Zum Inhalt springen
OZD.news - News und Nachrichten zum Nachschlagen

Warum besonders Frauen von Mehrarbeit abgehalten werden

In Deutschland bleibt viel potenzielle Arbeitskraft ungenutzt, vor allem bei Frauen. Eine neue Studie fordert Reformen wie die Abschaffung des Ehegattensplittings und mehr Kinderbetreuungsangebote, um mehr Menschen in den Arbeitsmarkt zu integrieren.

Laut einer Studie des Instituts für Angewandte Wirtschaftsforschung der Universität Tübingen geht in Deutschland viel potenzielles Arbeitskräftepotenzial verloren, weil Menschen nicht oder nur wenig arbeiten. Besonders betroffen sind Frauen, wie die "Augsburger Allgemeine" am Montag unter Verweis auf die Untersuchung im Auftrag der Stiftung der Familienunternehmer berichtete.

Die Forscher sehen großes ungenutztes Potenzial vor allem bei Frauen und fordern daher mehr Anreize, um die Erwerbsquote zu steigern. Ein wichtiger Punkt, den die Ökonomen anführen, ist das Ehegattensplitting, das insbesondere Frauen davon abhalte, in Vollzeit zu arbeiten. Sie empfehlen die Abschaffung dieser Steuerregelung, die in vielen Fällen dazu führt, dass der zweite Verdiener eines Haushalts, häufig die Frau, aufgrund der steuerlichen Vorteile in Teilzeit bleibt.

Ein weiterer Ansatzpunkt sei die Einschränkung von Mini-Jobs, da diese oft den Schritt in eine Vollzeitbeschäftigung verhindern. Die Studie plädiert auch für eine bessere Kinderbetreuung, beispielsweise durch die verstärkte Förderung von betrieblichen Kitas. Dies würde insbesondere Eltern, und hier vor allem Frauen, den Wiedereinstieg in den Beruf erleichtern.

Auch bei zugewanderten Frauen sehen die Forscher erhebliches Potenzial. Deren Erwerbstätigkeitsquote liegt deutlich unter der von eingewanderten Männern. Die Forscher schlagen vor, dass Arbeitsämter besonders diese Gruppe ermutigen sollten, an Deutschkursen teilzunehmen, um so ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen.

Ein weiterer Bereich, der in der Studie angesprochen wird, ist die Rente mit 63. Die Forscher regen an, diese Regelung zu überdenken, um ältere Arbeitnehmer länger im Beruf zu halten und das Fachkräftepotenzial besser auszuschöpfen.

"Deutschland hat ein großes und bereits vorhandenes Arbeitskräftepotenzial, das die Politik nicht liegen lassen darf", sagte Rainer Kirchdörfer, Chef der Stiftung Familienunternehmen, der "Augsburger Allgemeinen". Er fordert, dass die Politik Maßnahmen ergreift, um diese Ressourcen besser zu nutzen.

OZD / ©AFP

OZD-Kommentar:

Nicht genutztes Potenzial: Sind die vorgeschlagenen Maßnahmen ausreichend?

Die Erkenntnisse der Studie zeigen klar, dass in Deutschland wertvolles Arbeitskräftepotenzial verloren geht. Die vorgeschlagenen Reformen sind ein guter Ansatz, um Frauen und andere unterrepräsentierte Gruppen stärker in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Die Abschaffung des Ehegattensplittings und die bessere Kinderbetreuung könnten echte Hebel für eine höhere Erwerbsbeteiligung sein.

Jedoch bleibt die Frage, ob dies allein ausreicht. Vor allem die kulturellen und sozialen Hindernisse, die Frauen davon abhalten, Vollzeit zu arbeiten, sind tief verwurzelt und können nicht allein durch steuerliche Anreize oder zusätzliche Kitaplätze überwunden werden. Auch die Integration von Migrantinnen erfordert mehr als nur Sprachkurse. Es braucht gezielte Programme, um ihre Qualifikationen anzuerkennen und ihnen den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern.

In den kommenden Wochen und Monaten wird sich zeigen, ob die Politik diese Vorschläge aufgreift und tatsächlich Maßnahmen ergreift, um das brachliegende Potenzial auf dem Arbeitsmarkt zu nutzen.

Biographien und Erklärungen:

Wer ist Rainer Kirchdörfer?
Rainer Kirchdörfer ist Vorsitzender der Stiftung Familienunternehmen, die sich für die Interessen von Familienunternehmen in Deutschland einsetzt. Mehr Informationen finden sich auf der offiziellen Website der Stiftung.

Was ist das Ehegattensplitting?
Das Ehegattensplitting ist eine Steuerregelung in Deutschland, bei der das Einkommen von Ehepartnern zusammengelegt und dann halbiert besteuert wird. Dies führt häufig dazu, dass der Partner mit dem niedrigeren Einkommen (oft die Frau) steuerlich benachteiligt wird, wenn er in Vollzeit arbeitet. Weitere Informationen gibt es auf Wikipedia.

Hinweise:
Alle Angaben ohne Gewähr. Bitte empfehlen Sie uns oder diesen Artikel weiter. OZD-News und Nachrichten zum Nachschlagen ohne Paywall!

Titelbild AFP