Nach langen Verzögerungen und zahlreichen Rückschlägen hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am Wochenende zwei Krankenhäuser im nördlichen Gazastreifen mit dringend benötigtem medizinischen Material versorgen können. „Der WHO und ihren Partnern ist es gestern nach neun Versuchen in dieser Woche endlich gelungen, die Krankenhäuser Kamal Adwan und Al-Sahaba zu erreichen,“ erklärte WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus am Sonntagabend über den Online-Dienst X.
Neben wichtigen medizinischen Gütern wie Medikamenten und Verbandsmaterial wurden auch Blutkonserven und dringend benötigter Treibstoff geliefert, um die Arbeit in den Kliniken trotz der fortdauernden Kampfhandlungen aufrechtzuerhalten. An der Hilfsaktion beteiligte sich auch der palästinensische Rote Halbmond.
Trotz des Erfolgs des Hilfskonvois betonte Tedros, dass der Einsatz mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden war. „Die Fahrer des Hilfskonvois wurden einer demütigenden Sicherheitsuntersuchung unterzogen und an einem Kontrollpunkt sogar vorübergehend festgenommen,“ berichtete der WHO-Chef und bezeichnete diese Situation als „inakzeptabel“.
Die UN-Organisation kritisiert seit Beginn des Konflikts regelmäßig die Hindernisse, die den Hilfskräften von den israelischen Behörden in den Weg gelegt werden. Diese behindern sowohl die Lieferung von lebenswichtigen Gütern als auch die Evakuierung schwerkranker Patienten. Am Freitag forderte Tedros erneut die Schaffung eines stabilen Zugangs für medizinische Hilfsgüter in den Gazastreifen. „Einmalmissionen sind nicht genug,“ betonte er und fügte hinzu: „Es gibt einen anhaltenden Bedarf für die Belieferung der Krankenhäuser, damit sie weiter arbeiten können.“
Die Hilfsaktion umfasste auch die Verlegung schwerkranker Patienten. Nach WHO-Angaben wurden 13 schwerkranke Patienten aus dem Kamal-Adwan-Krankenhaus in das Al-Schifa-Krankenhaus in Gaza-Stadt verlegt. Weitere sechs Patienten wurden ebenfalls verlegt, nachdem sie zuvor schon von einem anderen Krankenhaus ins Kamal-Adwan-Krankenhaus gebracht worden waren. Laut Tedros werden täglich zwischen 50 und 70 neue Patienten in die Kamal-Adwan-Klinik eingeliefert.
Der anhaltende Krieg im Gazastreifen hat das Gesundheitssystem des Palästinensergebiets schwer getroffen. Zahlreiche Krankenhäuser wurden durch die Kämpfe beschädigt, was die Versorgung der Bevölkerung erheblich erschwert. Die israelische Armee wirft der Hamas vor, Krankenhäuser für militärische Zwecke zu nutzen.
OZD / ©AFP
OZD-Kommentar:
Hindernisse für humanitäre Hilfe: Eine Krise ohne Ende?
Der erfolgreiche Hilfseinsatz der WHO wirft Licht auf ein düsteres Bild: Die humanitäre Krise im Gazastreifen verschärft sich weiter, während internationale Organisationen mühsam versuchen, den dringend benötigten Nachschub in die Region zu bringen. Die wiederholten Blockaden und die schwierigen Verhandlungen zeigen, wie komplex die Lage ist. Während die Kämpfe toben, bleibt die Frage: Wie lange kann die Bevölkerung ohne ausreichende Versorgung durchhalten? Politische Lösungen sind nicht in Sicht, und die medizinische Hilfe stößt an ihre Grenzen.
OZD-Prognose:
In den kommenden Wochen ist mit weiteren humanitären Krisen zu rechnen, wenn keine dauerhaften Korridore für Hilfslieferungen eingerichtet werden. Der Druck auf internationale Organisationen wie die WHO wird weiter steigen, während die Kampfhandlungen die Situation der Zivilbevölkerung verschlimmern. Ein Ende der Blockaden scheint unwahrscheinlich, solange keine Waffenruhe erzielt wird.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist Tedros Adhanom Ghebreyesus?
Tedros Adhanom Ghebreyesus ist der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und seit 2017 im Amt. Er stammt aus Äthiopien und war zuvor Gesundheits- und Außenminister seines Landes. Tedros ist bekannt für seinen Einsatz für globale Gesundheitsinitiativen, insbesondere in Krisengebieten wie dem Gazastreifen.
Offizielle Webseite der WHO: who.int
Was ist die Weltgesundheitsorganisation (WHO)?
Die WHO ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen, die sich mit der internationalen öffentlichen Gesundheit befasst. Ihr Hauptziel ist es, die Gesundheitssituation weltweit zu verbessern und auf Krisen wie Kriege, Pandemien und Naturkatastrophen zu reagieren. Mehr Informationen auf der Wikipedia-Seite der WHO.
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Foto: Fabrice Coffrini / AFP