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Grundsteuer-Chaos: Millionen Bescheide verzögern sich bis 2024

In den meisten deutschen Großstädten werden die Bescheide erst 2024 verschickt. Experten warnen vor unerwartet hohen Kosten für Grundstückseigentümer. Was Sie jetzt wissen müssen.

Die Bescheide über die neue Grundsteuerlast werden laut einer Umfrage des Portals Finanztip in den meisten deutschen Großstädten erst Anfang des kommenden Jahres verschickt. Wie Finanztip am Donnerstag mitteilte, planen 22 der 25 größten Städte definitiv mit einem Versand im Jahr 2024. Augsburg konnte keinen genauen Zeitpunkt nennen, während Frankfurt am Main keine Auskunft gab. Nur Berlin hat bereits damit begonnen, die Bescheide zu verschicken.

Die Hauptstadt plant laut Finanztip, den Versand der Bescheide noch vor Jahresende abzuschließen. Die meisten anderen Städte haben jedoch angegeben, dass sie den Versand erst im Januar 2024 beginnen wollen – viele davon erst gegen Ende des Monats. Hamburg nannte sogar März als geplanten Zeitpunkt. Trotz dieser Verzögerungen wird für die meisten Grundstücksbesitzer in Deutschland die erste Zahlung der neuen Grundsteuer bereits am 15. Februar fällig.

„Die Reform ist ein absolutes Grundsteuer-Chaos,“ kritisierte Finanztip-Steuerexperte Jörg Leine. „Das zeigte sich schon, als vor zwei Jahren mit sehr kurzer Frist Grundsteuererklärungen für 36 Millionen Grundstücke abgegeben werden mussten.“ Laut Leine haben millionenfache Einsprüche die Folge dieser hektischen Einführung gewesen.

Der späte Versand der Bescheide für die komplett neue Grundsteuer sei „ein Armutszeugnis für die politischen Verantwortlichen,“ so Leine weiter. Für viele Grundstückseigentümer könnte es teuer werden, da die Bescheide möglicherweise nur wenige Wochen vor der Fälligkeit der Zahlungen eintreffen. „Wir reden hier von ungeplanten Kosten, die sich durchaus im vierstelligen Bereich bewegen können,“ warnte der Experte. Zwar werde es auch Eigentümer geben, die durch die Reform weniger zahlen müssen, doch andere könnten mit erheblichen zusätzlichen Kosten konfrontiert werden.

Die tatsächliche Höhe der Grundsteuer hängt vom Hebesatz ab, den jede Kommune individuell festlegt. Die Einnahmen aus der Grundsteuer fließen direkt in die kommunalen Kassen.

OZD / ©AFP

OZD-Kommentar:
Ein Reformprojekt am Rande des Scheiterns?
Die Grundsteuerreform zeigt einmal mehr die Probleme großer Reformprojekte in Deutschland. Die schleppende Einführung und die schlechte Kommunikation mit den betroffenen Eigentümern werfen ein schlechtes Licht auf die politische Planung und Umsetzung. Für viele Menschen wird die neue Grundsteuer zu einer unangenehmen Überraschung, da ihnen nur wenig Zeit bleibt, um die möglicherweise hohen Beträge zu begleichen. Hier hätten klare Informationen und rechtzeitige Bescheide viel Unmut verhindern können. Die Reform, die ursprünglich dazu gedacht war, mehr Gerechtigkeit zu schaffen, droht stattdessen, neue Ungerechtigkeiten und Chaos zu stiften.

OZD-Prognose:
Es ist zu erwarten, dass der Versand der Bescheide in vielen Städten weiterhin schleppend verläuft. Zudem werden wohl zahlreiche Eigentümer Einspruch gegen die neue Grundsteuer erheben, was die zuständigen Behörden zusätzlich belasten wird. Die finanzielle Belastung für viele Grundstücksbesitzer könnte in den kommenden Monaten zu Unmut führen und politischen Druck auf die Verantwortlichen ausüben.

Biographien und Erklärungen:
Wer ist Jörg Leine?
Jörg Leine ist Steuerexperte beim Portal Finanztip. Er hat sich auf Steuerfragen rund um Immobilien und Eigentum spezialisiert und kritisiert regelmäßig die mangelhafte Kommunikation von Steuerreformen und deren Auswirkungen auf die Bevölkerung.

Offizielle Webseite: Finanztip

Was ist die Grundsteuer?
Die Grundsteuer ist eine Steuer auf Grundstücke und deren Bebauung in Deutschland. Sie wird von den Kommunen erhoben und bildet eine wichtige Einnahmequelle für deren Haushalte. Die Reform der Grundsteuer wurde notwendig, nachdem das Bundesverfassungsgericht die bisherige Berechnungsgrundlage als verfassungswidrig eingestuft hatte.

Offizielle Webseite: Bundesministerium der Finanzen - Grundsteuerreform

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Foto:  Ina Fassbender / AFP