Trotz eines letzten Störversuchs Russlands hat die Weltgemeinschaft am Sonntag einen globalen Zukunftspakt zur gemeinsamen Bewältigung von Krisen und Konflikten beschlossen. In New York verabschiedeten die UN-Staaten das Dokument, an dessen Ausarbeitung Deutschland eine führende Rolle hatte. Russland brachte kurz vor der Abstimmung einen Änderungsantrag ein, der von den versammelten Nationen mit klarer Mehrheit abgelehnt wurde.
Der Zukunftspakt besteht aus fünf Kapiteln und 56 Punkten, die sich der Stärkung des Multilateralismus und der Verbesserung der internationalen Zusammenarbeit widmen. Bundeskanzler Olaf Scholz betonte in seiner Rede in New York, dass das Abkommen zeige, „dass all das Gerede von Spaltung, Polarisierung und Unsicherheit nicht das Ende unserer Vereinten Nationen sein wird“. Deutschland und Namibia leiteten die Verhandlungen, die zu diesem Konsens führten, trotz politischer und ideologischer Unterschiede.
Russland versuchte, eine Änderung durchzusetzen, die der UNO verbieten sollte, sich in die inneren Angelegenheiten von Staaten einzumischen. Dieser Vorstoß wurde von Belarus, Nordkorea, dem Iran, Nicaragua und Syrien unterstützt, doch die überwältigende Mehrheit der Staaten entschied sich gegen eine Abstimmung über diesen Antrag. Scholz nannte Russlands Verhalten „irritierend“, fügte jedoch hinzu: „Das ist ein Problem für Russland, nicht für den Prozess, den die Weltgemeinschaft hier gemeinsam gegangen ist.“
Dutzende Staats- und Regierungschefs reisten nach New York, um den Zukunftspakt zu unterzeichnen, der den Auftakt der UN-Woche markiert. Die kommenden Tage werden von der UN-Generaldebatte dominiert, in der unter anderem der Nahost-Konflikt und der Krieg in der Ukraine im Mittelpunkt stehen werden.
Der von UN-Generalsekretär António Guterres initiierte Zukunftspakt zielt darauf ab, den Multilateralismus zu stärken und die Interessen künftiger Generationen zu schützen. Er enthält zudem Verpflichtungen zur Abrüstung, zur Friedenssicherung und zur Bekämpfung der Folgen des Klimawandels. Besonders bemerkenswert ist ein Zusatzprotokoll, das Risiken digitaler Technologien wie der Künstlichen Intelligenz adressiert. Entwicklungsländer forderten zudem eine Reform des UN-Sicherheitsrats und internationaler Finanzinstitutionen, um eine gerechtere Repräsentation zu gewährleisten.
Obwohl der Text von einigen Diplomaten als „kleinster gemeinsamer Nenner“ bezeichnet wurde, lobten Experten wie Richard Gowen von der International Crisis Group das Abkommen als Grundlage für zukünftige Reformen. „Es ist nicht das revolutionäre Dokument, das sich viele erhofft hatten, aber es bietet eine solide Basis für Fortschritte“, sagte er. Guterres forderte die Staatengemeinschaft auf, nun „Worten Taten folgen zu lassen“ und dem Abkommen „Leben einzuhauchen“.
OZD/ AFP
Kommentar:
Multilateralismus unter Druck: Wie tragfähig ist der neue UN-Pakt?
Der neue Zukunftspakt der UN ist ein bedeutender Schritt in Richtung einer stärkeren globalen Zusammenarbeit. Doch in einer zunehmend polarisierten Welt bleibt die Frage, ob der Multilateralismus in seiner jetzigen Form den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gewachsen ist. Die Uneinigkeit, die sich in Russlands Widerstand gegen den Pakt zeigte, deutet darauf hin, dass es auch künftig Spannungen geben wird, die den globalen Konsens gefährden könnten. Es bleibt abzuwarten, ob der Zukunftspakt die erhofften Fortschritte bringt oder ob er lediglich ein symbolisches Abkommen bleibt.
Eine Prognose: In der kommenden Woche dürften erste Debatten über die konkreten Umsetzungsschritte des Pakts aufkommen, insbesondere im Hinblick auf die Reform des UN-Sicherheitsrats und der internationalen Finanzinstitutionen.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist Olaf Scholz?
Olaf Scholz ist seit 2021 Bundeskanzler von Deutschland und Mitglied der SPD. Er ist ein starker Befürworter des Multilateralismus und vertritt Deutschland auf internationaler Bühne, insbesondere bei den Vereinten Nationen.
Wer ist António Guterres?
António Guterres ist seit 2017 Generalsekretär der Vereinten Nationen. Der ehemalige portugiesische Premierminister setzt sich für Reformen der UN und eine stärkere internationale Zusammenarbeit ein.
Was ist der UN-Sicherheitsrat?
Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen ist eines der wichtigsten Gremien der UN und hat die Aufgabe, den internationalen Frieden und die Sicherheit zu wahren. Er besteht aus 15 Mitgliedern, darunter fünf ständige Mitglieder mit Vetorecht.
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Foto: Angela Weiss / AFP