Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat nach der Verabschiedung der umstrittenen Krankenhausreform angekündigt, dass zahlreiche Krankenhäuser geschlossen werden müssen. „Ein paar Hundert Häuser werden weg sein. Viele davon in westdeutschen Großstädten“, sagte Lauterbach der Bild am Sonntag (BamS). Laut dem Minister gibt es für diese Kliniken „nicht den medizinischen Bedarf“, denn bereits jetzt stehe „jedes dritte Bett leer“ und es gebe „zu wenig Personal“.
Lauterbach betont, dass die Zentralisierung von komplizierten Eingriffen in spezialisierte Kliniken ein „Gewinn der Qualität“ sei. Er verweist auf Beispiele aus anderen Ländern, in denen diese Art der Versorgung erfolgreich umgesetzt wurde.
Neben der Reduzierung von Krankenhäusern sieht Lauterbach auch eine Verringerung der Anzahl der Krankenkassen als notwendig an. „Wir können uns ein paar Dutzend Krankenkassen weniger gut vorstellen“, sagte er. Allerdings solle dies „über die Qualität kommen“, weshalb per Gesetz die Qualität der Krankenkassen künftig vergleichbar gemacht werde. „Das gefällt übrigens auch nicht jedem Krankenkassen-Manager“, fügte der Minister hinzu.
Der Bundestag hatte am Donnerstag die umstrittene Krankenhausreform mit der Mehrheit der Ampel-Koalition beschlossen. Im Zentrum der Reform steht eine stärkere medizinische Spezialisierung der Kliniken. Besonders kleinere Krankenhäuser sollen in Zukunft weniger Leistungen anbieten und sich auf die Eingriffe konzentrieren, die sie besonders gut beherrschen.
Für Patientinnen und Patienten bedeutet dies, dass sie zukünftig möglicherweise längere Wege zum nächstgelegenen Krankenhaus in Kauf nehmen müssen. Im Gegenzug sollen sie jedoch von einer besseren und spezialisierteren Behandlung profitieren. Lauterbach spricht von der „größten Gesundheitsreform seit 20 Jahren“.
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OZD-Kommentar:
Qualität vor Quantität – die Risiken und Chancen der neuen Krankenhausreform
Die Reform von Karl Lauterbach ist ein radikaler Schritt, der für viele Krankenhäuser das Aus bedeuten könnte. Auch wenn die Qualität der medizinischen Versorgung durch Spezialisierungen steigen könnte, steht der Verlust der wohnortnahen Gesundheitsversorgung vor allem in ländlichen Gebieten im Raum. Zudem droht durch die längeren Wege für Patientinnen und Patienten eine Belastung des Notfallsystems. Kritiker befürchten, dass eine Zentralisierung die Versorgungslücken weiter vergrößert, statt sie zu schließen. Trotzdem bleibt die Frage, ob Deutschland mit weniger, aber dafür spezialisierten Krankenhäusern effizienter arbeiten kann.
OZD-Prognose:
In den kommenden Wochen wird die Reform weiterhin kontrovers diskutiert werden. Erste Schließungen von Kliniken könnten noch in diesem Jahr erfolgen, was zu Protesten vor allem in den betroffenen Regionen führen könnte. Ob die Versprechen einer besseren Versorgung durch Spezialisierung eingelöst werden können, wird sich erst in den kommenden Jahren zeigen.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist Karl Lauterbach?
Karl Lauterbach ist seit Dezember 2021 Bundesgesundheitsminister und Mitglied der SPD. Er hat sich als Gesundheitsexperte während der Corona-Pandemie profiliert und setzt sich für weitreichende Reformen im Gesundheitswesen ein. Mehr Informationen gibt es auf der offiziellen Website.
Was ist die Krankenhausreform?
Die Krankenhausreform 2024 ist eine gesetzliche Neuregelung, die die medizinische Spezialisierung von Krankenhäusern vorantreiben soll. Ziel ist es, die Qualität der Versorgung durch die Konzentration auf spezialisierte Kliniken zu erhöhen. Dies soll insbesondere kleinere Krankenhäuser betreffen, die sich künftig auf wenige, aber gut beherrschte Eingriffe konzentrieren sollen.
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