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Lauterbach unter heftiger Kritik - Die Krankenhausreform ist durch - Mit Kommentar

Mit der Mehrheit der Ampel-Koalition hat der Bundestag die umstrittene Krankenhausreform verabschiedet. Gesundheitsminister Karl Lauterbach verteidigt das Vorhaben, während CDU/CSU und mehrere Bundesländer auf Nachbesserungen drängen.

Der Bundestag hat am Donnerstag die umstrittene Krankenhausreform mit der Mehrheit der Ampel-Koalition beschlossen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verteidigte das Reformvorhaben in der Schlussdebatte leidenschaftlich. „Wir brauchen diese Reform jetzt“, erklärte er. Lauterbach argumentierte, dass Deutschland derzeit die teuerste Krankenhausversorgung Europas habe, jedoch nur mittelmäßige Qualität biete. „Es gibt ein Nebeneinander von Über-, Unter- und Fehlversorgung“, sagte er.

Der Gesundheitsminister betonte, dass die Reform notwendig sei, um die Qualität in der Krankenhauslandschaft zu verbessern und Fehlanreize im System zu beseitigen. Künftig sollen Kliniken sich auf die medizinisch sinnvollsten Behandlungen konzentrieren und nicht auf lukrative Eingriffe, die hohe Gewinne bringen. Besonders kleine Kliniken auf dem Land sollen laut Lauterbach durch geplante Zuschläge für die Grundversorgung geschützt werden.

Lauterbach räumte jedoch ein, dass Deutschland derzeit zu viele Krankenhäuser habe. Etwa hundert Kliniken mehr als nötig seien im Betrieb, was die Qualität insgesamt senke. Ohne Reform würde es ein „beispielloses Krankenhaussterben“ geben, warnte der Minister. Dieses würde vor allem qualitativ hochwertige Einrichtungen treffen, da die Finanzierung der Kliniken nach wie vor von wirtschaftlichen Faktoren dominiert werde.

Ein wesentlicher Bestandteil der Reform ist die Spezialisierung kleinerer Kliniken. Diese sollen künftig nur noch Leistungen anbieten, die sie sicher beherrschen. Für Patientinnen und Patienten könnte dies zwar längere Wege bedeuten, aber eine bessere Behandlung, so Lauterbach. Zudem soll die Vergütung über Fallpauschalen reduziert werden, da diese Fehlanreize setzen. Stattdessen werden 60 Prozent der Mittel über sogenannte Vorhaltepauschalen verteilt, die für das Bereithalten bestimmter Leistungen gezahlt werden.

Die CDU/CSU-Fraktion unterstützt zwar grundsätzlich die Notwendigkeit einer Reform, kritisiert jedoch, dass Lauterbach die Länder und Krankenhäuser nicht ausreichend in den Prozess einbezogen habe. Der CDU-Gesundheitspolitiker Tino Sorge forderte, dass eine Brückenfinanzierung für die Kliniken geschaffen werden müsse, um den Übergang zur neuen Struktur zu erleichtern.

Auch aus mehreren Bundesländern kommt Kritik an der Reform. Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) erklärte im Bundestag, dass das Gesetz überarbeitet werden müsse, um es besser für die Patientinnen und Patienten zu machen. Ähnlich äußerten sich die Gesundheitsministerinnen von Bayern und Schleswig-Holstein, die ebenfalls eine Anrufung des Vermittlungsausschusses im Bundesrat unterstützen. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) warnte vor einer „kalten Marktbereinigung“, die zu einem massiven Verlust von Krankenhausstandorten führen könnte.

Das Gesetz bedarf keiner Zustimmung des Bundesrats, da es nicht in die Länderkompetenzen eingreift. Jedoch könnte der Bundesrat den Vermittlungsausschuss anrufen, um neue Verhandlungen zu erzwingen. Der Bundestag könnte am Ende jedoch mit absoluter Mehrheit die Länderkammer überstimmen.

OZD / ©AFP

OZD-Kommentar:

Krankenhausreform – eine notwendige Neuausrichtung oder der Anfang vom Ende?

Die Krankenhausreform, die der Bundestag verabschiedet hat, ist nicht nur ein notwendiger Schritt, um das Gesundheitssystem in Deutschland zukunftsfähig zu machen, sondern auch ein kontroverses Unterfangen. Auf der einen Seite steht der berechtigte Versuch, das Nebeneinander von Über- und Unterversorgung zu beenden und die Qualität der Behandlungen zu erhöhen. Auf der anderen Seite warnen Kritiker vor massiven Standortschließungen, insbesondere im ländlichen Raum.

Die Reform setzt auf eine Spezialisierung der Krankenhäuser und will Fehlanreize im System beseitigen. Dies ist zweifelsohne ein richtiger Ansatz. Doch bleibt die Frage, ob die Umsetzung wirklich ohne größere Einbußen bei der Versorgung in ländlichen Regionen möglich ist. Die Debatte wird nun im Bundesrat weitergeführt, wo mehrere Länder auf Nachbesserungen drängen. Ob diese erfolgreich sein werden, ist ungewiss, da die Ampel-Koalition die Möglichkeit hat, die Länderkammer zu überstimmen.

In den kommenden Wochen wird sich zeigen, ob der Vermittlungsausschuss tatsächlich angerufen wird und ob die Reform in ihrer jetzigen Form Bestand haben kann. Fest steht, dass das deutsche Gesundheitssystem vor einem großen Umbruch steht – mit ungewissen Folgen für Patientinnen und Patienten.

Biographien und Erklärungen:

Wer ist Karl Lauterbach?
Karl Lauterbach ist seit 2021 Bundesgesundheitsminister in Deutschland. Der SPD-Politiker ist Arzt und Gesundheitsökonom und bekannt für seine Expertise im Bereich der öffentlichen Gesundheit. Er ist einer der führenden Köpfe hinter der aktuellen Krankenhausreform.

Was ist der Vermittlungsausschuss?
Der Vermittlungsausschuss ist ein Organ zur Konfliktlösung zwischen Bundestag und Bundesrat. Er wird angerufen, wenn es zu Unstimmigkeiten zwischen den beiden Kammern kommt. Ziel des Ausschusses ist es, Kompromisse zu erarbeiten, die von beiden Seiten akzeptiert werden können.

Hinweise:
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.