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EU bringt 35-Milliarden-Hilfspaket für die Ukraine auf den Weg

Ungarn blockiert wichtige Details, und auch die USA zögern. Steht die Finanzierung des 35-Milliarden-Pakets auf der Kippe?

Die Europäische Union hat am Mittwoch den Weg für ein weiteres Hilfspaket von bis zu 35 Milliarden Euro für die Ukraine geebnet. Die ständigen Vertreter der Mitgliedsländer stimmten in Brüssel dem Vorschlag zu, der die finanzielle Unterstützung der kriegsgebeutelten Ukraine für dieses und das kommende Jahr sicherstellen soll. „Es handelt sich um eine Makrofinanzhilfe,“ erklärte der EU-Rat, der die Entscheidung als historische Maßnahme einordnet.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte diese Hilfen bereits im September bei einem Besuch in Kiew angekündigt. Die 35 Milliarden Euro sind Teil eines größeren Hilfspakets im Umfang von 50 Milliarden US-Dollar, das die G7-Länder der Ukraine beim Gipfeltreffen in Italien im Juni zugesagt hatten. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz sprach in diesem Zusammenhang von einer „historischen Entscheidung“, die die Solidarität der internationalen Gemeinschaft gegenüber der Ukraine unterstreiche.

Allerdings verhindert Ungarn, unter Führung von Ministerpräsident Viktor Orban, die Einigung über einen entscheidenden Punkt des Hilfspakets: die Nutzung von Zinsgewinnen auf eingefrorene russische Vermögenswerte in Europa. Diese Zinsgewinne sollen das 50-Milliarden-Hilfspaket langfristig finanzieren. Doch die prorussische Regierung in Ungarn blockiert eine längerfristige Regelung, die von der EU-Kommission vorgeschlagen wurde. Sie hätte eine Nutzung der Zinserträge über einen Zeitraum von drei Jahren erlaubt.

Ohne Ungarns Zustimmung müssen die Russland-Sanktionen, die zur Einfrierung der Vermögenswerte führten, weiterhin alle sechs Monate einstimmig verlängert werden. Dies erschwert die Planungssicherheit für das Paket und sorgt für Spannungen innerhalb der EU.

Trotz der Blockade stimmte eine qualifizierte Mehrheit der Mitgliedsländer – das sind mindestens 15 Staaten, die 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren – den Krediten in Höhe von 35 Milliarden Euro zu. Nun müssen die EU-Staaten und das Europäische Parlament die Hilfen noch formell beschließen. Angesichts der finanziellen Notlage der Ukraine soll dies bis Ende Oktober erfolgen.

Die Finanzierung der restlichen 15 Milliarden US-Dollar hängt laut Kommissionsvorschlag von der Unterstützung der G7-Partner – insbesondere den USA, Japan und Kanada – ab. Doch die USA zögern angesichts der ungarischen Blockade und bringen Haftungsfragen ins Spiel. Diplomaten berichten, dass die USA sich zuletzt zurückhaltend zeigten. Sollte der Republikaner Donald Trump die US-Präsidentschaftswahl im November gewinnen, könnte eine Beteiligung der USA ganz entfallen, was die europäische Ukraine-Hilfe weiter erschweren würde.

OZD / ©AFP

OZD-Kommentar:
Ungarn blockiert: Die Zukunft der Ukraine-Hilfe auf der Kippe?
Während die EU eine historische Entscheidung getroffen hat, bleibt die Solidarität innerhalb Europas wackelig. Ungarns Blockadepolitik gefährdet nicht nur die langfristige Finanzierung des Hilfspakets, sondern auch das Vertrauen in die Fähigkeit der EU, in Krisenzeiten geschlossen zu handeln. Die prorussische Haltung Viktor Orbans führt zu wachsender Unruhe in Brüssel, insbesondere in einer Zeit, in der jede Verzögerung fatale Folgen für die Ukraine haben könnte. Zusätzlich verschärft die Unsicherheit über die US-Unterstützung die Situation weiter – ein Wahlsieg Trumps könnte die transatlantische Partnerschaft und die gemeinsame Hilfe für die Ukraine ins Wanken bringen.

OZD-Prognose:
In den kommenden Wochen wird es entscheidend sein, ob die EU in der Lage ist, eine Lösung für die Blockade durch Ungarn zu finden. Es besteht die Gefahr, dass die Finanzierung des gesamten Hilfspakets ins Stocken gerät, falls die USA sich weiter zurückhalten oder eine neue politische Führung unter Donald Trump den Kurs ändert. Auch wird die Frage, wie die EU mit den Sanktionen gegen Russland umgeht, weiterhin ein Streitpunkt bleiben.

Biographien und Erklärungen:
Wer ist Viktor Orban?
Viktor Orban ist seit 2010 Ministerpräsident von Ungarn und Vorsitzender der rechtsnationalen Partei Fidesz. Er hat in den letzten Jahren eine zunehmend prorussische Außenpolitik verfolgt und steht in scharfer Kritik innerhalb der EU wegen seiner Blockade von EU-Sanktionsmaßnahmen. Offizielle Webseite von Viktor Orban

Was ist die EU-Kommission?
Die Europäische Kommission ist das Exekutivorgan der Europäischen Union. Sie schlägt Gesetze vor, setzt die Beschlüsse des Europäischen Parlaments und des Rates um und verwaltet den EU-Haushalt. EU-Kommission Webseite

Was ist die G7?
Die Gruppe der Sieben (G7) ist ein informelles Forum der führenden Industrienationen bestehend aus Kanada, Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, dem Vereinigten Königreich und den USA. Sie koordiniert internationale Wirtschafts- und Sicherheitsmaßnahmen und befasst sich auch mit globalen Herausforderungen wie der Ukraine-Krise. G7 Webseite

Hinweise:
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Foto: . Andrew  Caballero-Reynolds / AFP