Die Ministerpräsidenten der Bundesländer haben von der Ampel-Regierung weiterführende Maßnahmen zur Steuerung der Migration gefordert. Ein zentraler Punkt des Beschlusses, der am Freitag auf der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) in Leipzig gefasst wurde, ist die Begrenzung des Familiennachzugs, der künftig nur noch in Härtefällen möglich sein soll.
Die Länder drängten die Bundesregierung zudem, konkrete Modelle zur Durchführung von Asylverfahren in Transit- und Drittstaaten zu entwickeln. Diese Vorschläge sollen bei der nächsten MPK im Dezember vorgestellt werden. Im Juni hatten die Länder bereits einen entsprechenden Beschluss gemeinsam mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gefasst.
Ein weiterer entscheidender Punkt ist die Überstellung von Asylbewerbern. Zukünftig soll die Verantwortung für diese Überstellungen zentral beim Bund liegen und nicht mehr bei den Landesausländerbehörden. Dies betrifft Asylbewerber, deren Verfahren laut der Dublin-III-Verordnung in anderen europäischen Ländern zu bearbeiten sind. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) oder eine andere Bundesbehörde soll diese Überstellungen organisieren und durchführen. Dazu ist die Errichtung von Bundesausreisezentren geplant.
Zusätzlich bekräftigten die Länder ihre Forderung nach einer flächendeckenden Einführung der Bezahlkarte für Asylbewerber. Die Ministerpräsidenten verständigten sich auch auf eine Fortsetzung der Binnengrenzkontrollen und forderten weitere Abschiebungen, insbesondere von Straftätern und Gefährdern nach Afghanistan und Syrien. Die Rückführungen in die Türkei, ein Hauptursprungland irregulärer Migration, sollen ebenfalls ausgeweitet werden.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), der derzeit den Vorsitz der MPK innehat, bezeichnete die vorgeschlagenen Maßnahmen als "gut". Er betonte die Notwendigkeit, "bei der Migration zu Ordnung und Steuerung zu kommen". Dabei gebe es jedoch unterschiedliche Erwartungen in vielen Punkten.
Die Regierungschefs der unionsgeführten Länder hatten vorab deutlich härtere Maßnahmen zur Reduzierung der Migration gefordert, darunter Zurückweisungen an den deutschen Grenzen. Die Union konnte sich allerdings nicht mit Forderungen nach einer Obergrenze für die jährliche Zuwanderung durchsetzen.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) fordert weiterhin eine "klare Wende in der Migrationspolitik", zu der auch Zurückweisungen an der Grenze gehören sollen. "Die Migration wächst uns über den Kopf", betonte er und forderte eine grundlegende Änderung des bestehenden Systems.
Hessens Regierungschef Boris Rhein ergänzte, dass die Zahl der irregulären Einreisen nach Deutschland nach wie vor zu hoch sei. "Deshalb müssen die Zahlen runter", so Rhein.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) äußerte in Leipzig Bedenken und sprach von einem Versuch, in Wahlkampfzeiten "weiter zu polarisieren". Er wies auf den europäischen und rechtlichen Rahmen hin, der beispielsweise keine Zurückweisungen erlaube.
OZD / AFP
OZD-Kommentar
Migration: Ein Balanceakt zwischen Verantwortung und Kontrolle
Die jüngsten Forderungen der Ministerpräsidenten zeigen, wie angespannt die Lage in der Migrationspolitik ist. Während einige Länder auf drastische Maßnahmen drängen, warnen andere vor den rechtlichen Rahmenbedingungen. Diese unterschiedlichen Ansichten könnten in den kommenden Wochen zu einer tiefen politischen Spaltung führen, während die Ampel-Regierung versuchen muss, einen gemeinsamen Nenner zu finden.
Prognose: In den nächsten Wochen könnte die Debatte um die Migrationspolitik weiter an Intensität gewinnen, insbesondere mit Blick auf die kommenden Wahlen und die anstehende Ministerpräsidentenkonferenz im Dezember. Es bleibt abzuwarten, wie die Bundesregierung auf die Forderungen reagieren wird.
Biographien und Erklärungen
Wer ist Olaf Scholz?
Olaf Scholz ist ein deutscher Politiker der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) und seit Dezember 2021 Bundeskanzler. Zuvor war er Vizekanzler und Minister für Finanzen in der Großen Koalition.
Wer ist Markus Söder?
Markus Söder ist Ministerpräsident von Bayern und Vorsitzender der Christlich-Sozialen Union (CSU). Er ist bekannt für seine klaren Positionen in der Migrationspolitik und tritt oft für eine restriktivere Vorgehensweise ein.
Wer ist Michael Kretschmer?
Michael Kretschmer ist Ministerpräsident von Sachsen und Mitglied der Christlich Demokratischen Union (CDU). Er hat sich intensiv mit Fragen der Migration und Integration auseinandergesetzt.
Wer ist Boris Rhein?
Boris Rhein ist Ministerpräsident von Hessen und Mitglied der CDU. Er hat sich für eine Verbesserung der Migrationskontrolle ausgesprochen.
Wer ist Stephan Weil?
Stephan Weil ist Ministerpräsident von Niedersachsen und Mitglied der SPD. Er setzt sich für eine ausgewogene Migrationspolitik ein.
Was ist die MPK?
Die Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) ist ein regelmäßiges Treffen der Regierungschefs der Bundesländer in Deutschland, um wichtige politische Themen zu besprechen und gemeinsame Positionen zu finden.
Foto: Ronny Hartmann / AFP