Nach einem verheerenden Anschlag in der Nähe der türkischen Hauptstadt Ankara hat die Türkei militärische Vergeltung geübt. Laut Angaben des türkischen Verteidigungsministeriums wurden in Syrien und im Irak Luftangriffe auf Stellungen der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und ihrer Verbündeten durchgeführt. „Es sei eine Luftoperation gegen terroristische Ziele im Nordirak und Syrien durchgeführt worden,“ hieß es in der Erklärung des Ministeriums am Mittwoch. Der Angriff folgte kurz nach der Äußerung des türkischen Innenministers Ali Yerlikaya, der die PKK für den Anschlag verantwortlich gemacht hatte.
Der Anschlag ereignete sich vor dem Hauptquartier der türkischen Verteidigungsindustrie in Kahramankazan, etwa 40 Kilometer von Ankara entfernt. Fünf Menschen verloren dabei ihr Leben, 22 weitere wurden verletzt, darunter sieben Polizisten. Die Hintergründe der Tat sind weiterhin Gegenstand von Ermittlungen, doch nach Angaben Yerlikayas gibt es „eine sehr wahrscheinliche Verbindung zur PKK“.
In den frühen Morgenstunden am Mittwoch teilte das türkische Verteidigungsministerium mit, dass die Angriffe auf die PKK-Stellungen als Reaktion auf den Anschlag und im Rahmen des Selbstverteidigungsrechts der Türkei erfolgt seien. „Insgesamt 32 Ziele der Terroristen wurden erfolgreich zerstört,“ verkündete das Ministerium und betonte, dass die Operationen fortgesetzt würden.
Türkische Behörden gaben an, dass der Anschlag von einem Mann und einer Frau verübt worden sei, beide Angreifer seien bei der Tat getötet worden. „Die Art und Weise der Ausführung spricht für eine Verbindung zur PKK,“ betonte Innenminister Yerlikaya. Während sich bisher niemand zu dem Attentat bekannte, deuten Berichte darauf hin, dass es sich um einen Selbstmordanschlag gehandelt haben könnte.
Präsident Recep Tayyip Erdogan reagierte auf den Anschlag mit scharfen Worten: „Keine Struktur, keine terroristische Organisation (...), die auf unsere Sicherheit abzielt, wird ihre Ziele erreichen,“ schrieb er auf der Plattform X (ehemals Twitter). „Unser Kampf gegen jegliche terroristische Bedrohung wird entschieden fortgesetzt.“ Auch Verteidigungsminister Yasar Güler sprach von einem gezielten Angriff auf den Frieden der Nation und kündigte weitere Vergeltungsmaßnahmen an. „Wir werden diesen Schurken der PKK immer die Strafe zukommen lassen, die sie verdienen,“ so Güler.
Die PKK, die seit 1984 gegen den türkischen Staat kämpft, wird von Ankara und seinen westlichen Verbündeten als Terrororganisation eingestuft. Auch der inhaftierte pro-kurdische Politiker Selahattin Demirtas verurteilte den Anschlag und betonte, dass diese Art von Gewalt die Suche nach einer friedlichen Lösung im Kurdenkonflikt erschwere.
Internationale Solidarität ließ nicht lange auf sich warten. „Wir verurteilen Terrorismus in jeder Form aufs Schärfste,“ erklärte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz äußerte sich betroffen und sicherte der Türkei die Unterstützung Deutschlands zu: „Wir stehen an der Seite unseres Partners Türkei.“ Die US-Regierung zeigte sich ebenfalls entsetzt, auch wenn Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates John Kirby betonte, dass das Motiv des Anschlags noch nicht vollständig geklärt sei.
OZD / ©AFP
OZD-Kommentar:
Ein Teufelskreis der Gewalt?
Die Anschläge und die darauffolgenden Luftschläge verdeutlichen einmal mehr den tief verwurzelten Konflikt zwischen der Türkei und der PKK. Der Teufelskreis der Gewalt scheint unaufhaltsam weiterzugehen, während politische Lösungen in weite Ferne rücken. Auf der einen Seite die türkische Regierung, die fest entschlossen ist, ihre militärischen Operationen gegen die PKK fortzusetzen, auf der anderen Seite die kurdischen Gruppen, die seit Jahrzehnten um Autonomie kämpfen. Die internationale Solidarität mit der Türkei mag die Regierung bestärken, doch die Frage bleibt, ob militärische Gewalt allein langfristig Sicherheit bringen kann. Der Kurdenkonflikt bleibt ein Minenfeld, das noch viele unschuldige Opfer fordern könnte.
OZD-Prognose:
In den kommenden Wochen ist mit weiteren militärischen Operationen der Türkei gegen die PKK in Syrien und im Irak zu rechnen. Gleichzeitig dürfte der internationale Druck auf Ankara wachsen, sich verstärkt um eine politische Lösung zu bemühen. Der Konflikt könnte sich jedoch weiter zuspitzen, insbesondere wenn es zu erneuten Anschlägen kommt.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist Recep Tayyip Erdogan?
Recep Tayyip Erdogan ist der Präsident der Türkei und eine der dominierenden politischen Figuren des Landes seit den frühen 2000er Jahren. Er ist bekannt für seinen autoritären Regierungsstil und seine harte Haltung gegenüber der PKK und anderen kurdischen Bewegungen. Offizielle Website: www.tccb.gov.tr.
Was ist die PKK?
Die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) ist eine kurdische politische und militante Organisation, die seit 1984 gegen den türkischen Staat kämpft. Sie wird von der Türkei, den USA und der EU als Terrororganisation eingestuft. Ihr Ziel ist die Schaffung eines autonomen kurdischen Staates. Wikipedia-Seite: https://de.wikipedia.org/wiki/Arbeiterpartei_Kurdistans.
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Foto: Adem Altan / AFP