Der Kinderkanal Kika bleibt bestehen, doch das Budget für Sportrechte wird deutlich eingeschränkt: Die Ministerpräsidenten der Bundesländer haben am Freitag in Leipzig eine umfassende Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verabschiedet, die eine erhebliche Reduzierung des Programmangebots zur Folge hat. Eine Einigung über die zum Januar geplante Erhöhung des Rundfunkbeitrags blieb jedoch aus.
Alexander Schweitzer, Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz (SPD), bezeichnete den einstimmigen Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz als einen Schritt in die Zukunft. Der neue Staatsvertrag solle die Sender ARD, ZDF und Deutschlandfunk "zukunftsfester, digitaler, effizienter, interaktiver" machen. Zukünftig solle es bei den öffentlich-rechtlichen Programmen "mehr Klasse statt Masse" geben.
Ein wesentlicher Punkt der Reform ist die Reduktion der öffentlich-rechtlichen Hörfunkstationen in Deutschland von 70 auf 53. Zudem sollen die Spartenfernsehsender zusammengelegt werden. Im Bereich Information, Bildung und Dokumentation sind künftig zwei Angebote geplant, während es im Bereich Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene drei Angebote geben soll. Die Entscheidung über die Zusammenlegung der Sender obliegt den Intendanten.
Kika bleibt jedoch auf ausdrücklichen Wunsch der Ministerpräsidenten erhalten. Für das Kulturprogramm 3Sat könnte eine Integration in eine zukünftige europäische Kulturplattform in Erwägung gezogen werden, die von Arte entwickelt werden soll. Ein konkreter Zeitrahmen für diese Weiterentwicklung wurde jedoch nicht genannt.
Besonders drastische Einschnitte wurden bei den Ausgaben der öffentlich-rechtlichen Sender für Sportrechte beschlossen. ARD und ZDF dürfen künftig maximal fünf Prozent ihres Budgets für Olympische Spiele, Fußballübertragungen und andere Sportrechte aufwenden. Der Anteil lag zuvor bei etwa acht Prozent für die ARD und zehn Prozent für das ZDF. Diese Maßnahme könnte zwar Haushalte entlasten, könnte jedoch auch zu einem Rückgang des Sportangebots führen.
Die umstrittenste Frage blieb die Erhöhung des Rundfunkbeitrags. Laut Anke Rehlinger, der Ministerpräsidentin des Saarlandes (SPD), blockierten die unionsgeführten Länder die von der Gebührenkommission KEF vorgeschlagene Erhöhung um 58 Cent auf 18,94 Euro pro Monat. Diese Frage bleibt jedoch offen; im Dezember sollen weitere Beratungen stattfinden.
Schweitzer kündigte an, dass ein Systemwechsel im Finanzierungsmodell der Rundfunkbeiträge geplant sei. Ein neuer Mechanismus soll bestimmen, wann und ob der Rundfunkbeitrag erhöht wird. Derzeit müssen die Landtage aller 16 Bundesländer einer Erhöhung zustimmen, was in den letzten Runden zunehmend kompliziert war.
Zudem sollen die öffentlich-rechtlichen Sender digitale Angebote nicht nur auf einer gemeinsamen Plattform bereitstellen, sondern auch mit privaten Medien enger kooperieren können. Ziel ist es, die deutschen Angebote wettbewerbsfähiger gegenüber Streamingdiensten aus den USA und China zu machen. Private Plattformen wie Joyn oder RTLplus könnten somit auch öffentlich-rechtliche Medienangebote ausstrahlen.
Im Hinblick auf die rechtlichen Auseinandersetzungen mit Zeitungsverlegern beschlossen die Ministerpräsidenten Änderungen bei der Presseähnlichkeit. Eine Positivliste soll festlegen, welche Online-Angebote die Sender künftig bereitstellen dürfen, einschließlich der Echtzeitberichterstattung. Es gab Bedenken, dass ARD und ZDF hier Abstriche machen müssten.
Der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger sowie der Medienverband der freien Presse begrüßten die Entscheidung der Bundesländer, die Textangebote der Rundfunkanstalten zu begrenzen. Sie wiesen darauf hin, dass diese Angebote den Markt der freien Presse stören und somit die Pressevielfalt und die Demokratie in Deutschland beeinträchtigen könnten. Die Auswirkungen der Beschlüsse aus Leipzig werden nun genau beobachtet.
OZP / AFP
OZD-Kommentar
Rundfunkreform: Ein notwendiger Schritt oder ein Risiko für Vielfalt?
Die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks könnte langfristig notwendig sein, um sich den Herausforderungen der digitalen Medienlandschaft zu stellen. Doch die drastischen Einschnitte, besonders im Sportbereich, werfen Fragen zur Programmvielfalt auf. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Maßnahmen auf das Medienangebot auswirken und ob die geplanten Kooperationen mit privaten Anbietern tatsächlich die Konkurrenzfähigkeit erhöhen werden.
Prognose: In den kommenden Wochen wird die Diskussion um die Rundfunkbeitragserhöhung weitergehen. Die Reaktionen der Öffentlichkeit und der Medienlandschaft auf die beschlossenen Einschnitte werden entscheidend dafür sein, wie die Reform langfristig wahrgenommen wird.
Biographien und Erklärungen
Wer ist Alexander Schweitzer?
Alexander Schweitzer ist Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und Mitglied der SPD. Er setzt sich für eine moderne und zukunftsfähige Medienpolitik ein.
Was ist die KEF?
Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) ist ein unabhängiges Gremium, das die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland prüft und Empfehlungen für die Rundfunkbeiträge abgibt.
Was ist Kika?
Der Kinderkanal (Kika) ist ein deutscher Fernsehsender, der sich auf Kinder- und Jugendprogramme spezialisiert hat und als Gemeinschaftsprojekt von ARD und ZDF betrieben wird.
Foto: Ronny Hartmann / AFP