Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva hat aufgrund eines gesundheitlichen Vorfalls seine Teilnahme am Brics-Gipfel in Russland abgesagt. Stattdessen wird Lula per Videokonferenz an dem Treffen teilnehmen, das in Kasan vom 22. bis 24. Oktober stattfindet. Das brasilianische Präsidialamt bestätigte dies am Sonntagabend, ohne detaillierte Informationen zu Lulas Gesundheitszustand zu geben. Medienberichten zufolge stürzte der 78-Jährige am Samstagabend in seinem Badezimmer. Eine Wunde am Hinterkopf wurde im Krankenhaus genäht. Trotz des Vorfalls wird Lula seine regulären Verpflichtungen in dieser Woche wahrnehmen.
Zum Brics-Gipfel in Kasan werden auch Vertreter aus Äthiopien, dem Iran, Ägypten und den Vereinigten Arabischen Emiraten erwartet. Der russische Präsident Wladimir Putin, international weitgehend isoliert, sieht das Treffen als Gelegenheit, sich im eigenen Land mit mehreren Amtskollegen zu zeigen.
Die Brics-Gruppe, die ursprünglich aus Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika bestand, hat mittlerweile weitere Länder aufgenommen. Für Lula wäre dies das erste persönliche Treffen mit Putin in diesem Jahr gewesen. Im September hatten die beiden Staatschefs telefonisch über einen brasilianisch-chinesischen Friedensplan für den Ukraine-Konflikt gesprochen.
Putin selbst hatte kürzlich seine Teilnahme am G20-Gipfel in Brasilien abgesagt, unter Berufung darauf, dass seine Anwesenheit von den zentralen Themen des Treffens ablenken könnte. "Der Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) gegen mich ist nicht der Grund", betonte Putin. Seit März 2023 liegt ein Haftbefehl des IStGH gegen den Kreml-Chef vor, der die Mitgliedstaaten des Gerichts verpflichtet, Putin zu verhaften, sollte er ihr Staatsgebiet betreten. Brasilien gehört zu den IStGH-Mitgliedstaaten, Russland jedoch nicht.
Der IStGH wirft Putin vor, für die Deportation ukrainischer Kinder nach Russland verantwortlich zu sein. Seither hat Putin mehrere Auslandsreisen vermieden, darunter zum Brics-Gipfel in Südafrika und zum G20-Gipfel in Indien. Trotz des Haftbefehls wurde Putin bei einem Besuch in der Mongolei Anfang September nicht verhaftet, sondern mit militärischen Ehren empfangen. "Das Den Haager Gericht kann wenig ausrichten, wenn ein Mitgliedsland den Haftbefehl ignoriert," kritisieren Experten.
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OZD-Kommentar:
Ein diplomatischer Drahtseilakt
Lulas Absage stellt nicht nur eine persönliche Herausforderung dar, sondern auch eine politische. Das geplante Treffen mit Putin hätte eine Gelegenheit geboten, die diplomatischen Beziehungen zu vertiefen und den Friedensplan für die Ukraine zu diskutieren. Durch die Videokonferenz entfällt die direkte persönliche Ebene, die gerade bei solch heiklen Themen von Bedeutung ist. Gleichzeitig bleibt Putins Position innerhalb der internationalen Gemeinschaft aufgrund des IStGH-Haftbefehls weiterhin angespannt.
OZD-Prognose:
In den kommenden Wochen dürfte Lula versuchen, sein gesundheitliches Missgeschick schnell hinter sich zu lassen und seinen diplomatischen Kurs gegenüber Russland fortzusetzen. Auch könnte Putin weitere Auslandsreisen vermeiden, um dem drohenden Haftbefehl zu entgehen. Der Brics-Gipfel wird jedoch weiterhin als Bühne für geopolitische Verhandlungen genutzt werden.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist Luiz Inácio Lula da Silva?
Luiz Inácio Lula da Silva ist der aktuelle Präsident Brasiliens und wurde im Jahr 2022 erneut ins Amt gewählt, nachdem er das Land bereits von 2003 bis 2011 regiert hatte. Lula ist Mitbegründer der Arbeiterpartei und gilt als Symbolfigur des linken politischen Spektrums in Lateinamerika. Offizielle Website: Planalto
Wer ist Wladimir Putin?
Wladimir Putin ist seit 1999 Präsident der Russischen Föderation, mit einer kurzen Unterbrechung als Premierminister. Er ist für seine autoritäre Politik und seine Rolle im Ukraine-Konflikt bekannt. Gegen ihn besteht seit 2023 ein Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs.
Was ist die Brics-Gruppe?
Die Brics-Gruppe ist ein internationales Forum, das ursprünglich aus fünf großen Schwellenländern bestand: Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika. Ziel der Gruppe ist es, die Zusammenarbeit in Wirtschaft und Politik zu stärken. Offizielle Website: BRICS
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Foto: Evaristo Sa / AFP