Am Wahltag in Österreich richten sich die Augen auf die rechtspopulistische Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ), die laut Umfragen erstmals zur stärksten Kraft im Nationalrat werden könnte. Parteichef Herbert Kickl, bekannt für seine umstrittenen politischen Positionen, hat die FPÖ zuletzt auf rund 27 Prozent der Stimmen gebracht und sich damit an die Spitze gesetzt – dicht gefolgt von der konservativen ÖVP von Kanzler Karl Nehammer.
Dennoch ist ungewiss, ob Kickl tatsächlich das Kanzleramt übernehmen könnte. Die FPÖ war in der Vergangenheit bereits Juniorpartner in Regierungen, jedoch hat sie noch nie den Kanzler gestellt. Kickls radikale Positionen in der Migrationspolitik und seine Nähe zu Verschwörungstheorien machen eine Koalition mit anderen Parteien schwer vorstellbar. Nehammer hat eine Zusammenarbeit mit Kickl wiederholt ausgeschlossen und stattdessen ein mögliches Dreierbündnis mit der SPÖ und den liberalen Neos ins Spiel gebracht.
Eine zusätzliche Hürde stellt der grüne Bundespräsident Alexander Van der Bellen dar, der verfassungsgemäß die Freiheit hat, einen anderen Kandidaten als den Spitzenkandidaten der stärksten Fraktion mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Es wird spekuliert, dass er Kickl diese Rolle verweigern könnte.
Die ÖVP hat in den letzten Wochen in den Umfragen wieder Boden gut gemacht. Nehammer setzte auf den Slogan "Stabilität statt Chaos" und präsentierte sich während der Hochwasserkatastrophe als besonnener Krisenmanager. Zudem verschärfte er seine Haltung in der Migrationspolitik, um potenzielle FPÖ-Wähler anzusprechen.
Kickl hingegen zeigte sich bis zuletzt siegessicher. Auf einer Wahlkampfkundgebung vor dem Wiener Stephansdom erklärte er: "Dieses Mal werden wir die Nummer eins bei dieser Wahl werden." Sein Kurs gegen Migranten und seine scharfe Kritik an der Ukraine-Politik Österreichs haben der FPÖ in den Umfragen zu einem Aufschwung verholfen.
Die Wahl könnte Österreichs politische Landschaft grundlegend verändern, doch die nächsten Stunden werden zeigen, ob Kickl tatsächlich eine Regierung bilden kann – oder ob er, trotz des Erfolgs, außen vor bleibt.
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OZD-Kommentar:
Gefährliche Zeiten für Österreichs Demokratie
Die
mögliche Wahl der FPÖ zur stärksten politischen Kraft in Österreich ist
ein deutliches Zeichen für den wachsenden Einfluss populistischer
Bewegungen in Europa. Herbert Kickls radikale Ansichten, insbesondere in
Bezug auf Migration und die "Remigration", verdeutlichen, dass
Österreich in eine politische Richtung zu steuern droht, die in vielen
anderen europäischen Staaten bereits problematische Folgen gezeigt hat.
Auch wenn Kickl die Wahl gewinnt, ist die Frage, ob er genügend Partner finden wird, um eine stabile Regierung zu bilden. Selbst wenn ihm das gelingt, droht Österreich, sich weiter von den europäischen Grundwerten zu entfernen. Präsident Van der Bellen könnte hier eine Schlüsselrolle spielen und verhindern, dass Kickl tatsächlich Kanzler wird.
In den kommenden Wochen bleibt abzuwarten, wie sich die Koalitionsverhandlungen entwickeln und ob Österreichs Demokratie in dieser kritischen Phase gestärkt oder geschwächt wird. Der Ausgang dieser Wahl könnte auch Auswirkungen auf die politische Zukunft Europas haben, insbesondere in Hinblick auf die wachsende Macht rechtspopulistischer Parteien.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist Herbert Kickl?
Herbert
Kickl ist der aktuelle Parteichef der rechtspopulistischen
Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ). Er war von 2017 bis 2019
Innenminister und ist bekannt für seine radikalen Positionen zur
Migration und seine Nähe zu Verschwörungstheorien.
Wer ist Karl Nehammer?
Karl
Nehammer ist der derzeitige Bundeskanzler von Österreich und
Parteivorsitzender der Österreichischen Volkspartei (ÖVP). Er trat 2021
die Nachfolge von Sebastian Kurz an und führte Österreich durch mehrere
Krisen, darunter die Corona-Pandemie und die Hochwasserkatastrophe.
Was ist die FPÖ?
Die
Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) ist eine rechtspopulistische
Partei, die für ihre nationalistischen und migrationsfeindlichen
Positionen bekannt ist. Sie war bereits mehrmals an der Regierung
beteiligt, zuletzt bis 2019.
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Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP