Im Kampf gegen die steigenden Preise hat die russische Zentralbank den Leitzins erneut angehoben, und zwar von 19 auf 21 Prozent. Diese Erhöhung markiert den höchsten Zinssatz seit 2003. Die Notenbank begründete die Maßnahme mit der Notwendigkeit einer restriktiveren Geldpolitik, um die Inflation auf das angestrebte Ziel von 4,0 Prozent zurückzuführen und die Inflationserwartungen zu dämpfen.
Laut offiziellen Angaben stiegen die Verbraucherpreise im September im Vergleich zum Vorjahresmonat um 8,6 Prozent. Die Zentralbank verwies darauf, dass der anhaltende Preisanstieg vor allem auf die explodierenden Militärausgaben zurückzuführen ist. „Zusätzliche staatliche Ausgaben und die damit verbundene Ausweitung des Haushaltsdefizits im Jahr 2024 haben inflationsfördernde Wirkung“, erklärte die Notenbank. Sollte die Inflationsrate nicht sinken, behält sie sich vor, den Leitzins weiter zu erhöhen.
Erst am Donnerstag beschloss das russische Parlament in erster Lesung eine Anhebung der Verteidigungsausgaben um fast 30 Prozent im kommenden Jahr. Weitere Lesungen gelten als Formsache. In den letzten Jahren hatte Russland seine Militärausgaben auf das höchste Niveau seit dem Ende der Sowjetunion angehoben, um die Produktion von Raketen, Marschflugkörpern und Drohnen zu steigern und die Soldzahlungen an die im Kampf befindlichen Einheiten zu erhöhen. Allein im Jahr 2024 wurden die Ausgaben um 70 Prozent im Vergleich zum Vorjahr angehoben.
Seit 2022 treibt der russische Staat die Umstellung auf eine Kriegswirtschaft voran, unter anderem durch die schnelle Entwicklung neuer Rüstungsbetriebe, was zehntausende zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen hat. Diese hohen öffentlichen Ausgaben sorgen trotz der harten westlichen Sanktionen für ein robustes Wirtschaftswachstum, das der Internationale Währungsfonds für dieses Jahr auf 3,6 Prozent schätzt. Die Kehrseite sind jedoch steigende Löhne und Preise.
Analysten bezweifeln, dass Zinserhöhungen angesichts der hohen Staatsausgaben ein wirksames Mittel zur Inflationsbekämpfung darstellen. Die Idee einer restriktiven Geldpolitik zur Bekämpfung der Inflation besteht darin, dass die Wirtschaft abkühlt und die Nachfrage sinkt. Allerdings reagiert der Staat deutlich weniger empfindlich auf höhere Kreditkosten als die Privatwirtschaft.
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OZD-Kommentar
Zinserhöhung als kurzfristige Lösung?
Die Entscheidung der russischen Zentralbank, den Leitzins auf 21 Prozent zu erhöhen, scheint eine reaktive Maßnahme im Angesicht der Inflation zu sein. Doch während diese Strategie kurzfristig die Inflation dämpfen könnte, bleibt fraglich, ob sie langfristig wirksam ist. Die hohen Militärausgaben und die daraus resultierenden staatlichen Verpflichtungen stehen dem entgegen und könnten die gewünschte Wirkung zunichte machen.
Prognose: In den kommenden Wochen könnten weitere Zinserhöhungen anstehen, sofern die Inflation nicht sinkt. Gleichzeitig könnte die wachsende Belastung durch die Staatsausgaben die wirtschaftliche Stabilität gefährden und zu sozialer Unruhe führen.
Biographien und Erklärungen
Wer ist die russische Zentralbank?
Die Zentralbank der Russischen Föderation ist die Hauptwährungsbehörde des Landes und verantwortlich für die Geldpolitik, die Aufsicht über den Bankensektor und die Stabilität des Rubels.
Was sind die Auswirkungen von Militärausgaben auf die Wirtschaft?
Militärausgaben können kurzfristig das Wirtschaftswachstum ankurbeln, führen jedoch oft zu höheren Staatsdefiziten und Inflation, was langfristig negative Folgen für die Stabilität der Wirtschaft haben kann.
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