Auch ein verändertes Verhalten der Arbeitnehmer spielt eine Rolle.
Die hohen Krankenstände in Deutschland sind laut einer aktuellen Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) "wesentlich" auf die verbesserte statistische Erfassung von Krankheitstagen zurückzuführen. Besonders die Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im Jahr 2022 wird als entscheidender Faktor für den Anstieg der krankheitsbedingten Fehlzeiten genannt, berichtet die "Welt am Sonntag". Zudem tragen starke Erkältungswellen zu den hohen Zahlen bei.
Ein bewussterer Umgang mit Atemwegserkrankungen hat ebenfalls Einfluss auf die Fehlzeiten. ZEW-Forscher Nicolas Ziebarth erklärte, dass "seit der Corona-Pandemie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer seltener mit Erkältungen zur Arbeit gehen".
Um die Fehlzeiten zu reduzieren, schlägt Ziebarth "gezieltere Präventionsmaßnahmen" vor. Auch Modelle wie Halbtagskrankschreibungen und eine Absenkung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall könnten helfen, die Fehlzeiten zu verringern.
Die Techniker Krankenkasse (TK) meldet für die ersten neun Monate dieses Jahres einen Rekord bei den Krankschreibungen ihrer 5,7 Millionen Versicherten. Jeder Erwerbstätige war in diesem Zeitraum durchschnittlich 14,13 Tage krankgeschrieben, im Vergleich zu 13,82 Tagen im Vorjahr. Vor der Corona-Pandemie lagen die Fehlzeiten deutlich niedriger, 2019 beispielsweise bei 11,40 Tagen.
Die Hauptursachen für die Krankschreibungen sind Erkältungsdiagnosen. Psychische Erkrankungen rangieren an zweiter Stelle, gefolgt von Krankheiten des Muskelskelettsystems, wie Rückenschmerzen. Auch die DAK berichtet von einem Rekordniveau des Krankenstands im Sommer, wobei die Ursachen hier vor allem in Muskelskelett-Erkrankungen, psychischen Diagnosen und Atemwegserkrankungen liegen.
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OZD-Kommentar:
Krankheitstage und ihre Ursachen: Ein Blick auf die Realität
Die Analyse der hohen Krankenstände zeigt, wie wichtig es ist, das Bewusstsein für Gesundheit am Arbeitsplatz zu schärfen. Die Veränderung im Verhalten der Arbeitnehmer, Krankheiten weniger leichtfertig zu behandeln, ist ein positiver Trend. Doch gleichzeitig müssen wir uns fragen, ob die Arbeitsbedingungen ausreichend Unterstützung bieten, um den Druck auf die Arbeitnehmer zu verringern.
In den kommenden Wochen wird erwartet, dass die Diskussion über geeignete Präventionsmaßnahmen an Fahrt aufnimmt, insbesondere im Hinblick auf die psychische Gesundheit und ergonomische Arbeitsbedingungen.
Wer ist Nicolas Ziebarth?
Nicolas Ziebarth ist Forscher am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) und beschäftigt sich mit gesundheitspolitischen Themen und deren ökonomischen Auswirkungen.
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Was ist das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW)?
Das ZEW ist eine unabhängige Forschungseinrichtung in Deutschland, die wirtschaftswissenschaftliche Analysen und Beratung anbietet, insbesondere in den Bereichen Markt- und Wettbewerbsforschung.
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Was ist die Techniker Krankenkasse (TK)?
Die Techniker Krankenkasse ist eine der größten gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland, die eine breite Palette an Gesundheitsleistungen für ihre Mitglieder anbietet.
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Was ist die DAK-Gesundheit?
Die DAK-Gesundheit ist eine der großen gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland und bietet umfassende medizinische Versorgung und Präventionsangebote an.
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