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Depressionen bei Männern auf Rekordhoch: Der stille Kampf in der Leistungsgesellschaft

Der Anteil berufstätiger Männer mit Depressionen steigt rapide. Besonders Väter sind betroffen. Warum der Druck in der modernen Arbeitswelt zunimmt und was das für Männer bedeutet.

Der Anteil berufstätiger Männer, die an Depressionen leiden, ist laut der Krankenkasse KKH so hoch wie nie zuvor. Im ersten Halbjahr 2024 stieg die Zahl der Männer, die aufgrund seelischer Belastungen krankgeschrieben wurden, auf 35,5 Prozent, wie die KKH am Dienstag in Hannover berichtete. Zum Vergleich: Im Vorcoronajahr 2019 lag dieser Anteil noch bei 32,4 Prozent.

Besonders auffällig ist der Anstieg bei Männern, die wegen einer depressiven Episode am Arbeitsplatz fehlten. Hier stieg der Wert auf 39,2 Prozent – 2019 waren es noch 32,7 Prozent. Insgesamt gab es im ersten Halbjahr 2024 unter den KKH-Versicherten 388 Fehltage pro hundert Berufstätige aufgrund von Depressionen oder Angststörungen. Ein wesentlicher Faktor für diesen Anstieg sei der zunehmende Druck der Leistungsgesellschaft, wie die Kasse erläuterte.

Stress werde insbesondere bei Männern häufig als Zeichen von Leistungsfähigkeit angesehen. Doch die Grenzen zwischen Beruf und Privatleben verwischen immer mehr. Trotz der nach wie vor häufigeren Doppelbelastung bei Frauen, sei der Druck auch bei Männern nicht mehr ausschließlich auf den Beruf zurückzuführen. Besonders Väter seien verstärkt betroffen.

Laut einer von der KKH in Auftrag gegebenen Umfrage standen über die Hälfte der Väter mit Kindern unter 18 Jahren häufig unter starkem Druck. Im Jahr 2019 war es noch etwa ein Drittel gewesen. Zu den Gründen zählen neben der Erziehung und Betreuung der Kinder auch die steigende Arbeitslast im Haushalt. Im Fünfjahresvergleich zeigt sich ein klarer Anstieg der Belastungen.

"Unsere Daten zeigen, dass Männer zunehmend belastet sind, mittlerweile aber auch offener als noch vor ein paar Jahren über psychische Probleme sprechen," erklärte KKH-Vorständin Stephanie Engelmann. Diese Offenheit führe ebenfalls zu mehr Krankschreibungen. Engelmann betonte, dass die Enttabuisierung psychischer Probleme ein wichtiges Signal sei, da der Anstieg psychischer Belastungen ein gesamtgesellschaftliches Phänomen sei. "Jeder sollte sich trauen können, seelische Probleme offen anzusprechen, unabhängig vom Geschlecht," fügte sie hinzu.

Die KKH stützt ihre Daten auf Auswertungen ihrer Versicherten. Darüber hinaus befragte das Institut Forsa im Auftrag der Krankenkasse etwa tausend Menschen im Alter von 18 bis 65 Jahren mit Kindern unter 18 Jahren. Diese Umfrage gilt als repräsentativ.


OZD-Kommentar:

Die verborgene Krise der Männer

Die aktuellen Zahlen der KKH legen offen, dass psychische Probleme längst nicht mehr auf bestimmte Gruppen beschränkt sind. Besonders bei Männern, die traditionell eher als belastbar und emotional stark wahrgenommen werden, ist die steigende Zahl von Krankmeldungen wegen Depressionen alarmierend. Die zunehmende Offenheit im Umgang mit diesen Themen ist zwar positiv zu bewerten, doch sie wirft auch Fragen auf: Warum werden diese Belastungen nicht früher erkannt und durch passende Arbeitsbedingungen gemildert? Die Verwischung der Grenzen zwischen Beruf und Privatleben setzt Männer – besonders Väter – immer stärker unter Druck. Hier ist sowohl die Gesellschaft als auch die Arbeitswelt gefordert, für mehr Entlastung zu sorgen.

Biographien und Erklärungen:

Wer ist Stephanie Engelmann?
Stephanie Engelmann ist Vorständin der Krankenkasse KKH und setzt sich aktiv für die Enttabuisierung psychischer Probleme ein. Sie ist maßgeblich an der Auswertung der Daten beteiligt und treibt die Diskussion um psychische Gesundheit voran.

Was ist die KKH?
Die Kaufmännische Krankenkasse (KKH) ist eine der größten Krankenkassen in Deutschland. Sie bietet umfassende Leistungen im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung und engagiert sich verstärkt für die psychische Gesundheit ihrer Versicherten. Weitere Informationen finden Sie auf der offiziellen Webseite: www.kkh.de.

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Foto:  Charly TRIBALLEAU / AFP