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Entscheidung in Georgien: Pro-Europa oder Russland-Kurs?

Georgien steht am Scheideweg: Die heutige Parlamentswahl entscheidet über eine pro-westliche oder russlandfreundliche Zukunft. Drohen Unruhen nach der Wahl?

In Georgien haben die Wähler*innen am Samstag die Chance, über die Zukunft ihres Landes zu entscheiden. Die Parlamentswahl, die bis 20:00 Uhr (Ortszeit) andauert, steht im Zeichen eines starken Richtungsstreits. Während die Regierungspartei "Georgischer Traum" Russland nahesteht, setzt ein Oppositionsbündnis auf einen Kurs Richtung Westen. Umfragen zeigen eine wachsende Unterstützung für die Opposition, was einen historischen Machtwechsel andeuten könnte.

Die pro-westliche Präsidentin Salome Surabischwili, die im Konflikt mit der Regierung steht, brachte ihre Hoffnung auf den Sieg der westlich orientierten Kräfte zum Ausdruck. Nach ihrer Stimmabgabe sagte sie: "Ganz Georgien wird heute Abend siegen." Außerdem betonte sie: „Ich bin zuversichtlich, dass dieser Tag die Zukunft Georgiens bestimmen wird, die Zukunft, für die ich persönlich vor 22 Jahren in dieses Land zurückgekehrt bin.“ Surabischwili wurde in Paris geboren, wohin ihre Familie 1921 nach der Annexion Georgiens durch Russland emigrierte.

Im Zentrum von Tiflis, der Hauptstadt des Landes, äußerte auch der Musiker Giorgi Kipschidse seine Hoffnung auf einen politischen Wandel: "Ich habe für die Opposition gestimmt, und ich bin sicher, dass sie heute gewinnen werden."Seiner Meinung nach hätten die meisten Georgier erkannt, dass die derzeitige Regierung das Land „zurück in den russischen Sumpf und weg von Europa“ führe.

Gela Vasadse vom georgischen Zentrum für strategische Analyse warnte vor möglichen Unruhen: „Wenn die Regierungspartei ungeachtet des Wahlergebnisses versucht, an der Macht zu bleiben, besteht die Gefahr von Unruhen nach der Wahl.“ Die Partei "Georgischer Traum" strebt eine absolute Mehrheit an, um eine Verfassungsänderung zu erwirken, die die pro-westliche Opposition verbieten könnte. Hinter der Regierungspartei steht Bidsina Iwanischwili, ein einflussreicher Milliardär, der nicht selbst kandidiert, jedoch die politische Ausrichtung maßgeblich prägt. Kritiker bemängeln, dass seine Aussagen zunehmend dem Kreml ähneln. So verbreitete Iwanischwili im Wahlkampf die Verschwörungstheorie einer „globalen Kriegspartei“, die Georgien in den Ukraine-Konflikt hineinziehen wolle.

Für internationale Besorgnis sorgte in diesem Jahr ein Gesetz gegen vermeintliche "ausländische Einflussnahme", das Massenproteste auslöste und Ähnlichkeit mit dem russischen Gesetz zu „ausländischen Agenten“ aufweist. Daraufhin stoppte die EU den Beitrittsprozess Georgiens, während die USA Sanktionen verhängten. Auch ein neues Gesetz, das die Rechte der LGBTQ-Minderheit einschränkt, belastete die Beziehungen zu westlichen Staaten weiter.

OZD / ©AFP

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OZD-Kommentar:

Georgien am Scheideweg: Richtungsentscheidung mit weitreichenden Folgen

Die Parlamentswahl in Georgien ist mehr als eine innenpolitische Entscheidung – sie stellt die geopolitische Orientierung des Landes in Frage. Ein Sieg der Regierungspartei könnte das Land noch enger an Russland binden und den demokratischen Reformkurs gefährden. Die pro-westliche Opposition hingegen verspricht eine Annäherung an Europa und würde möglicherweise auch die EU-Beitrittsverhandlungen wiederbeleben. Doch ein Machtwechsel könnte Spannungen im Land verstärken und Proteste auslösen, vor allem wenn der "Georgische Traum" mit Mitteln wie Verfassungsänderungen versucht, oppositionelle Kräfte auszuschalten.

OZD-Prognose:

Sollte die Opposition gewinnen, ist mit einem intensiveren Annäherungsversuch an Europa zu rechnen, jedoch könnten auch Unruhen oder gar politische Blockaden drohen, wenn die Regierungspartei das Wahlergebnis nicht akzeptiert. In den kommenden Wochen wird die Stabilität des Landes maßgeblich davon abhängen, wie die politischen Akteure das Ergebnis und mögliche Forderungen nach Veränderung aufnehmen.

Biographien und Erklärungen:

Wer ist Salome Surabischwili? Salome Surabischwili ist seit 2018 Präsidentin von Georgien und tritt entschieden für eine pro-westliche Ausrichtung des Landes ein. Geboren in Paris als Tochter georgischer Exilanten, kehrte sie vor mehr als zwei Jahrzehnten nach Georgien zurück, um sich politisch zu engagieren. Ihre offizielle Website ist president.ge.

Was ist der "Georgische Traum"? Die Partei „Georgischer Traum“ regiert Georgien seit 2012 und wurde von Bidsina Iwanischwili, einem der reichsten Männer des Landes, gegründet. Ursprünglich pro-westlich, hat sich die Partei zuletzt vermehrt an Russland orientiert. Mehr Informationen finden Sie auf der Wikipedia-Seite der Partei.

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Foto: Vano SHLAMOV / AFP