Der frühere Chefredakteur der pro-demokratischen Nachrichtenplattform "Stand News" ist in Hongkong wegen angeblicher Aufwiegelung zum Aufruhr zu 21 Monaten Gefängnis verurteilt worden. Mit der am Donnerstag verkündeten Urteilsverkündung ist Chung Pui-kuen der erste Journalist, der seit der Rückgabe der britischen Kronkolonie an China 1997 unter diesem Vorwurf ins Gefängnis muss. Sein ebenfalls wegen "Aufwiegelung" verurteilter Stellvertreter Patrick Lam erhielt Strafmilderung aus gesundheitlichen Gründen und muss nicht ins Gefängnis.
Die 2021 geschlossene Nachrichten-Website hatte während der pro-demokratischen Proteste in Hongkong 2019 eine große Leserschaft erreicht. Chung und Lam waren Ende August wegen "Verschwörung zur Veröffentlichung und Vervielfältigung aufrührerischer Publikationen" schuldig gesprochen worden. In der schriftlichen Begründung hieß es, "Stand News" habe die "Autonomie Hongkongs unterstützt und vorangetrieben". Zudem sei die Plattform zu einem Werkzeug geworden, um die Behörden der Zentralregierung in Peking und die Hongkonger Regierung zu "verleumden und zu diffamieren". Auch das Mutterunternehmen Best Pencil Limited war schuldig gesprochen worden.
Richter Kwok Wai-kin sagte am Donnerstag, Chung und Lam hätten mit "Stand News" keine "echte journalistische Arbeit" geleistet. "Sie waren Teil des sogenannten Widerstands. Sie standen an der Seite der Demonstranten, um sich der Regierung zu widersetzen", sagte der Richter. Ihre "aufrührerischen Artikel" hätten großen Schaden verursacht. Gefängnis sei daher die einzige Option.
Der Vorwurf der "Aufwiegelung zum Aufruhr" stammt noch aus der britischen Kolonialzeit. Er kam jahrzehntelang nicht zur Anwendung, wird jedoch seit 2020 von den chinesischen Behörden gegen Regierungsgegner eingesetzt. Mit einem im März verabschiedeten neuen "Sicherheits"-Gesetz wurde die Höchststrafe für "Aufwiegelung" auf bis zu sieben Jahre Haft heraufgesetzt.
Das US-Konsulat in Hongkong verurteilte die Haftstrafe gegen Chung als "direkten Angriff auf die Pressefreiheit". Die Hongkonger Behörden müssten die Inhaftierung von Journalisten beenden, sagte ein Sprecher der Nachrichtenagentur AFP. Bereits der Schuldspruch gegen die Journalisten war international kritisiert worden.
Sarah Brooks von der Menschenrechtsorganisation Amnesty International erklärte, mit der Verurteilung der Journalisten wolle China "andere in der Stadt und darüber hinaus davon abschrecken, die Behörden zu kritisieren". Es handele sich um eine "Herrschaft durch Angst".
Im Pressefreiheit-Ranking der Organisation Reporter ohne Grenzen ist die chinesische Sonderverwaltungszone Hongkong in den vergangenen zwei Jahrzehnten von Platz 18 auf Platz 135 abgerutscht.
OZD / AFP
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