Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat seinen „Siegesplan“ zur Beendigung des russischen Angriffskriegs vorgestellt und dabei Deutschland zu Zugeständnissen gedrängt. Insbesondere Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) steht im Fokus, denn Selenskyj fordert von Deutschland die Lieferung von Raketen hoher Reichweite, um die ukrainischen Streitkräfte gegen Russland zu unterstützen. Darüber hinaus verlangt er eine klare Position Deutschlands bezüglich der Nato-Beitrittseinladung für die Ukraine.
Selenskyj betonte auf einer Pressekonferenz nach einem Treffen mit den EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel, dass Deutschland „den Willen zur Unterstützung“ der Ukraine zeigen müsse. Ein zentraler Punkt seiner Forderungen sind die Taurus-Marschflugkörper, die der Bundeskanzler bislang verweigert hat. Scholz begründet seine Zurückhaltung mit der Sorge vor einer weiteren Eskalation des Krieges mit Russland.
Der ukrainische Präsident stellte seinen „Siegesplan“ erstmals am Mittwoch im ukrainischen Parlament vor. Dieser Plan sieht vor, mit einer Verstärkung der militärischen Mittel, insbesondere durch westliche Langstreckenraketen, den Krieg zu gewinnen. Auch in Deutschland wird die Lieferung der Taurus-Raketen kontrovers diskutiert. Friedrich Merz, Oppositionsführer der CDU, kritisierte Scholz scharf und machte ihn persönlich dafür verantwortlich, dass die Ukraine „mit einer Hand auf dem Rücken“ gegen Putin kämpfen müsse.
Der Kanzler wies die Vorwürfe zurück und betonte zu Beginn des EU-Gipfels in Brüssel, dass sich die Ukraine auf Deutschland verlassen könne. Scholz verwies unter anderem auf das jüngste EU-Hilfspaket im Wert von 35 Milliarden Euro, das für die Ukraine bereitgestellt wurde. Über eine mögliche Lieferung von Langstreckenraketen ließ er sich jedoch weiterhin nicht konkret äußern.
Ein weiterer Kernpunkt von Selenskyjs Plan ist die Forderung nach einer raschen Einladung der Ukraine in die Nato. Selenskyj räumte jedoch ein, dass es insbesondere in den USA, unter Präsident Joe Biden, Widerstände gebe. Während Scholz sich in dieser Frage noch nicht klar positioniert hat, betonte Nato-Generalsekretär Mark Rutte, dass die Ukraine auf einem „unumkehrbaren“ Weg zur Nato-Mitgliedschaft sei, ohne jedoch einen genauen Zeitpunkt nennen zu können.
In Brüssel begründete Selenskyj seine Forderungen auch mit der bedrohlichen Lage im Krieg gegen Russland. Er warf Moskau vor, tausende nordkoreanische Soldaten für den Einsatz in der russischen Armee vorzubereiten. Nach Angaben des ukrainischen Geheimdienstes sollen 10.000 Soldaten aus Nordkorea gegen die Ukraine kämpfen.
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OZD-Kommentar:
Selenskyjs „Siegesplan“ – Deutschland am Scheideweg
Die Forderungen von Wolodymyr Selenskyj an Deutschland und die Nato verdeutlichen die Dringlichkeit der Lage. Während die Ukraine militärische Unterstützung zur Verteidigung gegen die russische Invasion einfordert, steht Deutschland vor einer schwierigen Entscheidung. Scholz hat bislang zögerlich auf die Forderung nach Taurus-Raketen reagiert, aus Sorge, dass eine Eskalation des Konflikts droht. Doch je länger der Krieg andauert, desto mehr wächst der Druck auf die Bundesregierung.
Die Frage ist, ob Deutschland weiterhin mit diplomatischen Maßnahmen und wirtschaftlicher Hilfe wie dem 35-Milliarden-Euro-Paket agieren kann oder ob es auch militärisch stärker eingreifen muss. Langfristig steht nicht nur die militärische Unterstützung auf dem Spiel, sondern auch die Glaubwürdigkeit Deutschlands innerhalb der Nato. Die nächsten Wochen werden entscheidend sein, ob Scholz den Forderungen nachgibt und so zur militärischen Stärke der Ukraine beiträgt, oder ob er an seiner Zurückhaltung festhält.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist Wolodymyr Selenskyj?
Wolodymyr
Selenskyj ist seit 2019 Präsident der Ukraine. Er führte das Land durch
die Herausforderungen der russischen Invasion und entwickelte sich in
der Krise zu einem wichtigen internationalen Fürsprecher der Ukraine.
Vor seiner politischen Karriere war Selenskyj als Schauspieler bekannt.
Was ist die Nato?
Die
Nato (North Atlantic Treaty Organization) ist ein Verteidigungsbündnis,
das 1949 gegründet wurde, um die Sicherheit und Freiheit seiner
Mitglieder zu gewährleisten. Die Ukraine strebt seit Jahren eine
Mitgliedschaft an. Mehr Informationen auf der offiziellen Website der Nato.
Hinweise:
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.