregierung zur israelischen Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten. "Die israelische Siedlungspolitik ist völkerrechtswidrig und verbaut den Weg zu einer Zweistaatenlösung," so die Sprecherin. Eine verhandelte Zweistaatenlösung bleibe das "feste Ziel deutscher Außenpolitik" und sei der einzige Weg zu einem nachhaltigen Frieden im Nahen Osten. Nur durch eine solche Lösung könnten die "legitimen Sicherheitsinteressen Israels" gewahrt werden und die "Palästinenserinnen und Palästinenser in ihrem eigenen Staat in Sicherheit und Würde leben."
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OZD-Kommentar:
Die Komplexität des Nahost-Konflikts auf der UN-Bühne Die Enthaltung Deutschlands bei der UN-Resolution zeigt, wie komplex und umstritten der Nahost-Konflikt auf internationaler Ebene bleibt. Die Forderung nach einem festen Zeitplan zur Beendigung der Besatzung spiegelt das dringende Bedürfnis nach einer Lösung wider, berücksichtigt jedoch nicht die realen Herausforderungen und Sicherheitsbedenken, insbesondere auf israelischer Seite. Direkte Verhandlungen zwischen den Parteien sind unverzichtbar, doch die aktuelle Lage macht Fortschritte in diesem Prozess schwer vorstellbar. Die UN-Resolution bringt das Dilemma zwischen moralischem Anspruch und politischer Realität deutlich zum Ausdruck.
OZD-Prognose:
In den kommenden Wochen wird die Resolution weiterhin für Diskussionen sorgen. Während Palästina auf die Umsetzung drängen wird, bleibt es fraglich, ob sie den Friedensprozess wirklich vorantreibt oder die Spannungen weiter anheizt. Die EU und Deutschland werden ihre Rolle als Vermittler im Konflikt weiter ausbauen müssen.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist der Internationale Gerichtshof (IGH)? Der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag ist das Hauptrechtsprechungsorgan der Vereinten Nationen (UN). Er wurde 1945 gegründet und behandelt Streitigkeiten zwischen Staaten, insbesondere in Bezug auf Völkerrecht. Der IGH gab Mitte Juli ein Gutachten ab, das die israelische Besatzungspolitik in den palästinensischen Gebieten als unrechtmäßig einstufte. Offizielle Website des Internationalen Gerichtshofs
Was ist die UN-Vollversammlung? Die UN-Vollversammlung ist das zentrale Beratungsorgan der Vereinten Nationen, in dem alle Mitgliedstaaten vertreten sind. Sie diskutiert und verabschiedet Resolutionen zu wichtigen globalen Themen, darunter Frieden und Sicherheit. Ihre Beschlüsse sind rechtlich nicht bindend, haben jedoch einen hohen moralischen und politischen Stellenwert. Wikipedia-Seite der UN-Vollversammlung
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